Küchenstars wie Christoph Rüffer, Kevin Fehling und Johannes King lassen sich in die Töpfe gucken und geben einen Vorgeschmack auf die neuen Speisekarten.
Hamburg. Eigentlich kreiert Patissier Christian Hümbs hier seine fantasievollen Desserts. An diesem Vormittag drängen sich in seiner Küche des Restaurant Haerlin im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten neun Köche. Statt süßer Verführungen arrangieren sie auf einem Sauerrahmring eine Kreation aus Rote-Bete-Ringen in Sauerteig, Sauerampfer, Fichtensprossen und winzigen Chips aus Jacobsmuscheln. „Noch zwei Minuten“, ruft einer der Köche, der gerade ein weiteres Tablett reinträgt. Würziger Rauchgeruch umweht die Jacobsmuschel darauf. Die letzten Teller werden noch bestückt. Sous-Chef Tobias Günther gibt noch einen leichten Sud darauf. Und als I-Tüpfelchen: geeiste Perlen aus Sauerampfer und roter Bete.
„Alpha“ haben Küchenchef Christoph Rüffer und sein Team das neue Vorspeisen-Arrangements genannt. Es gibt, so viel sei an dieser Stelle schon verraten, auch ein „Omega“. Unter dem Motto „Nordisch by Nature“ hatte das Online-Portal Sternenfresser.de am Montag elf Köche mit 14 Sternen zu einem Ideenaustausch eingeladen. „CookTank“ nennen sie das Zusammentreffen, das Koch- und Denkfabrik sein soll, und bereits zum achten Mal stattfindet. Für den Norden ist es Premiere. Acht Küchenstars der Küstenregionen sind in die Küche von Gastgeber Rüffer gekommen, dazu drei junge Talente.
Die Spielregeln sind einfach: Nacheinander kocht jeder der Spitzenköche ein Gericht, das dann gemeinsam verkostet wird. „Es geht um Diskussionen über den Tellerrand hinaus“, erklärt Sternefresser-Herausgeber Christian Stromann die Idee der Veranstaltungsreihe. Voraussetzung ist, dass die Gericht noch nie auf einer Speisekarte standen.
Und dann kommt die spannende Frage: Bestehen die neuen Kreationen vor dem fachkundigen Publikum, zu dem auch Fachjournalisten, Foodblogger und Branchenkenner zählen? Kaum sind die Teller aus der Zwei-Sterne-Küche von Christoph Rüffer raus, wird es plötzlich sehr still in dem großen Küchentrakt des Haerlin. Dann kommen schon die ersten Fragen. „Was ist in der Creme drin?“, will Sternekollege Johannes King aus dem Söl’ring Hof in Rantum auf Sylt wissen. Dann geht es um Wacholderholz, die beste Erntezeit für Fichtensprossen und nachhaltige Fischzucht.
„Insgesamt super gelungen“, lobt Erik Scheffler, Sous-Chef des Gut Lärchenhof in Köln, die Verbindung des Rauchigen der Jacobsmuscheln mit süßen Roten Beten und Sauerampfer-Säure. Auch Robert Stolz, Küchenchef im Restaurant Stolz im holsteinischen Plön, ist angetan. „Aber ich brauche die kleinen Kügelchen nicht. Das ist optisch schön, aber mir zu kleinteilig“, sagt er.
Währenddessen türmen Kevin Fehling, mit drei Sternen dekorierter Küchenchef im Restaurant La Belle Epoque in Travemünde, und sein Sous-Chef Alexander Hohlwein in einem anderen Teil der Küche liebevoll Erdbeergelee, Langusten-Carpaccio, Rhabarber, Mandelcreme in hauchdünnen Schichten auf Waldmeister-Macaron, darüber feingezupfte Basilikumkresse und geeiste Waldmeisterpderlen. Funktioniert das ? Gleich sind die letzten Vorbereitungen fertig, dann schlägt wieder die Stunde der Wahrheit.
Selbstbewusst präsentiert der junge Kochstar Fehling die Kombination aus Erdbeere, Mandel, Rhabarber und Waldmeister als Markenzeichen seines Restaurants, und bekommt positives Feedback für die „tolle Kombination“. „Lob ist was Schönes, das man mitnehmen kann“, sagt sein Sous-Chef Hohlwein. „Aber Kritik ist auch wichtig.“
Deshalb sind die Sterneköche schließlich gekommen. Auch Sebastian Zier (La Mer) und Jens Rittmeyer (KAI3) beide von der Insel Sylt, sowie Christian Richter (Perior) aus dem ostfriesischen Leer lassen sich an diesem Tag in die Karten gucken. „Es ist ein schöner Austausch“, sagt Ralf Haug, der sich im Restaurant Freustil im Ostseebad Binz einen Stern erkocht hat. „Und eine Ehre, eingeladen zu sein.“
Besonders hart mussten die drei jungen Köche darum kämpfen, die als Wildcard-Gewinner in die illustre Truppe kamen. Maximilian Goldberg (Schlössl) aus Oberrotterbach und Christian Steska (Christian & Friends Tastekitchen) aus Fulda hatten die Jury durch die eingereichten Rezepte überzeugt – aus 46 Bewerbungen. Erik Scheffler gelang es, über Facebook so viele Likes zu erreichen, dass er dabei sein konnte. „Mir war das sehr wichtig, weil ich mal sehen wollte, wo ich kulinarisch stehe“, sagt der 28-Jährige. Er hat einen Schafsquark mit Heidelbeeren, Senf und Knäckebrot mitgebracht.
Gemeinsam kochen macht Spaß. Auch Spitzenköchen. Haerlin-Chef und Gastgeber Rüffer hat mit seinem Team außer der Vorspeise auch noch ein Dessert zu bieten. „Omega“ von Patissier Christian Hümbs ist der krönende Abschluss des Tages. „Das Besondere ist, dass wir es aus den gleichen Zutaten machen wie die Vorspeise“, sagt der Sternekoch. „Nur die Jacobsmuschel lassen wir weg.“ Man darf gespannt sein.