Rund 9000 Menschen sind nach Angaben der Polizei am Sonnabend aus Solidarität mit der Flüchtlingsgruppe „Lampedusa in Hamburg“ auf die Straße gegangen. Es sei zu keinen größeren Auseinandersetzungen gekommen.

Hamburg. Nach der Demonstration unter dem Motto „Solidarität mit Lampedusa in Hamburg“ mit rund 9000 Teilnehmern ist es am Sonnabend nach Angaben der Polizei friedlich geblieben. Es sei zu keinen Sachbeschädigungen oder größeren Auseinandersetzungen gekommen. „Bis Mitternacht lieferte sich die Menge mit der Polizei ein Katz- und Mausspiel. Es ist aber alles ruhig verlaufen“, sagte ein Polizeisprecher.

Aus Protest gegen die Hamburger Flüchtlingspolitik war am Nachmittag ein Demonstrationszug durch die Hamburger Innenstadt gezogen. Start- und Endpunkt war der Hauptbahnhof. Schon ab etwa 13.30 Uhr versammelten sich dort die ersten Demonstranten am überfüllten Hachmannplatz, den gleichzeitig viele HSV-Fans auf ihrem Weg ins Stadion als Treffpunkt nutzten.

Um 15 Uhr setzte sich der Protestmarsch in Bewegung und erreichte um kurz vor 16 Uhr den Jungfernstieg. Die geplante Demo-Route verlief über den Steintordamm, die Mönckebergstraße, den Jungfernstieg und Neuen Jungfernstieg und dann über den Glockengießerwall zurück zum Hauptbahnhof. Rund 800 Polizisten waren im Einsatz.

Pro Asyl und die Landesflüchtlingsräte hatten zu der Kundgebung aufgerufen. Die rund 9000 Demonstranten forderten ein Bleiberecht für die 300 afrikanischen Flüchtlinge, die sich seit Mai in der Hansestadt aufhalten. Die Protestaktion ist damit eine der größten der vergangenen Wochen. Der Zug war so lang, dass er beinahe um die ganze Binnenalster herum reichte.

„Das ist ein starkes Signal für den Flüchtlingsschutz und drückt die Empörung gegen das Massensterben im Mittelmeer aus“, sagte am Sonntag der Europa-Direktor der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Karl Kopp.

Lampedusa-Flüchtlinge auf Grünen-Parteitag

Ein wenig mulmig war manchem Grünen dann doch: Direkt gegenüber der Polizei „Lampedusa-Flüchtlinge“ auf dem Parteitag sprechen zu lassen, erschien gewagt. Doch Partei und Flüchtlinge waren sich einig: Für die Afrikaner muss eine politische Lösung her.

Die Flüchtlingsgruppe „Lampedusa in Hamburg“ hat auf der Landesmitgliederversammlung der Grünen ihre Forderung nach einem gemeinsamen Aufenthaltsrecht noch einmal erneuert. Die meisten der rund 300 afrikanischen Flüchtlinge seien traumatisiert und befänden sich in einer humanitären Notlage, sagte einer der Initiatoren der Gruppe, Asuquo Udo, am Sonnabend auf dem direkt gegenüber der Polizei veranstalteten Grünen-Parteitag im Bürgerhaus Wandsbek. Erneut appellierte er an den SPD-Senat, eine politische Lösung zu finden. Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Antje Möller, forderte den Senat auf, endlich tätig zu werden. Für den Nachmittag war am Hauptbahnhof erneut eine Solidaritätsdemonstration für die Flüchtlinge geplant.

Die vornehmlich aus Westafrika stammenden Männer waren als libysche Kriegsflüchtlinge 2011 über die Insel Lampedusa nach Italien gekommen. Im März dieses Jahres kamen sie nach eigenen Angaben nach Hamburg, nachdem sie von dem südeuropäischen Land in Richtung Norden geschickt worden waren. Rund 80 der Flüchtlinge haben seit Juni Unterschlupf in der St. Pauli Kirche gefunden. Bislang hatten sich die inzwischen mehrheitlich illegal in Deutschland aufhaltenden Männer gegen die Forderung der Innenbehörde gewehrt, ihren Namen zu nennen und ihre Fluchtgeschichte zu erzählen. Sie wollen als Gruppe ein Aufenthaltsrecht bekommen.

Udos Mitstreiter Friday Emitola wies auf dem Parteitag Berichte zurück, wonach die Gruppe inzwischen gespalten sei. Er räumte jedoch ein, dass 10 bis 15 der in der St. Pauli Kirche untergekommenen Flüchtlinge das Angebot des Senats auf eine Duldung bis zum Ende des Verfahrens angenommen hätten. Der Rest der Gruppe wolle jedoch weiter einen gemeinsamen Aufenthaltsstatus.

Die Flüchtlingsexpertin Möller nannte die Gruppe ein Symbol für eine nicht funktionierende europäische Flüchtlingspolitik. Sie forderte die alleinregierende SPD, die ja selbst unzufrieden sei, auf, von Hamburg aus ein Signal zu setzen. Das Angebot des Senats, den Flüchtlingen eine Duldung zuzugestehen, bis ihre Einzelverfahren abgeschlossen seien, helfe nur für das Verfahren selbst. Nötig sei jedoch eine politische Entscheidung für ein humanitäres Bleiberecht.