Im Süden ging nichts mehr. Bahnstrecke zeitweise voll gesperrt. Wilhelmsburg war vom Bahnverkehr praktisch abgeschnitten. 20 Uhr Entwarnung.
Wilhelmsburg/Harburg. Schuld war mal wieder ein Blindgänger. Nach dem Fund der 500 Kilogramm schweren amerikanischen Fliegerbombe gestern Morgen auf dem Wilhelmsburger Busbahnhof kam der Bahnverkehr im Hamburger Süden von 10.20 Uhr an zum Erliegen. Wilhelmsburg war vom Bahnverkehr praktisch abgeschnitten. Insgesamt mehr als vier Stunden standen zwischen Hammerbrook und Harburg die Räder still - wer keine Alternative hatte, musste in Hammerbrook in den Bus umsteigen. Zudem wurde die Strecke zwischen Hauptbahnhof und Harburg für den Nah- und Fernverkehr der Deutschen Bahn komplett gesperrt. Alle Züge von und nach Süden endeten und begannen in Harburg.
Die Sperrung einer der Hauptverkehrsschlagadern Hamburgs sorgte für massive Verspätungen und Behinderungen: An den betroffenen Stationen, vor allem am S-Bahnhof Hammerbrook und dem Bahnhof Harburg, stauten sich Menschenmengen, auf den Straßen stockte der Verkehr. An den Ersatzhaltestelle versuchten entnervte Fahrgäste noch irgendwie in die Linien- und Ersatzbusse der Hochbahn zu gelangen. Doch weil die Busse bei Weitem nicht die Transportkapazität der S-Bahnen haben, kamen nicht alle mit. "Die Verkehrslage war geradezu chaotisch", sagt Hochbahn-Sprecherin Maja Weihgold.
+++ Weltkriegsbombe wird entschärft +++
+++ 500-Kilo-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft +++
Zweimal, einmal von 10.20 bis 13.30 Uhr, dann zwischen 18.30 und 20 Uhr, als der Kampfmittelräumdienst die Bombe entschärfte, wurde die Bahnstrecke komplett gesperrt. Zwar fuhr die S-Bahn am Mittag wieder - doch auch danach hielt sie nicht in Wilhelmsburg. Die Mitarbeiter der Hochbahn seien dem gewaltigen Andrang an den Bahnhöfen und Bushaltestellen kaum Herr geworden, sagte Hochbahn-Sprecherin Maja Weihgold.
Nach Angaben der Verkehrsleitzentrale stauten sich in Harburg und Hammerbrook die Menschen bis auf die Straße. "Unsere Busse, die Taubenschlägen glichen, konnten teilweise nicht halten, weil die Menschen die Haltestellen blockierten", so Weihgold. "Unser Glück im Unglück war, dass die Sperrung nicht während der Hauptverkehrszeit durchgeführt wurde."
Es war der zweite Bombenfund in Wilhelmsburg in nur vier Tagen. Bereits am Montag mussten Wohnungen mussten rund um die Rotenhäuser Straße nach dem Fund einer britischen, rund 500 Kilogramm schweren Fliegerbombe evakuiert werden. 2000 Menschen waren betroffen. Eine mit dem Auffinden von Blindgängern beauftragte Fachfirma hatte die Bombe am frühen Morgen auf dem Gelände des Busbahnhofs Wilhelmsburg entdeckt.
Dass die Sperrung überhaupt zeitweise wieder aufgehoben wurde, liegt am Bombentyp: Die amerikanische Fliegerbombe verfügt über einen Aufschlagzünder, der durch Vibrationen - etwa durch die Bahn oder den Autoverkehr - nicht aktiviert wird. Im Gegensatz zum deutlich empfindlicheren und damit gefährlicheren Säurezünder. "Aber das konnten wir ja erst am Morgen klären, nachdem der Kampfmittelräumdienst den Fundort stabilisiert hatte", sagte Feuerwehrsprecher Manfred Stahl.
Um 15 Uhr hat die Polizei gestern mit der Evakuierung begonnen, rund 750 Menschen mussten den 300 Meter großen Sperrradius verlassen. Die Stimmung war gelassen, selbst als Bundespolizisten von Haus zu Haus zogen, um die Anwohner zu informieren. Auch im Reisebüro im Wilhelmsburger Einkaufszentrum gingen an diesem Tag die Lichter früher als gewöhnlich aus.
Mitarbeiterin Regina Grabianowski wartete nur noch auf ihre Chefin, um das Geschäft zu schließen. Verärgert war die 27-Jährige nicht. "Man kennt das ja", sagte sie. Bereits im Vorjahr hatte Grabianowski das Reisebüro zweimal wegen eines Bombenfunds geschlossen. "Dann mach ich jetzt halt früher Feierabend", sagte sie.
Auch Anke Kewitz musste mit ihrem Mann die Wohnung verlassen. Für die 59 Jahre alte Wilhelmsburgerin aber kein Problem: "Wir nehmen die Räder und fahren einfach in unseren Garten in Georgswerder", sagte sie.
Um 20 Uhr wurde es dann wieder ruhig in Wilhelmsburg, nachdem der Kampfmittelräumdienst die Bombe routiniert entschärft hatte. Danach hieß es auch auf der Strecke Richtung Süden wieder - die Bahn ist frei.