Seit Anfang Juni haben rund 80 Menschen in der St.-Pauli-Kirche Zuflucht gefunden. Neumann wirft den Unterstützern vor, mithilfe der aktuellen Situation die Abschaffung des Schengen-Abkommens voranbringen zu wollen.
Hamburg. In der aktuellen Debatte um die libyschen Flüchtlinge hat Innensenator Michael Neumann (SPD) Teile der Unterstützer-Gruppe scharf kritisiert. Diese würden „das Schicksal dieser Menschen für ihre Forderungen missbrauchen“, sagte Neumann im Interview mit dem Abendblatt. Seit Anfang Juni haben rund 80 Menschen, die aus Libyen über das italienische Lampedusa nach Hamburg gekommen sind, in der St.-Pauli-Kirche Zuflucht gefunden. Nach einem wochenlangen Stillstand scheint es zudem nun erstmals Verhandlungen zwischen den Flüchtlingen und der Stadt zu geben.
In der Sache bleibt Neumann weiterhin hart. So fordert er, dass die afrikanischen Flüchtlinge ihre Identitäten offenlegen, damit deren Anliegen individuell geprüft werden können. „Flüchtlinge aus Afghanistan, Tschetschenien oder dem Iran befolgen unsere Gesetze und Regeln. Dies erwarte ich auch von allen anderen Flüchtlingen“, so der Innensenator. Den Flüchtlingen aus Afrika sei die Hoffnung gemacht worden, sie könnten ein Aufenthaltsrecht als Gruppe erlangen. Diese Hoffnungen seien von „wenig verantwortlicher Seite geschürt“ worden. „Vielleicht haben die Menschen den falschen Beratern geglaubt“, so Neumann.
Der Senator nennt zwar keine Namen, adressiert sind seine Vorwürfe aber wohl an die Flüchtlingsorganisation Karawane und die Linksfraktion, die sich in der Flüchtlingsfrage engagiert haben. Neumann wirft den Unterstützern vor, mithilfe der aktuellen Situation die Abschaffung des Schengen-Abkommens voranbringen zu wollen. „Wer diese Ansicht teilt, kann diese durch die Teilnahme an der Bundestagswahl voranbringen, gewiss aber nicht dadurch, dass man Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, für die eigenen Zwecke instrumentalisiert.“
Unterdessen hat es erste Gespräche zwischen der Stadt und den Flüchtlingen gegeben. „Kirche und Diakonie haben die Gespräche zwischen der Innenbehörde und Flüchtlingssprechern vermittelt. Wir begrüßen diese Entwicklung“, sagte Susanne Gerbsch, Sprecherin der Bischofskanzlei Hamburg.
Dies darf als Erfolg gewertet werden, da die Fronten zwischen der Kirche auf der einen Seite und der Stadt auf der anderen Seite als verhärtet galten. Die Kirche hatte sich bislang dagegen gesperrt, Fingerabdrücke von den Flüchtlingen nehmen zu lassen sowie Fotos von ihnen anzufertigen. Sie hatte dies stets als „Teil einer bereits beschlossenen Abschiebung“ bezeichnet. Der Senat hatte dagegen erklärt, dass diese Menschen in Hamburg keine Zukunft hätten und nach Italien oder in ihre Heimatländer zurückkehren müssten. Zusammen rund 300 dieser Flüchtlinge aus Afrika sind schon seit mehreren Monaten in Hamburg. Italien hatte deren Unterkünfte geschlossen und sie mit jeweils 500 Euro und Aufenthaltstitel für drei Monate im Schengen-Raum nach Deutschland geschickt.
Neumann gibt sich nun zuversichtlich, dass es zu einer Lösung für die Flüchtlinge kommen kann. „Ich habe große Hoffnung, dass sie sich nun Schritt für Schritt der Ausländerbehörde gegenüber öffnen und wir dann die Chance erhalten, ihre Fälle individuell zu prüfen. Dann werden wir sehen, ob es Aufenthaltsperspektiven gibt.“