Erneut gibt ein Laden am Überseeboulevard auf. Neuer Eigentümer des Quartiers will individuelle Konzepte und Sonntagsöffnung.
Die Ladenschließungen am Überseeboulevard gehen weiter. Jetzt hat die Sportperle, die mit ihrer 220 Quadratmeter großen Fläche das Entree zu der Fußgängerzone in der HafenCity bildete und auf Skiausrüstung spezialisiert war, aufgegeben.
Vor geraumer Zeit hatten bereits die Modegeschäfte Etage Eins, Stoffsüchtig und die italienische Erlebnisgastronomie La Baracca geschlossen – hier zieht demnächst der italienische Feinkosthandel Andronaco ein. Doch mehrere Ladenflächen stehen leer oder sind durch Interimsmieter belegt. Nach Abendblatt-Information sind lediglich etwa 73 Prozent der Gewerbeflächen vermietet.
Das Problem besteht nicht nur am Überseeboulevard: In der HafenCity werden auch am Großen Grasbrook und am Kaiserkai noch Mieter für Einzelhandelsflächen gesucht. Auch das Brauhaus zum Schiffchen am Großen Grasbrook hat aufgegeben, hier ist inzwischen ein neues Restaurant eingezogen.
Geduld ist gefragt – bis der südliche Teil des Überseequartiers gebaut ist
Seit Ende vergangenen Jahres ist das nördliche Überseequartier in neuen Händen. Das Ensemble mit fünf Gebäuden und dem Boulevard als Herzstück wurde im Dezember 2014 von Gross&Partner und Propertize an den amerikanischen Immobilienkonzern Hines mit Hauptsitz in Houston verkauft. Der Kaufpreis soll bei rund 230 Millionen Euro gelegen haben. Der Hines-Deutschland-Geschäftsführer Christoph Reschke will individuelle Konzepte entwickeln, die die Kunden reizen sollen, zum Shoppen an den Überseeboulevard zu kommen. Und er fordert, die Sonntagsöffnung zuzulassen, um das Quartier für Touristen und Hamburger attraktiver zu machen.
Christoph Reschke gibt sich optimistisch: „Wir sehen ein großes Potenzial für den Standort HafenCity und damit auch für den Überseeboulevard. Aber wir wissen auch, dass wir Geduld haben müssen.“ Denn bevor nicht der südliche Teil des Überseeboulevards gebaut sei – und das wird nicht vor 2020/2021 der Fall sein – bleibe es eine Herausforderung, die noch zu schwache Frequenz von Kunden deutlich zu steigern, sagt Reschke.
Den Ankauf des Überseeboulevards Nord sieht man bei Hines, einem familiengeführten Unternehmen mit rund 3400 Mitarbeitern weltweit, als „ein langfristiges Investment. Wir wollen diese Immobilien im Bestand behalten und natürlich die Vermietung optimieren. Schließlich müssen wir Geld verdienen“, sagt Deutschland-Chef Reschke. Gut läuft es bei den 10.000 Quadratmetern Bürofläche, die komplett vermietet sind. Die 262 Mietwohnungen sind zu mehr als 85 Prozent belegt. „Hier wollen wir auf einen Vermietungsstand von deutlich mehr als 90 Prozent kommen“, sagt Reschke.
Die Fluktuation der Einzelhändler in der Fußgängerzone ist groß
Die Herausforderung aber sind die etwa 9000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche entlang des Überseeboulevards. Die Fluktuation der Gewerbemieter ist hier groß. Die Sportperle will an einem anderen Standort außerhalb der HafenCity weitermachen. Für die frei werdende Fläche soll es bereits fortgeschrittene Verhandlungen mit einem neuen Mietinteressenten geben.
Reschke gibt zu: „Wir werden auch in den kommenden Monaten weiterhin Mieterwechsel auf den Einzelhandelsflächen verzeichnen. Das ist aber ganz normal, solange der Überseeboulevard nicht stabilisiert ist.“ Es gebe eine „deutliche Nachfrage“ von Mietinteressenten, versichert er. Der Hines-Geschäftsführer hat Pläne: „Wir brauchen hier individuelle Konzepte wie Andronaco, die als Anlass dazu dienen, zum Shoppen an den Überseeboulevard zu kommen.“ Wichtig sei, die Hamburger für die Flaniermeile als Einkaufsviertel zu begeistern.
Immer wieder haben Politiker und Kaufleute den Bezirk aufgefordert, den Ladeninhabern die Sonntagsöffnung zu ermöglichen: „Die Sonntagsöffnung würden wir begrüßen, denn da ist die Frequenz auch durch die vielen Touristen erfreulich hoch, und dementsprechend würden die Geschäfte davon profitieren“, sagt Reschke. Auch regelmäßige Events sollen den Überseeboulevard beleben: Am 25. Juli ist der nächste Langschläfermarkt geplant, ein Flohmarkt. Kulturelle Veranstaltungen sollen in diesem Jahr noch folgen.
Und nicht alle Mieter sind unzufrieden am Überseeboulevard, wie beispielsweise der schon im Juni 2011 eröffnete Modeladen Marc & Daniel: „Wir sind sehr zufrieden und setzen auch in Zukunft auf diesen Standort“, sagt Marc Säger, der das Geschäft gemeinsam mit seinem Bruder Daniel führt. Die Frequenz habe sich nach und nach verbessert. Für eine weitere Belebung sei jetzt die Fertigstellung des südlichen Teils wichtig. Wie berichtet, will der Immobiliengigant Unibail-Rodamco den südlichen Teil des Überseequartiers entwickeln. Bis 2021 will das Unternehmen dort rund 860 Millionen investieren und neben einem Einkaufskomplex auch Wohnungen, Büros und ein neues Kreuzfahrtterminal bauen.