Hamburg. Polizisten mussten Raúl Semmler von der Fahrbahn fräsen – nicht zum ersten Mal. Was den früheren TV-Darsteller antreibt.

Er reiste extra aus Mannheim an, um sich mit anderen Aktivisten am Donnerstagmorgen auf die Köhlbrandbrücke in Hamburg zu „kleben“. Raúl Semmler ist so eine Art Berufsaktivist. Seinen Job als Schauspieler, Sänger und später Drehbuchautor hat er vor einem Jahr auf Eis gelegt.

 Seither engagiert er sich in der Gruppe Letzte Generation, gehört zu den strategischen Köpfen für den Süd-Westen, wie er sagt. Und wenn nötig, unterstützt er andere Gruppen bei Aktionen. So wie eben in Hamburg.

Letzte Generation: Klimaaktivist sieht das „große Bild“

Der Schauspieler, der im „Polizeiruf 110“, „Soko Leipzig“ oder der „Päpstin“ mitspielte, hat sich eine neue Bühne gesucht: „Ich kann nicht tatenlos mit ansehen, wie das Grundgesetz jeden Tag mit Füßen getreten wird“, erklärt er sein Handeln. Nur jetzt habe man noch die Chance, etwas zu tun, zu verhindern, dass spätere Generationen unter dem Klimawandel leiden würden. „Ich will meinen Neffen und Nichten später nicht sagen müssen, dass ich nichts getan habe, damals als es noch ging. Einfach weitergemacht habe ich mit dem Schauspielen oder Synchronsprechen.“

Letzte Generation: Warum sich der Schauspieler auf die Straße klebt

Warum man sich dafür aber auch die Straße kleben muss? „Ich sehe das große Bild“, erklärt es der 38-Jährige. Mit der Aktion habe man bewusst einen für Hamburg und den Hafen wichtigen Punkt treffen wollen, „die Störung ist hier besonders groß“. Im Vorwege hatte es Gespräche zwischen der Gruppe Letzte Generation und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher gegeben, die den Eindruck gemacht hatten, dass solche Aktionen vorerst ausbleiben. Dazu stellt er klar: „Wir haben nie gesagt, dass es keine weiteren Proteste geben werde.“

Um sie noch größer bzw. in die Länge zu ziehen, haben die Blockierer diesmal auch zu mehr als nur Klebstoff gegriffen. Wie berichtet, nutzten einige der Aktivisten ein Sandklebegemisch, um ihre Hand auf der Fahrbahn zu betonieren. Sie mussten aufwendig mit schwerem Gerät aus dem Asphalt gefräst werden, um die Fahrbahn wieder freizubekommen. Auch Semmler gehörte dazu.

Klimaaktivist verdient Geld mit Protestworkshops und Trainings

„Man geht dann mit einem Stück Straße an der Hand nach Hause“, erklärt er außerordentlich entspannt. Für ihn war das auch nichts Neues. „Ich bin jetzt schon zum vierten Mal so aus der Straße herausgelöst worden“, erklärt er. Später müsse er dann mit Öl und Wasser behutsam die Reste von der Hand lösen. Das brauche nur Zeit.

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Wie er sein Geld verdient und mögliche Strafen zahlt? „Ich werde für Trainings und Workshops bezahlt“, hält er sich bedeckt. Aktionen wie die auf der Köhlbrandbrücke mache er in seiner Freizeit, wie er betont. Allerdings handelt es sich bei den Trainings und Workshops um Veranstaltungen der Letzten Generation. Hier lernen Teilnehmer das wirksame Protestieren, das richtige Verhalten in einem Gerichtsprozess sowie Tipps und Tricks im Umgang mit wütenden Autofahrern.

Letzte Generation: Aktivist bekommt Hafenverbot – für zehn Tage

Wütende Autofahrer, genervte Polizisten, auch der wirtschaftliche Schaden für Betroffene und die Stadt? All das stellt Semmler dem großen Ganzen hintenan. Auch mögliche Strafen interessieren ihn nicht. „Ich bin bereit, mir auch einiges aufzubürden, wenn das etwas bewirkt“, sagt er. Nach der Aktion hat die Polizei seine Daten aufgenommen, er habe jetzt ein zehntägiges Betretungsverbot für den Hamburger Hafen. Weitere Aktionen schließt er nicht aus.

Laut Polizei-Pressesprecher Joscha Ahlers wurden bei der Aktion am Donnerstag die Daten von zehn Beteiligten aufgenommen, vier Frauen und sechs Männern im Alter zwischen 21 und 46 Jahren. Zwei stammen aus Hamburg. Zu möglichen Konsequenzen und Strafen konnte er am Freitag keine Auskunft geben.