Hamburg. Das viertägige Festival machte den Rathausmarkt zum Campus. Viele Familien besuchten Ausstellungen und Shows.
„Gibt es denn hier keine Klimaanlage?“, stöhnt Finian, als ihm am Eingang die Wärme entgegenschlägt. Ins Schwimmbad zu gehen wäre an diesem sonnigen Sonntagvormittag auch möglich gewesen, doch der Elfjährige und sein Freund Jonte wollen lieber etwas über Forschung mit Superlichtquellen lernen – beim Festival Sommer des Wissens auf dem Rathausmarkt. Dort hat sich das Themenzelt „HiTech-Labor“ so aufgeheizt, dass die aufgestellten Kühlgeräte schwer dagegen ankommen.
Für die beiden Kinder ist das aber schnell vergessen, fesseln doch nun ein Mikroskop und ein haarfeiner Wasserstrahl ihre Aufmerksamkeit. An dieser Experimentierstation des Forschungszentrums European XFEL erklärt Physiker Joachim Schulz, wie winzige Proben zur Analyse in den Röntgenstrahl des riesigen Lasers XFEL gespritzt werden, der unter der Erde zwischen Bahrenfeld und Schenefeld in Schleswig-Holstein verläuft. „Ich mag Technik – und hier kann ich sie in Aktion sehen“, sagt Finian, während einigen Forschern im Zelt schon der Schweiß auf der Stirn steht.
Mit einem Windmesser Geschwindigkeit der Luft bestimmen
So wie Finian in Begleitung seines Vaters nehmen zumindest am Sonntag auffällig viele Eltern mit ihren Kindern an den Experimenten, Shows und Mitmachaktionen teil, obwohl es zu Beginn des viertägigen Festivals schon ein umfangreiches Schülerprogramm gab.
Am Stand des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg können die Besucher sich mit Instrumenten zur Wetterforschung vertraut machen – und mit einem Windmesser testen, wie kraftvoll sie ausatmen können. Reicht es für einen Wind, der einer leichten Brise entspricht, oder erzeugen sie einen Stoß, der die Geschwindigkeit eines starken Windes erreicht? Die Geschwister Nanke (11), Martje (13) und Tjade (8) aus Langenhorn pusten um die Wette. „Ich finde es toll, dass ich hier so vieles ausprobieren kann“, sagt Nanke. Ihr Vater Thomas sagt, es sei zu begrüßen, dass Hamburg zunehmend auf die Wissenschaft setze. „So erschließt Hamburg Zukunftsperspektiven für die junge Generation.“
Knapp 40 Hamburger Forschungseinrichtungen machen mit
Bereits am Donnerstag hatten knapp 40 Hamburger Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen damit begonnen, in vier „Themenzentren“ und auf Freiflächen die ersten von insgesamt 290 kostenlosen Programmpunkten zu präsentieren. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hatte die Veranstaltungen eröffnet und an die Hamburger appelliert: „Seien Sie dabei, wenn die Stadt zum Campus wird!“ Diese Ankündigung und die Plakatwerbungen an diversen Orten in der Stadt machten offenbar viele Hamburger neugierig: Rund 50.000 Menschen besuchten das Festival nach Angaben der Wissenschaftsbehörde.
Auch am Sonntag noch sorgten die Vertreter der Hamburger Wissenschaft für ein abwechslungsreiches Programm. In einem Zelt der Hochschule für bildende Künste (HfBK) bastelten Kinder und Erwachsene aus Schaumstoff kleine Kunstwerke und formten aus Knete eine Miniatur-Stadt. „Wir wollen die Hemmschwelle zur Kunst senken“, erklärte HfBK-Studentin Anna Larsen.
Autonom fahrender Bus ist ein Besuchermagnet
Fast ständig von Besuchern umlagert war ein autonom fahrender Bus namens „Tabula Shuttle“, der nach Plänen von Verkehrsplanern der Technischen Universität Hamburg in Harburg ab Herbst bei einem Pilotprojekt in Lauenburg erprobt werden soll.
Sehr gut besucht war ein computergestütztes Modell zu einem Verbundprojekt der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), das über die Energieversorgung der Zukunft und das norddeutsche Großprojekt NEW 4.0 informierte. Dichtes Gedränge herrschte auch im Aktionszelt „Gesundheit“. Dort präsentierte der Fachbereich Informatik der Uni Hamburg ein Projekt, in dem die Forscher mit dem Hospital zum Heiligen Geist untersuchen, ob Bewegungsspiele in der virtuellen Realität bei der Demenztherapie helfen können.
Hamburger Wissenschaft ist gut vernetzt
Auf dem Rathausmarkt waren zuletzt immer wieder Jugendliche bei „Friday for Future“-Demonstrationen zusammengekommen. Für den Nachwuchs und viele Deutsche insgesamt stehe der Klimaschutz ganz oben auf der Agenda, sagte Imke Hoppe von der Uni Hamburg. Die Kommunikationswissenschaftlerin spricht sich für eine lösungsorientierte Kommunikation über den Klimawandel aus. Möglichst konkrete, alltagsnahe Tipps zum Energiesparen und für einen geringeren CO2-Ausstoß könnten dazu beitragen, dass Verbraucher sich klimabewusster verhalten, sagte Hoppe.
Sehr zufrieden zeigte sich am Sonntag Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank. „Das umfangreiche Programm hat deutlich gemacht, wie wichtig, vielfältig und gut vernetzt die Hamburger Wissenschaft ist“, sagte die Senatorin.