St. Georg. Mehr Kultur, Märkte und Sauberkeit sollen die Einkaufsmeile attraktiver machen. Doch einige Grundeigentümer sind strikt dagegen.

Der Steindamm im Herzen von St. Georg soll attraktiver werden. Deshalb ist ein BID (Business Improvement District) geplant, das jetzt auf der Zielgeraden ist. „Wir werden der Stadt noch im Februar unser Konzept präsentieren und danach in finalisierter Form den Grundeigen­tümern vorstellen. Der BID-Antrag soll im Frühjahr eingereicht werden“, sagt Quartiersmanager Wolfgang Schüler, der die Umsetzung für die Interessengemeinschaft Steindamm gemeinsam mit dem Projektsteuerer ASK vorantreibt. Das sei eine einmalige Chance, um das Image der Einkaufsmeile weiter aufzuwerten, so Schüler.

Aber es gibt Widerstand von Grundeigentümern, die das BID finanzieren müssen. Allen voran Hartmut W. Sebold, dem an der Straße gleich zehn Grundstücke gehören: „Wir brauchen hier am Steindamm kein BID. Das kostet unnötig Geld und wird die offensichtlichen Probleme dieser Straße nicht lösen.“ Sebold kündigt an: „Ich werde diese Zwangsabgabe jedenfalls nicht bezahlen.“ Der Immobilienkaufmann kritisiert: „Die Idee, ein unsinniges BID umzusetzen, kommt von Leuten, die hier weder Immobilien besitzen noch Mieter sind.“ Zudem sei das BID eine Erfindung der Stadt, um öffentliche Umbaumaßnahmen auf die Grundeigentümer abzuwälzen, so Sebold weiter. Das sieht Rechtsanwalt Dirk Trieglaff aus der Kanzlei Weiland, der Sebold vertritt, ähnlich: „Die Umgestaltung einer Straße wird durch die Einrichtung eines BID in die Hände der Grundeigentümer gelegt. Dies ist mit dem Gesetz unvereinbar. Der Staat kann sich nicht dieser Aufgaben entledigen.“ Hartmut W. Sebold überlegt, juristische Schritte gegen das BID einzulegen.

Auch Bernd Hodermann, dem das Hotel Village mit samt der Immobilie gehört, zählt zu den Kritikern: „Ich halte gar nichts von einem BID. Der Steindamm ist doch nicht der Neue Wall und wird es auch nie werden.“ Die Straße habe ihren ganz eigenen Charme, der auch durch die Lage im Bahnhofsumfeld bedingt sei, und das könne auch ein teures BID nicht ändern, so Hodermann weiter.

Steindamm ist eine pulsierende Einkaufsstraße

In Hamburg gibt es zurzeit elf Business Improvement Districts – unter anderem am Neuen Wall, im Passagen-Viertel und im Nikolai-Quartier. Das Konzept BID bedeutet, dass die Grundeigentümer die Kosten für einen Umbau des Straßenraums oder Marketingmaßnahmen übernehmen. Der Anteil der Grundeigentümer an den Kosten des BID beträgt maximal zehn Prozent des Einheitswerts ihres Grundstücks. Wie hoch die Kosten für ein BID sind, hängt von den Maßnahmen ab, die umgesetzt werden sollen.

Der Steindamm unweit vom Hauptbahnhof ist eine pulsierende Einkaufsstraße. Hier werden Obst und Gemüse sowie allerlei ausländische Spezialitäten angeboten. „Der Steindamm ist eine Multikultimeile mit einem unschlagbaren Angebot an Lebensmitteln und diversen Restaurants. Aber die Straße hat auch ihre Schattenseiten“, sagte Schüler.

Obwohl es ein Sperrgebiet ist, gehen auf dem Steindamm Prostituierte ihrer Arbeit nach. Es gibt Stunden­hotels. Die Zahl der Spielhallen und Sexshops ist zwar gesunken, aber es gibt sie noch. „Wir begrüßen ein BID, hoffen dass sich das auch positiv auf den Branchenmix auswirkt. Allerdings liegt es allein an den Grundstückseigentümern, dass sie hier nicht an den Meistbietenden ohne Rücksicht auf das Konzept vermieten, sondern nur an Läden, die das Image aufpolieren“, sagte der CDU-Fraktionschef im Bezirk, Gunter Böttcher. Das Problem der Prostitution und der Gruppen von Betrunkenen könne nur die Polizei und nicht ein BID lösen, so Böttcher weiter.

Auch Stefan Adikti, der einen Juwelierladen betreibt, sieht keine Notwendigkeit für ein BID, sondern fordert mehr Polizeipräsenz auf dem Steindamm
Auch Stefan Adikti, der einen Juwelierladen betreibt, sieht keine Notwendigkeit für ein BID, sondern fordert mehr Polizeipräsenz auf dem Steindamm © HA | Marcelo Hernandez

Das sieht Grundeigentümer Sebold ähnlich: „Prostitution, Bettlerbanden, Kriminelle, Trinker und Gammler sind nach wie vor hier am Steindamm ein Problem und können mit dem BID nicht bekämpft werden. Das sind hoheitliche Aufgaben, die die Polizei und die Stadt übernehmen müssen.“ Für Stefan Adikti vom Juwelier Yildiz steht fest: „Wir brauchen hier kein BID, sondern mehr Polizeipräsenz.“

Gemeinschaft plant Wintermarkt und Straßentheater

Was das BID bewirken soll, erklärt Quartiersmanager Schüler so: „Ziel ist es, den Steindamm für alle Hamburger erlebbar zu machen. Wir wollen hier nicht die Straße mit Marmor bepflastern, sondern ein Marketing- und Kultur-BID machen und uns der Sauberkeit annehmen.“ Schüler spricht von Straßentheater, einem Wintermarkt oder einem Steindamm-Basar unter Mitwirkung der Gewerbetreibenden. Aber das seien zunächst einmal Ideen. Wichtig sei es, mit den Grundeigentümern gemeinsam ein solches Konzept zu entwickeln.

Ein weiteres wichtiges Anliegen: „Die Vermüllung des Steindamms ist ein Problem. Deshalb wird im Rahmen des BID gemeinsam mit der Stadtreinigung ein neues Konzept zur Müllbeseitigung erarbeitet.“ Zudem solle aus den BID-Mitteln ein „Kümmerer“ finanziert werden, der den Steindamm betreut und auf die Sauberkeit achtet.

Bei einer ersten Präsentation der BID-Idee im vergangenen Jahr war auch Sebold dabei: „Da wurden Pläne vorgestellt, wonach die Straße im westlichen Teil gesperrt und zur Fußgängerzone werden soll. Dann würden auch zig Parkplätze wegfallen, und das würde für viele Gewerbetreibende der Ruin bedeuten, weil viele Kunden mit dem Auto kommen.“ Dazu sagt Quartiersmanager Schüler: „Das war mal im Gespräch, ist aber vom Tisch. Wie gesagt: Wir sind kein Bau-BID, sondern wollen die Straße erlebbar machen.“

„BID ist eine große Chance für den Steindamm“

Außerdem lässt Schüler die Zahlen sprechen: „Es müssten per Gesetz 15 Prozent der Grundeigentümer einem BID zustimmen, am Steindamm sind es schon etwa 30 Prozent.“ Einer der Befürworter ist Grundeigentümer Klaus Dose, der eine große Gewerbeimmobilie am Steindamm/Ecke Lindenstraße besitzt: „Wir haben in Hamburg gute Erfahrungen mit BIDs gemacht, und deshalb sind wir dabei.“

Von Kosten in Höhe von bis zu zehn Prozent des Einheitswerts ist der Steindamm im Übrigen weit entfernt. Vielleicht überzeugt das Großgrundbesitzer Sebold dann doch noch: „Unser BID-Beitrag für die Grundeigentümer wird bei maximal 1,5 Prozent des Einheitswertes pro Gebäude liegen“, verspricht Schüler.

Die Politik sieht das Vorhaben positiv: „Das BID ist eine große Chance für den Steindamm. Diese Straße hat so viel Potenzial und muss besonders ihr internationales Flair noch mehr hervorheben“, sagte Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg.

Für SPD-Vize-Fraktionschef Arik Willner steht fest: „Das BID bietet die Möglichkeit, dass alle Gewerbetreibende gemeinsam Verantwortung für das Gebiet übernehmen. Wir werden das anstehende Verfahren konstruktiv begleiten.“