Bad Segeberg/Hamburg. Sie sollten den G20-Gipfel in Hamburg schützen. Nach drastischem Fehlverhalten wurden drei Einsatzhundertschaften wieder abgezogen.

Die Szenen erinnern mehr an volltrunkene Partytouristen am Ballermann auf Mallorca als an deutsche Polizisten auf einer Dienstreise: Zehn Tage vor Beginn wird der G20-Gipfel am 7./8. Juli in Hamburg von einem gewaltigen Skandal überschattet. Beamte dreier Einsatzhundertschaften der Berliner Bereitschaftspolizei sollen sich in ihrer Unterkunft in Bad Segeberg auf drastische Weise danebenbenommen haben. Auf Twitter veröffentlichte die Berliner Polizei dazu ein kurzes Statement.

Unter anderem soll ein Polizistenpärchen auf dem Gelände des Levo-Parks, der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne, öffentlich Geschlechtsverkehr gehabt haben. Eine Kollegin soll zudem im Bademantel und mit Waffe in der Hand auf dem Tisch getanzt haben. Auch hätten mehrere männliche Beamte in einer Reihe gegen einen Zaun uriniert, heißt es aus Polizeikreisen. Bei dem Alkoholexzess soll es auch zu Sachbeschädigung gekommen sein. Bilder, die verschiedenen Medien zugespielt wurden, dokumentieren das Saufgelage im Hof.

Nach Abendblatt-Informationen wurden die insgesamt etwa 210 Berliner Bereitschaftspolizisten am Montagabend auf Bitten der Einsatzführung in Hamburg aus dem Einsatz entlassen. Sie waren erst am Sonntag in dem Containerdorf eingetroffen, das ursprünglich zur Aufnahme von Flüchtlingen aufgestellt worden war. Der Einsatz sollte ursprünglich noch bis Mittwoch andauern, dann sollten sie von weiteren Berliner Einheiten abgelöst werden.

Wolfgang Schmidt, Staatsrat für auswärtige Angelegenheiten und damit quasi Hamburgs „Außenminister“, hat den unangenehmen Vorgang bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundesregierungssprecher Steffen Seibert in Hamburg bestätigt: „Wir legen Wert auf gutes Benehmen – bei allen“, sagte Schmidt. „Das gilt für die Polizisten, das gilt für die Demonstranten und die auswärtigen Gäste. Da hat es offenbar ein paar Probleme gegeben, und deshalb sind drei Hundertschaften gebeten worden, sich nicht mehr an dem Einsatz zu beteiligen. Unangemessenes Verhalten wird von keinem toleriert.“

Motiv? Langeweile!

Nach Informationen des Senders RBB ist es außerdem zu einer Schlägerei mit einer Polizeieinheit aus Wuppertal gekommen. Diese hatte sich offensichtlich über das Fehlverhalten ihrer Kollegen beschwert.

Laut Berlins Polizeisprecher Thomas Neuendorf rechtfertigten sich die Hundertschaften damit, dass es keine Fernseher gegeben habe und man sich gelangweilt habe. "Aber man muss überlegen, wir reden nicht von einer Klassenfahrt von 16-Jährigen, das sind Polizisten, die dort zum Einsatz waren“, sagte Neuendorf der "Welt": "Da kann man nicht wie irre feiern und in der Öffentlichkeit bumsen, um das mal so deutlich zu sagen."

Möglicherweise handelte es sich allerdings auch um ein Führungsproblem: Die Vorgesetzten der Bereitschaftspolizisten sollen in einer anderen Unterkunft untergebracht worden sein.

Den Beamten drohen Konsequenzen

„Dieses Verhalten ist peinlich für die Berliner Polizei“, sagte Neuendorf der "Berliner Morgenpost". Die Beamten müssten mit drastischen Konsequenzen rechnen. Polizeipräsident Klaus Kandt soll wegen des Verhaltens aufgebracht sein. Von den Beamten seien Stellungnahmen angefordert worden. Wie viele Polizisten an den Exzessen beteiligt waren, steht noch nicht fest. Insgesamt sollen 1000 Polizisten aus Berlin zur Unterstützung in Hamburg sein, aber nicht alle gleichzeitig.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Berliner Polizei in diesem Jahr in die Schlagzeilen gerät: Erst vor wenigen Monaten war herausgekommen, dass zwei Brüder an der Polizeiakademie mit Drogen gehandelt haben sollen.

Berliner Polizeischüler fielen öfter negativ auf

Davor war bekannt geworden, dass ein anderer Azubi der Berliner Polizei mit Diebesgut gehandelt haben soll. Wegen des Verdachts der gewerbs- und bandenmäßigen Hehlerei war Mann vom Dienst suspendiert worden. Ermittler waren dem Polizeischüler nach einem Büroeinbruch auf die Spur gekommen. Bei ihm wurde eine der dort gestohlenen Kameras gefunden, wie die Behörde Anfang Februar mitgeteilt hatte. Der Azubi soll die Hehlerware im Kollegenkreis angeboten haben. Der 20 Jahre alte Mann war festgenommen worden, als er die Kamera verdeckten Ermittlern zum Kauf anbot – aus einem Autokofferraum vor seiner Schule.

Zuvor hatte der Auftritt eines Polizei-Azubis in einem Pornofilm für Aufsehen gesorgt. Der Mann hatte in einem Sexstreifen mitgespielt. Trotz Protesten war der Mann Ende Februar verbeamtet worden.

Hamburg wiederum hat bereits mit Exzessen auswärtiger Polizisten Erfahrungen gemacht. 2010 hatte eine Hundertschaft aus Sachsen-Anhalt im Luxushotel Steigenberger/Treudelberg ein Saufgelage veranstaltet.Die Beamten waren grölend und Bier trinkend durch die Flure getorkelt, hätten eine Hochzeitsgesellschaft gestört und Hotelangestellte verbal attackiert. Einer hatte sich im Flur erbrochen.