Hamburg. Nach Abendblatt-Informationen gibt es erste Berechnungen zum Betrieb des Gebäudes. Für Eröffnungsphase wird es einen Zuschuss geben.
Als Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vor drei Jahren die Neuordnung des Projekts Elbphilharmonie präsentierte, musste mancher in Hamburg sehr tief durchatmen. Auf sagenhafte 865 Millionen Euro waren die Kosten für das Konzerthaus gestiegen, davon sind 789 Millionen von der Stadt zu tragen – der Preis dafür, dass das von den früher Verantwortlichen verkorkste Projekt doch noch zu einem gute Ende gebracht werden konnte.
Jetzt, knapp 15 Monate vor der Eröffnung am 11. Januar 2017, steht nach Abendblatt-Informationen auch fest, was der Betrieb des Gebäudes die Stadt kosten wird. Und das ist, zumindest gemessen an den gigantischen Baukosten und an öffentlichen Zuwendungen für andere große Kultureinrichtungen, eine eher moderate Summe: Der jährliche Zuschuss der Kulturbehörde an die HamburgMusik gGmbH, die sich auch Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft nennt, wird von derzeit 3,2 auf sechs Millionen Euro steigen. In dieser Summe enthalten sind unter anderem eine Million Euro für den großen musikpädagogischen Bereich innerhalb der Elbphilharmonie sowie 500.000 Euro für das Internationale Musikfest.
Weitere fünf Millionen Euro zahlt die Stadt einmalig an HamburgMusik – damit soll ausgeglichen werden, dass Generalintendant Christoph Lieben-Seutter den jährlichen Zuschussbedarf eigentlich auf 7,2 Millionen Euro taxiert hatte. Diese Konstruktion wurde gewählt, damit einerseits Lieben-Seutter mehrere Jahre über ausreichend Geld verfügt (abhängig davon, wie gut er sich die fünf Millionen einteilt), andererseits die Stadt sich aber nicht für alle Zeiten verpflichtet, 7,2 Millionen Euro zu zahlen. Im Senat ist man nämlich der Auffassung, dass die Elbphilharmonie im „eingeschwungenen Zustand“, also in einigen Jahren, dank hoher Einnahmen, Spenden und Sponsoring mit den sechs Millionen Euro auskommen müsste. Außerdem dürfte der angekündigte Wegfall eines einmaligen Zuschusses politisch einfacher durchzuhalten sein als nachträgliches Kürzen einer Zuwendung.
Diese Summen gelten von der Spielzeit 2017/18 an, also nach der Einspielphase. Damit das Jahrhundertprojekt gut aus den Startlöchern kommt, hat der Senat zudem einen einmaligen Eröffnungskosten-Zuschuss zugesagt, der deutlich über einem Jahresetat liegen soll. Im Gespräch sind nach Abendblatt-Informationen etwa sieben bis zehn Millionen Euro. Wie aus Lieben-Seutters Umfeld verlautet, plane man für das Eröffnungshalbjahr einen Aufwand wie sonst für eine ganze Spielzeit.
Die Miete für den Großen Saal kostet bis zu 28.200 Euro pro Abend
Zu diesem Betriebskostenkonzept will der Senat noch vor Weihnachten der Bürgerschaft eine Drucksache zuleiten, denn sie muss das Geld freigeben. Im Rathaus wird Wert darauf gelegt, dass die zusätzlichen Ausgaben nicht zulasten anderer Kultureinrichtungen gehen. Die einmaligen fünf Millionen sowie den Eröffnungsbonus steuert daher die Finanzbehörde bei.
Ein weiterer, allerdings seit Langem bekannter Posten bei der Elbphilharmonie ist das Facility Management: Den Unterhalt des gesamten Gebäudes, einschließlich Konzertbereich, Hotel, Wohnungen, Parkhaus und Gastronomie, hat die Stadt für 20 Jahre an die Firma Hochtief vergeben und zahlt dafür 144 Millionen Euro – rund sieben Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt kostet die Stadt die Elbphilharmonie also 13 Millionen Euro pro Jahr.
Zum Vergleich: Die städtischen Zuschüsse für die Staatsoper (gut 50 Millionen Euro) und für das Schauspielhaus (26 Millionen) sind deutlich höher. Allerdings unterhalten die beiden Häuser eigene Ensembles und haben entsprechend hohe Personalkosten.
Leitartikel: „Klingt gut“
Wie bei anderen öffentlichen Gebäuden wird auch bei der Elbphilharmonie eine Art Mieter-Vermieter-Modell eingeführt: Die HamburgMusik gGmbH ist zwar Besitzer des Gebäudes, muss aber für die Nutzung des Konzertbereichs eine Miete an die zwischengeschaltete Elbphilharmonie Laeiszhalle Service GmbH zahlen. Das macht pro Jahr allein zwei Millionen Euro des Zuschusses aus. Zum einen soll es die Transparenz erhöhen, dass jeder Nutzer der Konzertsäle die gleiche Miete bezahlen muss. Zum anderen beteiligt sich die Stadt so indirekt an den Verbrauchskosten des Gebäudes (zum Beispiel Strom), die andernfalls die Miete und damit letztlich die Ticketpreise erhöhen würden. Etwas kurios: Da Lieben-Seutter Geschäftsführer beider Gesellschaften ist, zahlt er quasi Miete an sich selbst.
Wie in der Laeiszhalle richtet sich auch im neuen Konzerthaus die Saalmiete nach dem jeweils höchsten Kartenpreis. Bei bis zu 25 Euro pro Karte beträgt die Miete für den Großen Saal der Elbphilharmonie 8200 Euro, danach wird in mehreren Schritten gestaffelt. Bei maximal 200 Euro Kartenpreis sind 28.200 Euro fällig. Zum Vergleich: Im Großen Saal der Laeiszhalle kostet die Miete bei Kartenpreisen von bis zu 26 Euro 2631 Euro, bei mehr als 150 Euro pro Karte sind es 7695 Euro.
Es ginge auch anders, ist aber so durchaus nicht branchenunüblich. Während beispielsweise die Kölner Philharmonie Pauschalpreise für einen Abend berechnet, unterscheidet die Berliner Philharmonie in Wochentage und Wochenenden und staffelt ihre Preise. Die Höhe der Hamburger Preise, die so gut wie identisch mit denen in Berlin seien, nennt Generalintendant Christoph Lieben-Seutter „europaweit am oberen Niveau. Wir haben eine internationale Top-Location, deren Betrieb sehr aufwendig ist und die den Mietpreis wert ist.“
Er spricht dabei auch von einem „Weltwunder-Aufschlag“ und dem „Versprechen einer besseren Auslastung“. Wichtig insbesondere für lokale Veranstalter und die Pflege des örtlichen Musiklebens: Die Mietpreise in der Laeiszhalle bleiben, wie sie sind. Im Großen wie im Kleinen Saal sind die Preiskategorien jetzt einheitlich festgelegt. Damit wird unabhängig vom jeweiligen Konzertveranstalter klar sein, in welcher Güteklasse ein bestimmter Sitz zu finden sein wird. Der jeweilige Preis wiederum hängt dann vom Anbieter ab, ebenso die Abstände zwischen den Preiskategorien. Diese Vereinheitlichung sei zum Wohle der Kunden gedacht, heißt es.
So sieht es auf der Elphi-Baustelle aus
Für 40 sogenannte Fördererplätze gibt es ein mehrwöchiges Vorkaufsrecht
Nach Abzug von 50 Plätzen, die für die Orgel wegfielen, Dienst-, Direktions-, Arzt- und Rollstuhlplätzen beträgt die Zahl der Sitzplätze im Großen Saal nun 2073. Davon sind 40 als sogenannte Fördererplätze festgelegt. Für diese Plätze gibt es ein mehrwöchiges Vorkaufsrecht. Wird es innerhalb dieser Frist nicht von der Intendanz genutzt, gehen die Plätze wieder zurück in den freien Verkauf.
Bei jeder verkauften Konzertkarte für die Elbphilharmonie wird dem Saalmieter eine Kostenbeteiligung am Zugangskontrollsystem für die Plaza in Höhe von 0,90 Euro in Rechnung gestellt. Grund dafür sei der große Verwaltungsaufwand für die vielen Aspekte der Konzertabwicklung in diesem speziellen Bauwerk mit seinen unterschiedlichen Nutzungen. Kostendeckend sei das dennoch nicht, heißt es.
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Ohnehin ist die Logistik des Haus- und Spielbetriebs, vorsichtig ausgedrückt: sehr komplex. Ein Beispiel von vielen Herausforderungen: Wenn ein Konzert endet, wird die große Rolltreppe auf Abwärtsfahrt umzustellen sein, um das Publikum aus dem Gebäude zu bekommen. In diesem Zeitraum also können Besucher nicht parallel durch diese „Tube“ in Richtung Plaza gebracht werden. Und dort müssen aus Sicherheitsgründen Obergrenzen bei der Besucherzahl eingehalten werden.
Im Großen Saal sollen pro Jahr rund 280 Veranstaltungen stattfinden
„Die Elbphilharmonie ist nicht einfach eine Laeiszhalle im Hafen. Sie ist ein in Hamburg gelandetes Ufo, ein einmaliges Bauwerk, sie ist spektakulärst. Das ist keine Mietstadthalle, sondern ein Gesamterlebnis“, betont Lieben-Seutter. Auf hochwertigen Service soll viel Wert gelegt werden, beginnend beim Personal an den Kassen, das mehr können soll als nur die Eintrittskarten über den Tresen zu reichen.
Bei der Planung ihrer Konzerte in der Elbphilharmonie können die Hamburger Philharmoniker als städtisches Orchester, das wegen seiner Opernaufgaben weniger flexibel ist, sich als Erste fünf Termine aussuchen. Für die erste Saison dort haben sie alle Termine ihrer Wahl erhalten. Anschließend kann sich das NDR Symphonieorchester, auf zehn Jahre als Residenzorchester vertraglich abgesichert, im Terminkalender bedienen.
Die Monate der Rumpfsaison von Januar 2017 an werden offiziell wohl ausschließlich der Planung von Lieben-Seutter unterstellt sein, um die Eröffnungsphase aus einem konzeptionellen Guss zu gestalten. Private Anbieter kämen wahrscheinlich erst bei Beginn der Spielzeit 2017/18 mit ihren Terminwünschen zum Zug. Für den Großen Saal der Elbphilharmonie kalkuliert Lieben-Seutter mit rund 280 Veranstaltungen pro Jahr, davon 100 eigene. Zusätzlich wird im Education-Bereich für Kinder ständig Hochbetrieb herrschen: Das geplante „Kaistudio“ hinter den Mauern des ehemaligen Kaispeichers hat sich als Nachfolgemodell des „Klingenden Museums“ in der Laeiszhalle zu „Kaistudios“ ausgewachsen, mit sieben Räumen auf zwei Etagen.