Bislang wurde der Stintfang nur mit kulturell und wissenschaftlich bedeutsamen Einrichtungen bebaut. Jetzt wird erstmals ein Stück des früheren Ringwalls privatisiert.

Hamburg. Hamburg Museum, Seewarte, Landgericht und Jugendherberge – bislang wurden die historischen Wallanlagen, zu denen auch der Stintfang gehört, nur mit kulturell und wissenschaftlich bedeutsamen Einrichtungen bebaut. Jetzt wird erstmals ein Stück des früheren Ringwalls privatisiert: Gerade hat die Stadt ein rund 1000 Quadratmeter großes Grundstück zu Füßen des Stintfangs an den Investor Euroland verkauft.

Er will dort und auf dem kleineren Nachbargrundstück, das er vor acht Jahren erwarb, ein bis zu sechs Stockwerke hohes Gebäude mit 52 Wohnungen errichten. Es ragt in den Stintfang hinein und wird die Wahrnehmbarkeit des Bodendenkmals einschränken – ebenso wie die Aussicht auf Elbe und Elbphilharmonie. Aus diesem Grund ist das Vorhaben bei Denkmalschützern und Anwohnern höchst umstritten.

Pikant: Der Verkauf wurde zwei Tage, bevor der Stadtplanungsausschuss des Bezirks Mitte über den Bebauungsplan abstimmen wollte, vollzogen. Und: Der Vorsitzende des Ausschusses hatte die tags zuvor veröffentlichten Unterlagen nicht gelesen, zu denen auch (ablehnende) Stellungnahmen von Denkmalrat und Denkmalschutzamt gehörten. Er wollte die Abstimmung daher vertagen, wurde aber überstimmt – Mitglieder äußerten, dass sie mit einer Beschlussfassung den Vorgang endgültig abschließen wollten und es „nicht notwendig“ sei, alle Informationen in die Entscheidung mit einzubeziehen. Diese Haltung ärgert die Gegner.

„Hier werden Einschätzungen der Denkmalschützer anscheinend als nicht mehr zeitgemäß und ignorierbar eingestuft“, sagt Manfred Giovanett von der Anwohnerinitiative. „Außerdem müssen Entscheidungsträger offenbar nicht über einen Sachverhalt informiert sein, um darüber abstimmen zu können.“ Einwände der Bürger würden zwar zugelassen, aber nicht in die Entscheidungsfindung mit einbezogen.

Auch der Kunst- und Architekturhistoriker Hermann Hipp hatte sich gegen eine Bebauung ausgesprochen. „Diese Situation zu bebauen kann nur zu einer schwerwiegenden Verletzung der Stadtlandschaft an einer ihrer wertvollsten Stellen führen“, sagt er. Außerdem verstoße der Wohnblock in „peinlicher Weise“ der im frühen 19. Jahrhundert getroffenen Übereinkunft der bedeutungsvollen Bebauung.