Zehntausende feierten zwei Tage lang im Portugiesenviertel am Wochenende das Kulturfest. 50. Jahrestag des Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und Portugal.

Hamburg. Vor dem Restaurant „O Pescador“ in der Reimarusstraße Nr. 4 präsentiert eine Fado-Gruppe gerade portugiesische Folkloremusik, Passanten sind im Tanzrausch. Ein paar Meter weiter in der Ditmar-Koel-Straße vor dem Tapas-Restaurant „Julio´s“ heizt wenig später Steven Freire, 24, dem Publikum mit Pop-Songs ein. Passanten johlen, während die Kellner sich tänzerisch im Rhythmus durch die Tische schlängeln. „Great“, so viel südländisches Flair hätten sie in Hamburg nicht erwartet, sagt ein Ehepaar aus Vancouver – Szenen vom Kulturfest, das Zehntausende zwei Tage lang im Portugiesenviertel zelebrierten. Mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen ist Hamburg in diesem Jahr das Zentrum der Feierlichkeiten anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und Portugal. Allein in Hamburg leben zurzeit fast 9000 Bürgerinnen und Bürger mit portugiesischem Pass.

Und viele von ihnen sind in jenem Viertel zwischen Landungsbrücken und Michel am Hafen zu Hause. Portugiesische und brasilianische Fahnen hängen von einigen Fenstern herunter, in den kleinen Straßen sind die Bars und Restaurants gut gefüllt. Von nicht ganz so weit her wie die Touristen aus Vancouver, nämlich aus Rahlstedt, sind die Rentner Marion, 65, und Michael Goldberg, 70, ins Portugiesenviertel zum Fest gekommen. „Unsere Tochter wohnt hier. Wir lieben das Viertel. Es gibt gutes Essen, ist ein wunderbarer Ort der Begegnungen“, sagt Michael Goldberg. Das Portugiesenviertel bekam seinen Namen nie offiziell verliehen. In den 1960er- Jahren war es dank seiner Nähe zum Hafen Anziehungspunkt für die seefahrenden Portugiesen, die dort Restaurants und Bars eröffneten. Zeitweise war dort früher auch ein kleines Polenviertel angesiedelt, weil auch viele Gastarbeiter aus Polen nach Hamburg kamen.

Ob die Touristen von der Historie etwas wissen, die sich gerade vor einem Verkaufsstand für WM-Artikel drängeln? Sie interessieren sich für die bunten Mützen, Hüte und die andere nützliche Fan-Ware für die bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft, natürlich meist aus Portugal und Brasilien. „Rund 70 davon haben wir schon in wenigen Stunden verkauft“, sagt der Inhaber Mafi, 56, und freut sich. Als eine Brasilianerin nach dem Preis auf Portugiesisch fragt, lässt Mafi sich nicht aus der Ruhe bringen. Er ist Iraner, lebt im Portugiesenviertel seit Jahrzehnten. Portugiesisch? Er antwortet auf Deutsch. Das versteht die Brasilianerin. Sie lächelt, die Verständigung im Portugiesenvietel funktioniert eben.