Hamburg. Weil die Märkte nicht kostendeckend arbeiten, droht Standorten teilweise das Aus. Wie die Politik die Wochenmärkte retten will.
In der Debatte um ein mögliches Aus für vier Wochenmärkte in Hamburg-Mitte haben sich nun auch die SPD-Bürgerschaftsabgeordneten aus dem Bezirk zu Wort gemeldet. "Schließungen von Wochenmärkten wird es mit uns nicht geben", schrieben die acht Sozialdemokraten um Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung.
Hamburgs Märkte seien wichtige Bestandteile der Nahversorgung mit Lebensmitteln aus der Region und ebenso wichtige soziale Treffpunkte, schrieben die SPD-Abgeordneten: "Sie stärken die Lebensqualität unserer Stadtteile." Daher sei "eine Diskussion um Attraktivitätssteigerungen" sowie die Stärkung einzelner Standorte zu begrüßen.
Vier Wochenmärkte in Hamburg-Mitte betroffen
Wie das Abendblatt berichtet hatte, ist die Zukunft einiger Wochenmärkte in Hamburg gefährdet. Weil sie nicht wirtschaftlich genug sind und nicht kostendeckend arbeiten, droht ihnen im schlimmsten Fall das Aus. Betroffen sind die Märkte in St. Georg, Hamm, Rothenburgsort und Finkenwerder.
"Die wirtschaftliche Situation der bezirklichen Wochenmärkte in Hamburg-Mitte weist einen stetigen Abwärtstrend aus", heißt es in der Vorlage "Bezirkliche Wochenmärkte – Maßnahmen zur Verbesserung der Kostendeckung" des Fachamtes Interner Service in Mitte.
Wochenmärkte müssen kostendeckend arbeiten
Im Bezirk Mitte gibt es derzeit an neun Standorten Wochenmärkte, und diese müssen nach Vorgaben des Senates kostendeckend arbeiten. Das Problem: Viele Wochenmärkte im Bezirk Mitte haben diese Maßgabe in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr erfüllt.
Zum Beispiel weist der Wochenmarkt in Hamm eine Kostendeckung von 49 Prozent auf, der Markt in Rothenburgsort lediglich 27 Prozent und der Markt in Finkenwerder hat eine Kostendeckung von 39 Prozent.
Im Schnitt liegt die Kostendeckung der Märkte bei 85 Prozent
Die Wochenmärkte der Bezirke in Hamburg werden unter betriebswirtschaftlichen Grundsätzen in einem Betrieb gewerblicher Art gemeinsam bewirtschaftet. Gegenüber den Einnahmen aus Gebühren stehen Ausgaben für beispielsweise Reinigung, Abfallentsorgung, Winterdienst oder die Sanierung der elektrischen Anlagen.
Je weniger Stände ein Wochenmarkt hat, desto weniger nimmt die Behörde an Gebühren ein. Die zuständige Wirtschaftsbehörde hat das Bezirksamt aufgefordert, bis Ende dieses Jahres Maßnahmen zu ergreifen, um wieder kostendeckende Einnahmen zu erzielen.
Am erfolgreichsten wirtschaftet im Bezirk Mitte der Wochenmarkt in Billstedt mit einer Kostendeckung von derzeit 171 Prozent. Insgesamt weisen alle Wochenmärkte in Mitte im Schnitt eine Kostendeckung von 85 Prozent auf.
Gebührenerhöhung im Gespräch
Zu den Rettungsmaßnahmen gehören unter anderem, die Gebühren für die Stände um mindestens 18 Prozent (rund 90 Cent) zu erhöhen. Die letzte Gebührenerhöhung liegt fast acht Jahre zurück. Die Marktverwaltung plant eine Kombination von Gebührenerhöhungen und Kostensenkungsmaßnahmen.
Eine weitere Maßnahme wäre, insgesamt vier Wochenmarkttage an wenig besuchten Standorten abzuschaffen: So stehen die Wochenmärkte am Dienstag in Finkenwerder und Hamm sowie am Sonnabend in Rothenburgsort zur Diskussion. Außerdem droht laut Vorlage dem bezirklichen Wochenmarkt am Donnerstag auf dem Carl-von-Ossietzky-Platz in St. Georg das Aus (Kostendeckung liegt hier bei 37 Prozent). Der Bio-Wochenmarkt am Freitagnachmittag bleibt davon unberührt.
Der Einwohnerverein St. Georg von 1987 e.V. ist deshalb in großer Sorge. "Auch nur das Ansinnen, den Wochenmarkt an der Langen Reihe womöglich einzustellen, weisen wir mit allem Nachdruck zurück", heißt es in einer Erklärung. "Sollten weitere Schritte in dieser Richtung zustande kommen, werden wir auch im Verbund mit anderen Quartieren zu öffentlichen Protest aufrufen."
Wochenmärkte: Waren können direkt vom Erzeuger gekauft werden
Michael Joho vom Einwohnerverein: "Wochenmärkte sind zentraler Bestandteil der Nahversorgung in den Stadtteilen, dies umso mehr, weil in den letzten Jahren von behördlicher Seite nichts unternommen wurde, das Sterben der kleinen, inhabergeführten Geschäfte zu verhindern." Anders als in den Supermärkten, könnten hier Waren direkt vom Erzeuger gekauft werden – ohne lange Transportwege, Zwischenhandel oder Plastikverpackung, so Joho.
Wilfried Thal, Präsident der Hamburger Wochenmärkte, kritisiert den hohen Personalaufwand von elf Bezirksamtsmitarbeitern für die Durchführung von 16 Wochenmarkttagen. „Das bedarf einer genauen Prüfung.“ Wochenmärkte auf die Kostendeckung allein zu beschränken, sei zu kurz gegriffen. „Die Märkte sind wichtig für das soziale Miteinander. Das kann man nicht rein verwaltungstechnisch betrachten“, so Thal, der eine Erhöhung der Gebühren als einziges Mittel ablehnt. Die allgemeinen Kosten seien zu hoch.
"Es muss Leute in den Bezirken geben, die sich vernünftig um die Organisation der Märkte kümmern", sagt Thal. Dahinter steht der Vorwurf, dass das im Bezirk Mitte bislang nicht der Fall ist. "In den anderen Bezirken funktioniert es besser."
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Wochenmärkte sind nachhaltig
SPD, Grüne, CDU und LINKE im Bezirk Mitte setzen sich für den Erhalt der Wochenmärkte ein. Die SPD-Fraktion im Bezirk Mitte betont die Bedeutung von Wochenmärkten als Treffpunkt für einen Schnack und hält an allen Marktplätzen fest. "Auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit sind Wochenmärkte eine echte Alternative gegenüber der industriellen Fertigungs- und Transportprozessen", heißt es in der Vorlage. Um die Märkte zu retten, ist auch die SPD-Fraktion für eine Gebührenerhöhung und für ein Gespräch mit den Marktbeschickern.
Die CDU-Fraktion setzt sich unter anderem dafür ein, die Standorte besser zu bewerben und ein Konzept für die Zukunft auszuarbeiten. "Die Erhöhung der Standmieten ist ohne ein nachhaltiges Konzept für die Zukunft ein Tod auf Raten", heißt es in der Vorlage.
Info: Wie es mit den Wochenmärkten in Mitte weitergeht, ist Thema des Wirtschaftsausschusses am Mittwoch, 23. Oktober, um 18 Uhr im Sitzungssaal der Bezirksversammlung, Caffamacherreihe 1-3, 11. Stock.