St. Pauli. Vier Verletzte, nachdem ein Ausleger des „Turbo Force“ abbricht. Hamburgs Wirtschaftsbehörde legt Fahrgeschäft vorerst still.

Bei einem Unfall auf dem Hamburger Dom sind am Montagabend vier Menschen verletzt worden. Die zwei 24 und 27 Jahre alten Männer und die zwei 17 und 18 Jahre alten Frauen hatten im „Turbo Force“ gesessen, als ein Teil eines Auslegers abbrach. Eine Gondel, in der die beiden Frauen saßen, blieb dadurch in 30 Metern Höhe stehen. Die Polizei ermittelt die Unglücksursache. „Der TÜV wird den Schaden begutachten. Der ,Turbo Force‘ wird bis auf Weiteres stillgelegt“, sagte Susanne Meinecke, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde.

Gegen 21 Uhr hatten Dombesucher Polizisten auf das Unglück aufmerksam gemacht. Der „Turbo Force“ war plötzlich stehen geblieben. Das Fahrgeschäft ist eine der Attraktionen auf dem Dom. Erdacht und hergestellt wurde es in Norditalien in Altavilla Vicentina. Dort hat die Firma Zamperla ihren Sitz. Das Unternehmen liefert seine Produkte in alle Welt. Abnehmer sind zahlreiche Freizeitparks in den USA, Deutschland, Frankreich, Spanien und China. Turbo Force, wegen seiner Form auch Propeller genannt, besteht aus einem langen, beidseitigen Ausleger, der sich um eine Achse dreht, und an dem an jedem Ende eine freischwingende Gondel mit jeweils vier Plätzen angebracht ist. Sie erreichen eine Geschwindigkeit von bis zu 100 Kilometern pro Stunde. Das auf dem Hamburger Dom stehende Modell ist 40 Meter hoch. Die Anlage wurde vom TÜV Essen abgenommen.

Als die Beamten am Fahrgeschäft eintrafen, hingen die beiden in der Gondel in etwa 30 Metern Höhe am Ausleger. Die Mitarbeiter des Fahrgeschäfts hatten das Unglück sofort bemerkt, schnell reagiert und die Maschine, die den Ausleger antreibt, gestoppt. Manuell wurde der Ausleger so weit gedreht, dass beide aussteigen konnten. Sanitäter des DRK betreuten die beiden geschockten Schülerinnen, die dann einem begleitenden Lehrer übergeben wurden. Die beiden Männer wurden etwas schwerer verletzt. Herabfallende Trümmer hatten den 24-Jährigen getroffen, der Prellungen am Oberkörper und Bein erlitt. Er kam mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus St. Georg, konnte nach ambulanter Behandlung aber wieder entlassen werden. Der zweite Mann hatte leichte Verletzungen durch Splitter an der Hand. Er wollte nicht zu einem Arzt.

Metallrohr durch Aufprallwucht verbogen

Am Dienstag untersuchten zwei Beamte der Brandermittlung des Landeskriminalamts (LKA 45) mehrere Stunden im strömenden Regen das Fahrgeschäft. Die Dienststelle ist auch für Betriebsunfälle zuständig, unter die das Unglück fällt. Sie sicherten Spuren und begutachteten die abgerissene Verstrebung. Das Metallrohr, an dem mit Schellen Leisten mit Glühbirnen aufgebracht sind, hing an einer Seite noch an dem Ausleger und war offenbar durch die Wucht beim Aufprall verbogen worden, als sich der Ausleger noch ein Stück weiter drehte. Auch der TÜV Rheinland war an den Untersuchungen beteiligt. Dort gibt es Experten, die speziell auf die Begutachtung solcher Fahrgeschäfte geschult sind.

Zwar gelten Fahrgeschäfte im Allgemeinen als äußerst sicher. Der TÜV prüft sie vor der Inbetriebnahme auf Herz und Nieren. Doch Unfälle hat es auf dem Dom bereits mehrere gegeben. Der folgenschwerste Dom-Unfall liegt fast 35 Jahre zurück – es handelt sich dabei um den schlimmsten Unfall eines Fahrgeschäfts in der deutschen Nachkriegsgeschichte überhaupt.

Sechs Tote bei Unfall im Jahr 1981

Das Unglück verschuldet hatte am 14. August 1981 der Inhaber einer Achterbahn. Weil er einen defekten Motor austauschen wollte, fuhr er um 1 Uhr nachts einen Teleskopkran aus, der in den Fahrbereich der Gondeln des benachbarten Fahrgeschäfts Sky Lab hineinragte. Sieben Menschen wurden bei der Kollision getötet, 15 zum Teil schwer verletzt. Der Verursacher wurde wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.

Drei Jahre später brach in der Achterbahn „Der blaue Enzian“ in einem Wagen ein Bolzen, so dass der Zug entgleiste. Ein Mann kam ums Leben, 18 wurden verletzt. Im November 1996 kollidierten auf dem Dom zwei Bahn-Gondeln der Achterbahn „Wilde Maus“, acht Menschen wurden verletzt. Drei Jahre später, am 16. April 1999, brach sich eine Jura-Studentin im Fahrgeschäft „Count Down“ das Genick an, als die Plattform des Karussells nach oben schnellte. Auslöser der schweren Verletzungen waren die enormen Fliehkräfte. Sie ist nach dem Unfall zu 100 Prozent behindert.

Anfang Dezember 2012 dann kamen die Fahrgäste des Loopingflug-Fahrgeschäfts „Flasher“ mit dem Schrecken davon. Es blieb unvermittelt auf dem Kopf stehen, eine halbe Stunde mussten neun Fahrgäste kopfüber in 68 Metern Höhe ausharren. Ursache des Unglücks war ein Stromausfall.