Hamburg. 15.300 Fahrzeuge sind im vorigen Jahr in den „Autoknast“ in Rothenburgsort gebracht worden. Die FDP kritisiert dieses „Geschäft“.
Es ist der Albtraum aller Autofahrer, abgeschleppt zu werden – ganz besonders in Hamburg. Nirgendwo in Deutschland ist das Abschleppen so teuer wie in der Hansestadt. Das hat der Auto Club Europa (ACE) ermittelt. Mindestens 282,70 Euro werden in Hamburg fällig, wenn der Wagen auf polizeiliche Anordnung abgeschleppt wird und im „Autoknast“, der Zentralen Verwahrstelle an der Ausschläger Allee 179, landet. Und dorthin gelangen nun mal die mit Abstand meisten Fahrzeuge – selbst wenn sie in Rissen oder Langenhorn an den Haken genommen und kilometerweit durch die Stadt gekarrt werden müssen.
Abgeschleppt werden Fahrzeuge, die den Verkehr behindern oder die Sicherheit gefährden. Wer vor Feuerwehrzufahrten parkt, dessen Auto ist dann mit Sicherheit fällig, und ein hohes Bußgeld gibt es obendrauf. 15.300 Autos sind allein im Vorjahr abgeschleppt und an der Ausschläger Allee abgestellt worden – das sind rund 2700 Autos weniger als 2013. In weiteren 8198 Fällen wurden die Fahrzeuge auf einen nahe gelegenen freien Parkplatz umgesetzt. Für das laufende Jahr zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab: Pro Monat landen derzeit rund 1250 Fahrzeuge im Autoknast, weitere 540 werden umgesetzt.
Kosten variieren je nach Abschleppunternehmen, Wochentag und Tageszeit
In den Kosten für das Abschleppen an die Ausschläger Allee enthalten sind 77,20 Euro Verwahrgebühr für die ersten 24 Stunden sowie 10 Euro pro Folgetag, 52,10 Euro Amtshandlungsgebühr, zwischen 95,20 und 160,65 Euro Auslagen für das Abschleppunternehmen, 48,20 Euro Gemeinkostenzuschlag und ein Bußgeld in Höhe von mindestens 10 Euro. Die Kosten können schnell auf 400 Euro steigen.
Rund 100 Euro günstiger wird es, wenn das Auto nur umgesetzt wird. Wird der Abschleppvorgang abgebrochen, weil der Halter rechtzeitig zur Stelle ist, begnügt sich die Stadt mit rund 140 Euro. Zwischen den deutschen Städten gibt es große Unterschiede: So kostet der Aufenthalt im Aachener Autoknast nur 134 Euro. Der Grund: Die Kosten variieren zwischen den Abschleppunternehmen, auch der Wochentag und die Tageszeit spielen eine Rolle. Und von Stadt zu Stadt werden unterschiedliche Gebühren fällig.
Für die FDP ist die Hamburger Abschlepppraxis schon lange ein Ärgernis. Die hohen Kosten für ein einmaliges Falschparken stünden in „keinem hinnehmbaren Verhältnis“, sagt der FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Wieland Schinnenburg, „insbesondere, weil die Stadt mit der Verwahrstelle rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr verdient“. So nehme der Autoknast im Jahr rund drei Millionen Euro ein, davon entfielen aber nur etwa 1,4 Millionen Euro auf Miete und Betriebskosten.
Polizei äußert sich zur Kritik der FDP: „Kein Gewinn“
Bis Ende Oktober 2015 hat der Verwahrstellenbetreiber fast 2,4 Millionen Euro an die Polizei abgeführt. „Ich fordere den Senat auf, so oft wie möglich auf das Abschleppen in die Verwahrstelle zu verzichten und stattdessen kostengünstig falsch geparkte Autos nur zu versetzen“, sagt Schinnenburg, „wenn ein Abschleppen unvermeidlich ist, sollte nur das günstigste Abschleppunternehmen beauftragt und von der Verwahrstelle nur noch kostendeckende Gebühren verlangt werden.“ Die Polizei hält dagegen: Die Verwahrstelle erziele keinen Gewinn. Die Erlöse dienten nur „der Deckung der Ausgaben und Aufwendungen nicht nur für den Verwahrplatzbetrieb selbst, sondern auch für den Abrechnungsaufwand und den Personalaufwand im Zusammenhang mit der Amtshandlung“.
Immerhin sind für Hamburger Falschparker auf Privatgrundstücken entspanntere Zeiten angebrochen, seit der umstrittenen Firma Aktiv Transport im November 2014 nach zehn Jahren „die EU-Lizenz für den gewerblichen Güterkraftverkehr“ entzogen worden war. Die Firma, die als externer Dienstleister vor allem Kundenparkplätze von Supermärkten bewirtschaftet hatte, versuchte Autofahrer abzuzocken oder nahm sie zu Unrecht an den Haken. Mehrmals unterlag sie vor Gericht. Die Nachfolgefirma ABT Logistics erhielt zwar keine Abschlepplizenz, darf aber Parkplätze überwachen und die „Verwahrung und Aushändigung der abgeschleppten Fahrzeuge durchführen.“ Die Beschwerden über die umstrittene Abschlepppraxis vor Supermärkten seien nach dem Aus für Aktiv Transport drastisch zurückgegangen, teilten die Verbraucherzentrale und der ADAC auf Anfrage mit.
Zudem haben einige Discounter die Sache mit dem Haken abgehakt. Vor nicht allzu langer Zeit wurden auf Supermarkt-Parkplätzen noch massenweise Falschparker abgeschleppt, die mehr als 250 Euro zahlen sollten – häufig zu Unrecht, wie der BGH 2014 feststellte (Az.: V ZR 229/13). Jetzt wird in vielen Fällen nur noch abgezettelt, sodass Falschparker beispielsweise auf dem Parkplatz von Lidl an der Behringstraße lediglich eine Bearbeitungspauschale in Höhe von 15 Euro zahlen, wenn sie länger parken als eine Stunde.