Zur Feier des Jubiläums ist heute bis 16 Uhr eine historische U-Bahn auf der Linie U3 im Einsatz. Auch einige Fahrgäste sind “historisch“.

Hamburg. „Einsteigen, bitte!“, schallt es, ganz ohne technische Verstärkung, durch den Zug. Eine Trillerpfeife ertönt, dann schließt Kurt Müller, Verkehrsmeister der Hochbahn und heute als Schaffner im Einsatz, von Hand die Holztüren des alten Waggons. Und los geht die ruckelige Fahrt mit der alten Bahn, die auf den Tag genau vor 100 Jahren die Jungfernfahrt auf der fertiggestellten ersten Hamburger U-Bahn-Ringlinie absolvierte. Denn am 29. Juni 1912 wurde der letzte Streckenabschnitt der heutigen Linie U3, das Stück zwischen Rathaus und St. Pauli, eingeweiht. Und zur Feier dieses Jubiläums holt die Hamburger Hochbahn AG ihr „Schmuckstück“, den historischen T11-Waggon, vom Betriebsgelände in Barmbek und setzte ihn am Freitag zwischen 9 und 16 Uhr auf der Linie U3 ein – als Überraschung für die Fahrgäste.

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Die nehmen zum Teil erst etwas verwundert und zögerlich, zum Teil aber auch mit spontaner Begeisterung auf den Mahagoni-Bänken der 3. Klasse oder auf den Polstersitzen der 2. Klasse Platz. „Ich war mir erst gar nicht sicher, ob ich in diesen Zug mit meinem normalen Ticket überhaupt einsteigen darf“, sagt Julia Paszkiewicz (30). „Aber ich finde, das ist eine tolle Idee, diese historische Atmosphäre ist faszinierend!“ Auch Fahrgast Dieter Letzner ist begeistert. „Schön, dass man so etwas mal miterleben kann“, findet er. „Es interessiert mich, zu sehen, wie so ein Waggon aus alten Zeiten aussieht – mit den Klasseneinteilungen und den Werbeplakaten von damals!“

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Für Schmunzeln sorgen auch Hinweisschilder mit Regeln wie „Damen mit unverdeckten Hutnadelspitzen sind von der Beförderung ausgeschlossen“ oder „Beim Niesen, Husten, Spucken bediene dich des Taschentuchs“. Damit sich die Fahrgäste zeitlich wirklich um ein Jahrhundert zurückversetzt fühlen, spazieren Schauspieler in historischen Gewändern durch die Waggons und unterhalten die Passagiere mit wahren Anekdoten. „20 Pfennig habe ich für diese Fahrt bezahlt!“, ruft eine Fischbrötchenverkäuferin. „Dafür könnte man vier meiner Brötchen kaufen!“ Tatsächlich kostete ein Ticket für die 3. Klasse früher einmal 20 Pfennig, erklärt Maja Weihgold von der Hamburger Hochbahn AG. „Das war damals noch viel Geld.“ Doch für die Hafenarbeiter, von denen zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele nach Barmbek und Winterhude zogen, bedeutete die Bahnfahrt eine große Erleichterung gegenüber dem mühsamen Fußmarsch an die Elbe, so Weihgold.

Zugführer ist Hochbahn-Betriebsleiter Dr. Christoph Levin höchstpersönlich. Er fährt die historische Bahn von Barmbek aus mit Halt an den Haltestellen Mundsburg, Berliner Tor, Hauptbahnhof, Rathaus, Landungsbrücken, Schlump und Kellinghusenstraße bis Ohlsdorf – hier wendet die alte Bahn und fährt die gleiche Route zurück.

Zwischen Barmbek und Kellinghusenstraße sind noch bis 16 Uhr zwei historische Busse als Unterstützung für den Schienenersatzverkehr im Einsatz.

Zum Programm des Aktionstages zur Feier des 100-jährigen Jubiläums der Ringbahnlinie gehört auch eine Foto-Station an der Haltestelle Landungsbrücken. Hier kann man sich vor einem historischen Hintergrund nach Wahl fotografieren lassen – auf Wunsch auch mit historischer Verkleidung.