Neuwerk. Schneeleoparden oder Thunfische retten muss er nicht, trotzdem gibt es für Thorsten Köster auch “ungemütliche“ Situationen.
Der Arbeitsplatz von Thorsten Köster ist mit 137 Quadratkilometern sehr groß, außerdem Wind, Regen und Hochwasser ausgesetzt – aber sein Job ist nicht annähernd so gefährlich wie der seiner Kollegen in Afrika, Asien und Osteuropa. Dort haben seit 2010 mehr als 1000 Nationalpark-Ranger ihr Bemühen, die Natur vor Wilderern zu schützen, mit dem Leben bezahlt. Um die Arbeit der Naturschützer zu würdigen, wurde 2007 der 31. Juli weltweit zum World Ranger Day erklärt.
Seit 2007 ist auch Thorsten Köster Nationalpark-Ranger: im Hamburgischen Wattenmeer. „Überall dort, wo Wilderer Jagd auf wertvolle Tiere machen, ist unser Job gefährlich“, sagt er. In Osteuropa wären das Schneeleoparden, im Mittelmeerraum Thunfische. Bei ihm auf Neuwerk ist das Arbeiten weniger gefährlich.
Köster erklärt das Leben im Wattenmeer
Obwohl – auch dort zeigen zuweilen Menschen ein ruppiges Verhalten. „Manche Hunde- und Pferdebesitzer werden ungemütlich, wenn man sie auffordert, ihre Hunde anzuleinen oder nicht auf dem Deich zu reiten.“ Habe er keinen Zeugen dabei, der im Zweifel bestätigen könne, dass er „nichts gemacht“ habe, sei er bei der Ansprache vorsichtig. „Zum Glück sieht man es vielen an, ob sie verständnisvoll reagieren oder nicht.“
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Hamburg ist die einzige deutsche Großstadt mit einem Nationalpark. 1990 gegründet, um dem Aussterben der Seehunde ein Ende zu machen, 2004 erweitert und 2011 zum Weltnaturerbe erklärt, ist das Areal mittlerweile die vogelreichste Gegend im gesamten Wattenmeer und hat einen Wildnisanteil von mehr als 90 Prozent. Neben konsequentem Naturschutz geht und ging es hier auch immer um wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten für die Bewohner der Insel Neuwerks – und darum, den Nationalpark für die bis zu 100.000 Besucher pro Saison erlebbar zu machen.
Und so besteht ein Großteil von Kösters Job aus „Öffentlichkeitsarbeit“: Er begleitet Wattwanderungen und Führungen auf die Vogelinsel Scharhörn, erklärt Familien, Senioren und Schulkindern das Leben im Wattenmeer („Nach dem Amazonas ist das hier mit bis zu 300.000 Organismen pro Quadratmeter der am dichtesten besiedelte Lebensraum der Welt“) und teilt sein Wissen über die Salzwiesen („Sie sind, je nach Überspülung, in vier Zonen unterteilt. In der ersten, in der täglich zweimal das Wasser steht, wächst das Schlickgras, in der zweiten der sukkulentenähnliche Queller, dann folgen die Andelgraszone und schließlich die Rotschwingelzone“).
Köster hilft gestrandeten Schweinswalen und jungen Seehunde
Für die Vorbereitung der Exkursionen ist es unerlässlich, Daten über das Wetter und die Wasserstände zu erheben, was ebenso zu Kösters Job gehört wie das Monitoring bestimmter Vogel-, Tier- und Pflanzenarten. Zudem wird er gerufen, wenn ein Tier Hilfe braucht: ein gestrandeter Schweinswal, der in einen Priel geschoben werden muss, oder ein junger Seehund am Strand, der vor Neugierigen geschützt werden muss.
„Mein Beruf ist ein Traumjob“, sagt der Landschaftsgärtner und Betriebswirt. Besonders liebt er die Weite. „Man kann bis Büsum, Wilhelmshaven und Helgoland gucken.“
Zehn Tage Dienst auf der Insel, dann vier Tage frei – das ist nicht gerade familienfreundlich. Thorsten Köster, der mit seiner Frau Ellen und der 13-jährigen Tochter im Landkreis Cuxhaven lebt, nimmt es trotzdem gern in Kauf. Was ist das schon gegen die Gefahr, in der seine Kollegen schweben?