Hafencity. Nächste Woche wird Hamburgs neues Cruise Center auf Steinwerder eröffnet. Was die drei Standorte bieten – der große Abendblatt-Test.

Wenn Hamburgs drittes Kreuzfahrtterminal am kommenden Dienstag auf Steinwerder offiziell eröffnet wird, stärkt die Hansestadt ihre Stellung auf dem Kreuzfahrtmarkt. Pro Tag können dann an allen drei Standorten insgesamt 21.000 an- und abreisende Passagiere abgefertigt werden. Allein im vergangenen Jahr zählte Hamburg 590.000 Kreuzfahrer. Das Abendblatt hat jetzt alle drei Hamburger Terminals unter die Lupe genommen: das Cruise Center HafenCity (Großer Grasbrook/Chicagokai), das Cruise Center Altona (Van-der-Smissen-Straße 5) und das neue Terminal Steinwerder (Buchheisterstraße 14).

Anreise: Das 2004 eröffnete Cruise Center in der HafenCity ist im Vergleich zu den beiden anderen am besten an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Die Passagiere können mit der U 4 unmittelbar vor das Gelände fahren (Haltestelle Überseequartier) und sind nach rund 250 Metern bereits im Terminal. Außerdem fährt hier die Busline 111 (Haltestelle Marco-Polo-Terrassen). Wer die Hamburger City zu Fuß erkunden will, hat dort die beste Ausgangsposition.

Das neue Cruise Center Steinwerder liegt dagegen weit ab vom Schuss. Die nächste S-Bahn-Haltestelle ist kilometerweit entfernt und für einen Fußweg absolut ungeeignet.Derzeit ist das Kreuzfahrtterminal von der Haltestelle Argentinienbrücke (Bus 156/Fähre 73) aus zu erreichen (Entfernung rund ein Kilometer). Dafür bietet Steinwerder für die Eigenanreise per Auto den besten Komfort. Das Straßen- und Kreuzungsnetz wurde modernisiert, es gibt neue Ampelanlagen und 1500 Lang- und Kurzzeitparkplätze. In naher Zukunft ist die direkte Anbindung an eine Fähre geplant. Den Anleger dafür gibt es bereits. Zum Cruise Center Altona können die Reisenden mit der Hafenfähre 62 (Anleger Dockland), dem 111er-Bus und den Altonaer Bahnhof oder über die S-Bahn-Haltestelle Königstraße gelangen. Selbstverständlich bieten die meisten Reedereien Shuttlebusse an. Außerdem stehen Taxen bereit. Wie Nadine Palatz, Managing Director im Hamburg Cruise Center, sagt, reisen 50 Prozent der Passagiere mit dem Auto zu den Terminals HafenCity und Altona an und 25 Prozent per Bahn; die Übrigen kommen per Flugzeug und Charterbus nach Hamburg.

Parken: Wer seinen Wagen für die Dauer der Kreuzfahrt auf dem Gelände abstellen will, hat dafür in Altona und in der HafenCity keine Gelegenheit. Der Betreiber verweist auf die umliegenden Parkhäuser und einen speziellen Parkservice, den Reedereien mit privaten Valet-Anbietern offerieren. Kostenfreies Parken ist lediglich solange möglich, bis das Schiff wieder ablegt. Auf Steinwerder stehen 1500 Parkplätze zum Preis von mindestens 99 Euro pro Woche bereit. Die Buchung per Internet wird empfohlen.

Kapazität:
Das leistungsstärkste Kreuzfahrt-Terminal ist der Neubau auf Steinwerder mit seinen beiden Gebäuden auf einer Gesamtfläche von zwei Fußballfeldern. Im Vergleich zu den anderen Cruise Centern ist Abreise und Ankunft räumlich strikt getrennt. Pro Tag können dort bis zu 8000 an- und abreisende Gäste abgefertigt werden. „In Altona sind es 6000 und in der HafenCity mit den beiden Hallen rund 7000 an- und abreisende Passagiere pro Tag, sagt Joachim Köhn von der Geschäftsführung der HCC Hanseatic Centers GmbH. Auf Steinwerder können Schiffe bis zu einer Gesamtlänge von 350 Metern anlegen – genug Platz also für die „Queen Mary 2“. Während in Altona nicht zwei Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig anlegen können und die Länge auf 300 Schiffsmeter begrenzt ist, verfügt der Grasbrookhafen über eine Kapazität von 545 Schiffsmetern.

Gastronomie, Geschäfte, Service: In allen Cruise Terminals gibt es kleine Bistros mit Getränken und Snacks. Die Anlage in der HafenCity verfügt über 150 Plätze, das Cruise Center in Altona mit Außenterrasse über gut 30 Plätze; auf Steinwerder sind es in der Ankunftshalle 70. Wer internationale Maßstäbe anlegt und Shopping-Malls und Duty-free-Shops wie in Dubai und der Karibik erwartet, wird in Hamburg enttäuscht: So etwas gehört an der Elbe nicht zum Konzept. Einen Shop für Passagiere gibt es nur auf Steinwerder. Informationen über die Hansestadt erhalten die Gäste an einem mobilen Stand auf Steinwerder, in Altona und in der HafenCity. Direkt neben dem Altonaer Cruise Center sind Stationen internationaler Autovermieter. Alle Kreuzfahrt-Terminals haben einen Sanitätsraum mit Defibrillatoren. Wenn ein Schiff anlegt, arbeiten auf Steinwerder gut 90 Leute, in Altona und der HafenCity sind es jeweils 70 – vom Zoll über die Sicherheitskräfte bis hin zum Servicepersonal.

Gangway: Im Cruise Center HafenCity stehen fünf auf Hamburger Verhältnisse zugeschnittene Gangways zur Verfügung, die eher rustikalen Geh-Komfort bieten. Altona verfügt über eine automatische Gangway, die modernen internationalen Standards entspricht. Eine Neuheit sind die beiden Brücken auf Steinwerder. Zum ersten Mal in einem deutschen Hafen gibt es zwei symmetrische Brücken, um gleichzeitig ankommende und abreisende Gäste abzufertigen. Der Clou: Um Höhenunterschiede auszugleichen, können die Brücken wahlweise Treppenfunktionen übernehmen – ein Patent des Herstellers Adelte in Barcelona.

Architektur: Alle drei Cruise Center sind mit ihren Kastenformen absolut funktional ausgerichtet. Das neue Terminal auf Steinwerder wurde in Kooperation mit dem Hamburger Flughafen nach dem Vorbild einer Airport-Halle entworfen; die Ankunftshalle richtet sich im Zollbereich strikt nach den Vorschriften. Attraktion in Altona ist eine für alle zugängliche Dachterrasse.

Crew: In der HafenCity und auf Steinwerder ist die Deutsche Seemannsmission mit einem kleinen Laden präsent. Hier bekommen die Crewmitglieder auf Wunsch kostenlosen WLAN-Zugang. Der Laden auf Steinwerder ist deutlich größer als in der HafenCity und bietet auch Kosmetika an. In Altona ist die Seemannsmission mit einem kleinen Stand präsent, an dem die Philippinos die beliebten Schweinekrusten zum Preis von 2,40 Euro kaufen können. WLAN wird hier nicht angeboten. Die Organisation verweist auf das umfangreiche Angebot ihrer Einrichtung, die nur knapp 200 Meter vom Terminal entfernt ist.

Fazit: Die drei Cruise Center erfüllen ihre Funktion; sie sind puristische Ankunfts- und Abreisegebäude ohne große Aufenthaltsqualität. Während die Gäste im Ankunftsbereich des Flughafens mit vielen Hamburg-Fotos begrüßt und auf die Metropole eingestimmt werden, fehlt eine solche Begrüßungskultur in den Cruise Centern – da muss nachgebessert werden. Das Terminal in der HafenCity überzeugt mit seiner unmittelbaren Nähe zur Innenstadt. Altona punktet mit der Dachterrasse – dem besten Platz zum Winken – und das neue Terminal Steinwerder mit dem exzellenten Dauerpark-Angebot.