Hamburg. An den 50er-Schuppen soll das große maritime Deutsche Museum entstehen – mit einem Event-Ort mit Blick auf die Elbphilharmonie.

Es ist ein seltsamer Ort mitten im Hafen: Wenn nicht hin und wieder ein schwerer Lkw auf das Gelände rollen würde, könnte man denken, man befände sich mitten in einem riesigen Freilichtmuseum. Nicht die langen Reihen von Containerstapeln wie sonst auf den Terminals prägen hier das Bild, sondern mächtige Schuppenanlagen aus Backstein. Alte Hafenkräne stehen an der Kaikante, Dampfloks sieht man, im Hafenbecken dümpeln ein historischer Schwimmkran und alte Schuten, Eisenbahnwaggons aus den 30er-Jahren parken auf den Gleisen. Ein alter Frachter aus den 50er-Jahren hat am Kai festgemacht – so als würde er gleich wieder ablegen. Die sogenannten 50er-Schuppen auf dem Kleinen Grasbrook zeigen den Hafen eben noch so, wie er in den Fünfzigern und davor aussah.

Und tatsächlich stehen die Schuppen seit 2002 schon unter Denkmalschutz und werden teils als Museum und teils immer noch als aktives Hafenlager genutzt. Doch jetzt ist ein wichtiger Meilenstein für eine Weiterentwicklung hin zu einem maritimen-kulturellen Zentrum erreicht. Die Bürgerschaft bewilligte vor wenigen Tagen 1,385 Millionen Euro für den Bau eines großen Sturmflutbauwerks, mit dem künftig alle der historischen Gebäude nach heutigen Standards geschützt werden können. Und was als Voraussetzung gilt, um dort auch neu bauen zu können: So sieht es zumindest die Stiftung Hamburg Maritim, die die 50er-Schuppen 2002 von der Stadt übertragen bekommen hat und seitdem Stück für Stück restauriert „Damit bietet sich der historische Ort jetzt in idealer Weise an, ihn zum großen Deutschen Hafenmuseum auszubauen“, sagt Geschäftsführer Markus Söhl.

Es sind große Pläne, die die Stiftung hier in den nächsten Jahren umsetzen möchte. Aber sie stehen seit Kurzem auch auf einer soliden Basis. Lange schon wird in der Stadt darüber diskutiert, das heutige kleine Hafenmuseum – eine Außenstelle des Museums der Arbeit – zu einem großen nationalen Hafenmuseum auszubauen. Im November nun hat der Haushaltsausschuss des Bundestages tatsächlich 120 Millionen Euro dafür bewilligt. In dem Paket enthalten ist auch die Sanierung und Überführung des historischen Hamburger Viermasters „Peking“, der in einem Hafenmuseum in New York vor sich hin rostet.

Noch hat der Senat über einen endgültigen Standort für „Peking“ und Hafenmuseum nicht entschieden. „Aber es gibt doch nichts anderes, als hier direkt gegenüber der Elbphilharmonie“, sagt der frühere Kulturstaatsrat und heutige Vorsitzende des Stiftungsbeirats, Gert Hinnerk Behlmer.

Seeschiffe machen seit den 80er-Jahren hier nicht mehr fest

Seit 2002 hat er diesen Posten schon und hatte zuvor den Übergang der 50er-Schuppen politisch mit begleitet: Die Anlage war 1908 bis 1912 gebaut worden, gut 1200 Menschen arbeiteten einmal in den dreischiffigen Schuppen, die wegen ihrer markanten Architektur mit einem erhöhten Mittelteil auch als „Kathedralen der Arbeit“ bezeichnet wurden. Bis in die 1970er-Jahre wurden dort die Ladungen von Seeschiffen umgeschlagen, gelagert und weiter transportiert. In den 1980er-Jahren dann dienten die Schuppen nur noch als Lager. Hafenbecken wurden zugeschüttet, um in der Nachbarschaft moderne Logistikhallen bauen zu können. Weil die Schuppen schließlich als letztes größeres Ensemble den alten Hafen zeigten, begann eine Diskussion um den Denkmalschutz. Die Stadt übertrug die drei großen Schuppen schließlich an die Stiftung, die in den vergangenen Jahren rund zwölf Millionen Euro in die Sanierung investiert hat.

Gert Hinnerk
Behlmer ist
Vorsitzender des
Stiftungsbeirats
von Hamburg
Maritim
Gert Hinnerk Behlmer ist Vorsitzender des Stiftungsbeirats von Hamburg Maritim © picture alliance

Finanziert wurde dies mit einem geschickten Verwertungsmodell, in dem Schuppenflächen nach ihrer Restaurierung vermietet werden. Der Schuppen 52 ist beispielsweise einer der größten und zugleich ungewöhnlichsten Veranstaltungsorte der Stadt. Und in den alten Ziegelhallen lagern immer noch Waren aus Übersee. Besonders geeignet ist das kühle, trockene Klima beispielsweise für Gewürze wie Pfeffer, Anis oder Zimt, die dort in unzähligen Jutesäcken gestapelt sind. Ein süßlich-würziger Geruch begleitet daher jeden, der hier über das Gelände spaziert.

Inzwischen sind bis auf einen Kopfbau die insgesamt 40.000 Qua­dratmeter großen Schuppenflächen saniert. Das nächste größere Projekt der Stiftung ist nun der Bau der Sturmflutanlage. Wichtig ist sie vor allem, weil eine große Flutschutzmauer noch das Gelände zerschneidet und einige der historischen Bauten außerhalb regelmäßig bei Sturmfluten im Wasser stehen.

Mit dem 320 Meter langen neuen Schutzbauwerk sollen die 50er-Schuppen neben ihrem Freilichtmuseums-Charakter und dem Eventschuppen eine weitere Attraktion bekommen, um für Besucher interessant zu sein – lange bevor dort das Deutsche Hafenmuseum realisiert sein wird: Die Schutzmauer ist als Treppenanlage geplant, sodass sich dort vor dem Platz am Hansahöft eine Art „Amphitheater“ ergeben wird, wie Behlmer sagt. Auf dem Platz mit direkter Sicht auf Elbphilharmonie und HafenCity könnten dann Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen stattfinden, so der Plan. Baubeginn soll bereits im Frühjahr sein, in etwa eineinhalb Jahren soll dieser kleine kulturelle Hotspot mitten im Hafen fertig sein.