Hamburg. Vermisste Neunjährige in der Elbe tot gefunden. DLRG vergleicht Schwimmen in der Elbe mit „Spaziergang auf der Autobahn“.
Als der leblose Körper am Montagabend gefunden wurde, war der Verdacht sofort da: Bei der Wasserleiche, die die Besatzung eines Motorbootes auf der Elbe auf Höhe des Kraftwerkes Wedel entdeckt hatte, könnte es sich um den 15-Jährigen aus Harburg handeln, der am Freitag bei einem Badeunfall in Blankenese von der Strömung erfasst wurde und seitdem vermisst wird. Nach Abendblatt-Informationen gehen die Ermittler davon aus, dass es sich um den Jungen handelt. Das Ergebnis des DNA-Abgleichs stand bis zum Redaktionsschluss allerdings noch aus.
Es ist einer von mehreren tragischen Badeunfällen, die sich am Wochenende im Norden ereignet haben und die einmal mehr gezeigt haben, dass ein fröhlicher Badeausflug binnen weniger Sekunden zur tödlichen Gefahr werden kann.
Badeunfälle: Neunjährige tot in der Elbe
Das gilt insbesondere auch für die Elbe. Dort ereignete sich am Wochenende ein weiteres Unglück: Ein neunjähriges Mädchen verschwand am Sonnabend an einer Badestelle bei Kollmar (Kreis Steinburg). Schließlich wurde am Dienstagnachmittag in Höhe Pagensand die Leiche in der Elbe entdeckt und geborgen. Wie die Polizei bestätigte, handelt es sich dabei um die Neunjährige.
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Bei einem weiteren Vorfall an der Elbe konnte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) das Schlimmste verhindern: Ein Mädchen wurde am Freitag von der Strömung erfasst und trieb ab. Ein Mann versuchte, es zu retten, und geriet dabei selbst in Gefahr. „Die DLRG kam gerade noch rechtzeitig“, sagt Heiko Mählmann, Präsident des Hamburger Landesverbandes.
Neue Fahrwassermarkierung
Auffällig ist: Sowohl der letztgenannte Vorfall als auch das tragische Unglück des 15-jährigen Jungen ereigneten sich im Bereich des Falkensteiner Ufers in Blankenese. „Das entwickelt sich an dieser Stelle gerade zu einem gefährlichen Hotspot“, sagt Mählmann.
Er erklärt: „Im Zuge der Elbvertiefung und -verbreiterung wurde eine neue Fahrwassermarkierung, ein sogenanntes Quermarkenfeuer, gesetzt.“ Wohl auch, weil eine kleine Leiter daran befestigt sei, würden viele versuchen, bis dorthin zu schwimmen. Doch das könne fatal enden: „Das Quermarkenfeuer liegt unmittelbar am Fahrwasser. Hier wird es tief, und die Strömung kann sehr stark werden. Wir sehen mit großer Sorge, dass insbesondere Jugendliche von diesem ,Haltepunkt‘ offenbar magisch angezogen werden“, so Mählmann. Aber nicht nur Jugendliche, sondern auch gut ausgebildete und kräftige Schwimmer würden erfasst werden.
Corona trägt zu dem Problem bei
Dabei sollten die meisten eigentlich wissen, dass die Elbe zumindest im Hamburger Gebiet kein Badegewässer ist. Und so warnt auch die Feuerwehr eindringlich davor, in der Elbe schwimmen zu gehen. „Bis zur Landesgrenze gibt es wegen der starken Strömung keine Badestellen, und durch die Abbruchkanten kann das Wasser sehr schnell sehr tief werden“, so ein Sprecher. Mählmann fügt hinzu: „Die Elbe ist eine der meistbefahrenen Wasserstraßen Europas. Hier zu schwimmen ist in etwa so gefährlich, wie einen Spaziergang auf der Autobahn zu machen.“
In diesem Jahr aber ist die Gefährdungslage offenbar noch einmal gewachsen. Und das liegt auch an Corona. „Etwa ein Jahr lang waren die Schwimmhallen nicht in Betrieb, und auch das Schulschwimmen hat in weiten Teilen nicht stattgefunden“, so Mählmann.
Versäumtes aufholen
Nun gelte es, das Versäumte aufzuholen. Gemeinsam mit den Schwimmvereinen, Bäderland und dem Landessportamt habe die DLRG beschlossen, dass die Hallenbäder zunächst vorrangig Teil für Anfänger-Schwimmkurse genutzt werden sollen. „So können wir die Kurse nun viel enger takten, weil uns die ganzen Hallen zur Verfügung stehen.“ Und in den Abendstunden seien dann die Rettungsschwimmer dran. „Die müssen nun wieder in Form kommen.“
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Einen etwas pessimistischeren Blick auf die aktuelle Lage hat Thomas Ahme, zweiter Vorsitzender des Hamburger Schwimmverbandes. „Zunächst hatte die Bürgerschaft beschlossen, dass die Hallenbäder ausschließlich für die Nichtschwimmer-Ausbildung zur Verfügung gestellt werden sollen. Dann wurden sie doch zum Teil auch für die Öffentlichkeit geöffnet.“ Das Ergebnis: „Es standen wieder weniger Wasserflächen für die Nichtschwimmer-Ausbildung der Schwimmvereine sowie der DLRG zur Verfügung und schon geplante Termine mussten abgesagt werden“
Die Schwimmvereine, die ebenfalls Anfängerausbildung anbieten, seien außerdem von Anfang an nicht ausreichend bedacht wurden. Denn: „Prinzipiell haben wir zwar zusätzliche Zeiten zur Verfügung gestellt bekommen, aber die Vereine sind nicht dazu in der Lage, diese aus eigenen Kräften zu bezahlen und eine weitergehende finanzielle Unterstützung von Seiten der Stadt gab es leider nicht.“
DLRG-Bundesverband warnt vor Corona-Spätfolgen
Dazu kommt: „Pro Ausbildungsjahrgang können wir weniger Teilnehmer aufnehmen, da die Zahl der Teilnehmer je Ausbildungseinheit auf Grund der Corona-Auflagen begrenzt ist und somit sich auch einen andere wirtschaftliche Lage einstellt.“
Auch der DLRG-Bundesverband warnt vor Corona-Spätfolgen: Viele Schwimmer unterschätzten, wie viel Fitness in den vergangenen Monaten durch mangelnde Bewegung verloren gegangen sei. Thies O. Wolfhagen, DLRG-Landesgeschäftsführer in Schleswig-Holstein, beobachtete Ähnliches: „Die Menschen sind nicht mehr so geübt.“ Dies gelte zum Teil selbst für Rettungsschwimmer. Diese konnten über einen langen Zeitraum weder vernünftig trainieren, noch konnten neue Rettungsschwimmer ausgebildet werden, sagte Wolfhagen. Ein Jahrgang fehle.
Dies sei auch an den Wachstationen an Nord- und Ostsee zu bemerken, die in der Regel etwa zur Hälfte mit Newcomern besetzt seien. Im Moment seien an einigen Stränden deshalb nur die Hauptwachen besetzt und nicht jeder Nebenturm.