An der Elbphilharmonie wachsen Wohnungen und ein Hotel. Hochtief reagiert auf Schreiben der Stadt, fordert Geheimstatik und schlägt Mediator vor.
Hamburg. Während die Stadt und der Baukonzern Hochtief um den Weiterbau am Dach des Großen Konzertsaals streiten, wachsen Wohnungen und Hotel an der Elbphilharmonie in die Höhe. Das erste Hotelzimmer ist bereits komplett eingerichtet, und das Abendblatt konnte Einblick nehmen in die Juniorsuite im 9. Stock mit Blick über Elbe und HafenCity. Einzig die Frage, wann die ersten Gäste einziehen werden, konnte Arabella-Projektmanager Philipp Sanner, 36, noch nicht beantworten.
Auf der Internetseite des Westin Hamburg ist der 1. Juli 2013 als Eröffnungstermin angegeben. "Wenn es nach uns ginge, würden wir den Termin gerne einhalten", sagt Philipp Sanner. Der Hotelmanager steht im Schlafzimmer der 54 Quadratmeter großen Juniorsuite. Vom Bett aus geht der Blick über die Elbe, die gebogenen Fenster reichen bis runter auf den Boden, sodass man ziemlich senkrecht aus 40 Meter Höhe nach unten schauen kann. Eine kleine Klappe bietet die Möglichkeit, frische Luft und die Geräusche des Hafens hereinzulassen. Eine Glasscheibe mit einem Rollo trennt das helle Bad ab, sodass man sogar aus der Badewanne den Elbblick genießen könnte. Rechts geht es in den Wohnbereich mit Ledercouch, Schrankwand und Flachbildschirm.
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"Die Einrichtung besteht durchgängig aus Lindberg-Eiche in einem hellen Grauton", sagt Sanner. Im Spa-Bereich im sechsten Stock mit einem 25 Meter langen Schwimmbad sind alle Wände gefliest. "Die Fliesen verändern, je nach Lichteinfall, ständig ihre Farbe", sagt Sanner. Daran schließen fünf Saunen und Dampfbäder an, durch Schiebetüren können die Spa-Besucher hinaus auf kleine Balkone treten. "Frischluft-Loggia", nennt Sanner die früheren Ladeluken des Kaispeichers. Der Clou ist eine Spa-Suite mit eigener Sauna, Dampfbad und Whirlpool. "Wenn Anna Netrebko nicht mit ihren Fans saunieren will, kann sie sich hierher zurückziehen", sagt Sanner.
In dem 1200 Quadratmeter großen Wellnessbereich mit Fitnesscenter und in den Konferenzräumen sind sämtliche Wände verputzt. "Die Zusammenarbeit mit Hochtief ist sehr konstruktiv", sagt Sanner. Natürlich gebe es Abstimmungsbedarf, aber alle Beteiligten gingen vernünftig miteinander um.
Das gilt leider nicht für den öffentlichen Konzertbereich und den Umgang zwischen städtischer Bau KG und Hochtief - könnte sich jetzt aber ändern. Gestern schlug Hochtief die Einschaltung eines Mediators vor.
Rückblick: Nachdem die Stadt dem Baukonzern am 12. April eine Neuordnung des Projekts vorgeschlagen hatte mit der Bitte, sich zu dem Vorschlag bis spätestens 22. April zu äußern, ging gestern um 17 Uhr bei der städtischen ReGe ein vierseitiges Antwortschreiben plus elfseitiger Stellungnahme von Hochtief ein.
Tenor des Schreibens, das dem Abendblatt vorliegt: Der Konzern begrüßt einige Vorschläge der Stadt wie die bereits in einer gemeinsamen Absichtserklärung vom 6. März verhandelte Einrichtung eines unabhängigen Schiedsverfahrens.
Größtes Problem bleibt das Dach des Großen Konzertsaals, dessen Standsicherheit Hochtief für nicht nachgewiesen hält. Die Stadt hatte in ihrer Neuordnung dem Konzern eine Frist bis zum 31. Mai gesetzt, um das Dach abzusenken - ohne Mitwirkung des Auftraggebers. Hochtief schreibt nun: "Ein Weiterbau des Saaldachs ist schon aus strafrechtlichen Gründen nur nach einer Übergabe aussagekräftiger statischer Nachweise oder nach einer entsprechenden Ertüchtigung möglich."
Die Stadt stützt ihre Forderung zum Absenken auf zwei Gutachten, welche die Tragfähigkeit nachweisen würden. Hochtief würde absenken, allerdings nur auf Anweisung des Bauherrn. Der Konzern fordert zudem nun erstmals die Herausgabe dieser "Geheimstatik", die ihm bisher von der ReGe vorenthalten wird und schreibt: "Ihre Weigerung lässt den Eindruck entstehen, dass es diese Papiere entweder gar nicht gibt oder dass diese Vergleichsberechnungen eben nicht geeignet sind, unsere Bedenken auszuräumen".
Außerdem nennt der Konzern neue Vorwürfe hinsichtlich der Planung: So sei am 31. Januar die Umstellung der Kühlung in den Foyers beschlossen worden - von Decken- auf Wandkühlung. "Allein die Anpassung der Versorgungsbereiche erfordert eine nahezu flächendeckende Überarbeitung der Haustechnik-Ausführungsplanung und in Folge der kompletten Objektplanung", schreibt Hochtief.
Man bleibe gesprächsbereit, aber rege an, "zur Begleitung der Gespräche über eine Neuordnung eine Medikation zu installieren". Hochtief stellt sich vor, "dass ein erfahrener Mediators mit einem Mediations-Team die Gespräche begleitet."