Hamburg. Erste Großkontrolle der neuen Taskforce. Beamte finden brandgefährliche Zimmervermietung. Polizei-Gewerkschaft reicht das nicht.
Fast fünf Wochen nach dem verheerenden Großfeuer in der Billstraße in Hamburg-Rothenburgsort hat die neu gegründete Taskforce am Freitag erstmals zugeschlagen. In einer großangelegten Durchsuchungsaktion durchkämmten 62 Mitarbeiter von Bezirksamt, Zoll, Steuerfahndung, Polizei, Feuerwehr und Umweltbehörde insgesamt neun Gewerbebetriebe auf zwei Grundstücken in unmittelbarer Nähe des Geländes, auf dem der Brand am 9. April ausgebrochen war.
Und sie wurden mehr als fündig, wie die Sprecherin des Bezirksamts Mitte, Sorina Weiland dem Abendblatt sagte. Hinter großen Reifenstapeln verborgen entdeckten die Beamten eine illegale Unterkunft für etwa 30 Arbeiter aus Osteuropa. Die Männer hausten dort unter primitiven Umständen, jeglicher Fluchtweg im Fall eines Feuers war durch die Reifenstapel komplett verstellt. „Die Lage dort war im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich“, so Weiland. Vor Ort wurde eine mündliche sofortige Untersagung der Nutzung ausgesprochen und die Räumlichkeiten versiegelt.
Eine weitere Beherbergungseinrichtung, die nur geringfügige Mängel aufwies, wurde mit einer Fristsetzung ebenfalls untersagt. Die entsprechenden Verfahren gegen die Eigentümer wurden eingeleitet.
Nach Großfeuer: Illegale Unterkunft in Billstraße entdeckt
Die Männer, die überwiegend auf Baustellen in Hamburg arbeiten, wurden sofort aus der Unterkunft herausgeholt und in anderen Einrichtungen untergebracht. Ein Teil machte sich laut Weiland auch auf den Rückweg in ihr Heimatland.
In einem zweiten Gebäudekomplex wurden auch diverse Exportfirmen für Elektrogeräte und Autohändler kontrolliert. Hier stapelten sich teilweise unter chaotischen Bedingungen Geräte und Ersatzteile.
Bei den gemeinsamen Kontrollen in mehreren Betrieben eine unsachgemäße Lagerung von Gefahrstoffen festgestellt, eine entsprechende Anordnung wurde bereits ausgesprochen. Ebenfalls wurden zwei Gabelstapler durch die Mitarbeitenden des Amtes für Arbeitsschutzes aus dem Verkehr gezogen.
Darüber hinaus wurden Verstöße gegen die Vorschriften der Kassenführung durch die Steuerfahndung bekannt. Hinsichtlich der ansässigen Gewerbebetriebe entdeckten die Beamten auch ein unerlaubter Einzelhandelsbetrieb. Zudem wurde bei einem abgestellten Elektrogerät Verstöße gegen die FCKW-Verordnung festgestellt. Hierzu wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
Polizei Hamburg: Gewerkschaft lobt Einsatz und hat aber weitere Forderungen
Die Gewerkschaft der Polizei äußerte sich noch am Sonnabend zum ersten Einsatz der Taskforce. Vize Chef Lars Osburg sagte: „Endlich greifen die Behörden durch und sorgen für eine effektive Gefahrenabwehr in der Billstraße.“ Das Bezirksamt Hamburg-Mitte habe nach Auffassung der Gewerkschaft mit dem gemeinsamen Verbundeinsatz den richtigen Weg eingeschlagen und angefangen, den Rechtsstaat auch in der Billstraße umzusetzen.
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Es gehe darum, zunächst die unhaltbaren Zustände bei der Unterbringung von Arbeitern zu beenden. Was Osburg allerdings fürchtet: Die arbeitsintensiven Taskforce-Einsätze könnten schnell wieder beendet werden. Davor warnt er ausdrücklich. „Die Ergebnisse des Einsatzes zeigen, dass sich die Straftäter in der Billstraße nicht mal von der Ankündigung solcher Einsätze haben beeindruckenlassen und einfach weitergemacht haben“. Solche Areale müssten streng kontrolliert werden. „Es kann nicht sein, dass tonnenweise Schrott und alle möglichen Güter auf engstem Raum gelagert werden. Es darf nicht sein, dass dort scheinbar unbehelligt Menschen illegal wohnen“, so Osburg.
Nach Großfeuer: Taskforce soll Chaos in Billstraße ein Ende machen
Nach dem Großbrand mehrerer Hallen am 9. April in der Billstraße hatten Politik und Verwaltung die sogenannte Verbundkontrollen angekündigt, bei denen die Behörden für Umwelt, Inneres, Wirtschaft, Stadtentwicklung, Soziales und Justiz eingebunden sind. Ziel ist es, dem seit Jahren bekannten Chaos in dem Gewerbegebiet in Rothenburgsort Herr zu werden.
In der Billstraße haben sich zahlreiche, kleine Im-und Exportfirmen angesiedelt, deren Betreiber sich kaum um Umweltvorschriften oder den Brandschutz kümmern.