Hamburg. 20 jüdische Kinder wurden kurz vor Kriegsende im Keller eines Schulgebäudes ermordet. Gedenkstätte und Jugendliche halten Erinnerung wach.

70 Jahre nach der Ermordung von 20 jüdischen Kindern in Hamburg-Rothenburgsort ist in der ehemaligen Schule am Bullenhuser Damm der Opfer gedacht worden. In einem Grußwort erinnerte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) am Montag an die Umstände des NS-Verbrechens. Die zehn Jungen und zehn Mädchen, an denen in Neuengamme medizinische Experimente gemacht wurden, seien am 20. April 1945 völlig ahnungslos gewesen. Sie hätten an einen Ausflug geglaubt und noch Puppen und Spielzeug dabei gehabt. Am Morgen nach den Morden im Keller der Schule habe der Hausmeister das Holzspielzeug verfeuert. Alle Spuren des Verbrechens sollten verwischt werden. „Wir aber erinnern uns“, betonte der Senator. Die Namen der Kinder und ihre Geschichte seien bekannt.

Das Gebäude, in dessen Keller die Kinder ermordet wurden
Das Gebäude, in dessen Keller die Kinder ermordet wurden © dpa | Bodo Marks

Barbara Hüsing von der Vereinigung der Kinder vom Bullenhuser Damm berichtete von den schwierigen Anfängen des Gedenkens in der ehemaligen Schule. Über die Nachkriegszeit sagte sie: „Es schien so, als ob die Nazis ihr Ziel erreicht hätten: Sie wollten, dass ihre Opfer für immer verschwinden.“ Als die Tochter eines Widerstandskämpfers 1956 einen Artikel über den Kindermord für eine Zeitung schrieb, sei der Verfassungsschutz aktiv geworden, weil man kommunistische Propaganda vermutet habe. Erst 1982 habe die Vereinigung eine Ausstellung in dem Schulgebäude einrichten können, sagte Hüsing.

An der Gedenkveranstaltung nahmen neben Vertretern von Politik, Kirchen und Vereinen auch Angehörige der Opfer teil. Landesrabbiner Shlomo Bistritzky sprach ein jüdisches Totengebet. Rund 50 Jugendliche aus den Herkunftsländern der ermordeten Kinder zeichneten auf einem Workshop den Leidensweg der Jungen und Mädchen nach. Eine Studentin aus Radom in Polen stieß bei ihren Recherchen in Neuengamme auf ihren Familiennamen. Möglicherweise sei auch ihr Urgroßonkel dort inhaftiert gewesen, sagte Ola Janikowski. Die 18-Jährige will nun in ihrer Familie weiter nachforschen.

Noch ist über einige der Kinder außer Namen und Geburtsdatum fast nichts bekannt. Die Jugendlichen wollen auch mit Hilfe des Internets weiter nach Informationen über die Opfer suchen. (dpa)