Hamburg. Initiative “Ohne Dach ist Krach“ freut sich über die Pläne. Doch die Ausgestaltung des Bereichs Behringsstraße sorgt für Unverständnis.

Der spektakuläre „Deckel“ über die A 7 wird die Stadtteile links und rechts der Autobahn grundlegende verändern – auch und gerade die Elbvororte. Das wurde jetzt bei einer Informationsveranstaltung auf Einladung des Bürgervereins Flottbek-Othmarschen deutlich, auf der Experten die Planung für die kommenden Jahre vorstellten.

Auf 15 Hektar Fläche wird die Autobahn ein begrüntes Dach bekommen – mit Parkanlagen, Kleingärten und Wanderwegen. Der neue Grünzug soll zu circa einem Drittel aus einem öffentlichen „Parkband“ und zu zwei Dritteln aus Kleingärten bestehen. Damit verschwindet nicht nur der permanente Lärm unter der Erde, der viele Anwohner in Bahrenfeld, Othmarschen und Groß Flottbek seit Jahrzehnten quält. Vielmehr werden die Elbvororte auch wieder organisch mit der Stadt verbunden, von der sie seit den 1970er-Jahren durch die Autobahnschneise abgetrennt waren.

Zusammenführung von Parks und besseres Mikroklima

Dabei werden auch zwei Grünflächen wieder zusammengeführt, die seit dem Bau der Autobahn zerschnitten waren und deshalb im Vergleich zu anderen Ruhe-Oasen in der Gegend eher wenig besucht wurden: der Lutherpark mit der Lutherkirche und der Bonnepark mit dem Bahrenfelder See. Das Bezirksamt Hamburg Altona weist noch auf einen positiven Effekt hin, den der Deckel für das Mikroklima der angrenzenden Wohngebiete hat:

Anders als die sich stark aufheizende Asphaltdecke der A-7-Fahrbahnen bewirkt der neue Park, dass sich der Hamburger Westen tagsüber weniger erwärmt und nachts stärker abkühlt. Und zudem erfüllt sich mit dem Deckelbau endlich ein Plan des einstigen Altonaer Bausenators Gustav Oelsner aus den 1920er-Jahren: Es entsteht ein grünes Band, das vom Volkspark bis zur Elbe reicht. Bernt Grabow, Sprecher der Initiative „Ohne Dach ist Krach“, der seit 1994 für den Deckel kämpft, sagte anlässlich der Veranstaltung: „Die aktuelle Entwicklung erfüllt uns mit Freude, Dankbarkeit und mit ein bisschen Stolz.“ Grabow weiter: „Das Ganze ist eine einmalige Chance für ganz Hamburg, die man beherzt ergreifen muss.“

Drei Tunnel folgen an der Autobahn aufeinander

Bei dem Mammutprojekt geht es genau genommen um drei aufeinanderfolgende Tunnel beziehungsweise Deckel: Begonnen wurden die von Nord nach Süd ablaufenden Arbeiten mit dem rund 550 Meter langen Lärmschutztunnel Schnelsen, der, wie berichtet, gegen Ende des Jahres fertiggestellt sein soll. Die Arbeiten an dem dann folgenden, rund 890 Meter langen Tunnel Stellingen laufen schon länger. Die Oströhre wird bereits genutzt, der Bau der Weströhre beginnt in diesem Frühjahr und soll – so die Planung – Ende kommenden Jahres abgeschlossen sein. Der dritte Tunnel ist zugleich der größte: Der „Deckelpark Altona“ erstreckt sich mit einer Länge von 2,2 Kilometern vom Volkspark bis zum Elbtunnel.

Der Deckel von oben, hier mit der kreuzenden Bahrenfelder Chaussee.
Der Deckel von oben, hier mit der kreuzenden Bahrenfelder Chaussee. © Animation: Deges/V-Kon.Medi

Wann genau der Deckel allerdings die Elbvororte erreicht, lässt sich nicht hundertprozentig festlegen. Angepeilt wird aber ein konkretes, ehrgeiziges Ziel: Im Jahr 2026 sollen die ersten Autos den Deckel queren und durch die darunterliegenden Röhren fahren. Dass eine genaue Zeitschiene für die Arbeiten nur schwer festlegbar ist, hat vor allem zwei Gründe. Zum einen sind die Arbeiten an allen drei Tunnel- beziehungsweise Deckelabschnitten miteinander verzahnt und Übergänge fließend, sodass auch die vorbereitenden Arbeiten am Altonaer Deckel streng genommen schon begonnen haben. Die laufenden Arbeiten an der Infrastruktur, zum Beispiel am Osdorfer Weg neben der Autobahnauffahrt Bahrenfeld und am kürzlich eingeweihten Sportpark an der Baurstraße werden auf den Deckelbau permanent vorausschauend abgestimmt.

Es könnte weiterhin zu Zeitverschiebungen kommen

Zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es angesichts der Komplexität des Projekts auch weiterhin zu Zeitverschiebungen kommt. Die Ursachen können vielfältig sein: von Unwägbarkeiten beim Aushub des Bodens bis zu zeitweiligen Engpässen bei beteiligten Baufirmen. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollten beide Röhren des Schnelsener Tunnels bereits im vergangenen Jahr fertiggestellt sein, Ende Februar war lediglich der Rohbau der Oströhre fertig.

Diese Einschränkungen vorausgesetzt, sieht die heiße Phase der Arbeiten am Altonaer Tunneldeckel voraussichtlich so aus: Das Jahr 2020 wird von massiven Erdarbeiten vom Volkspark bis zur Behringstraße bestimmt sein. Neben dem nötigen Aushub werden auch an den Rändern auf Höhe von Bahrenfeld, Groß Flottbek und Othmarschen Vorarbeiten für die Errichtung der Deckelwände geschaffen. Danach wird es dann vorrangig um den Röhren- und Tunnelbau selbst gehen. Wie Bernt Grabow und Johannes Gerdelmann, Baudezernent im Bezirksamt Altona, erläuterten, wird dabei so vorgegangen, wie bei den anderen Abschnitten des Riesenprojekts: Zunächst wird der komplette Autobahnverkehr auf die Ostseite der A-7-Schneise verlegt, während der westliche Teil gebaut wird. Sobald der „Westdeckel“ befahren werden kann, kommt die Ostseite dran. Höhepunkt dieser Arbeiten werden voraussichtlich die Jahre 2022/23 sein.

Ersatzbrücken sollen den Verkehrsfluss sichern

Zu größeren Behinderungen wird es kommen, wenn die Betonbrücken abgerissen werden, welche die Autobahn queren – als Osdorfer Weg, Behringstraße und Bahrenfelder Chaussee. Nach aktuellem Planungsstand soll der Verkehr auch danach reibungslos von Ost nach West (und umgekehrt) über die A 7 fließen können. Das wird dann nur mithilfe von Ersatzbrücken möglich sein, die vorübergehend an den Stellen der alten errichtet werden, aber keine Dauerlösung darstellen. Denn: Die kreuzenden Straßen sollen als Teil des Gesamtkonstrukts in den Deckel integriert werden.

Am Rande der Veranstaltung wurde noch einmal deutlich, dass der Deckel bei der Behringstraße endet, also nicht bis unmittelbar zum Elbtunnel geführt werden kann. Begründet wird das damit, dass dieses Teilstück rechtlich bereits als „hinreichend lärmgeschützt“ gilt. Dieser Punkt sorgt bei Anwohnern im Umkreis der Behringstraße nach wie vor für viel Unverständnis.

Außerdem entstehen mehr als 2500 Wohneinheiten

Wie Johannes Gerdelmann deutlich machte, ist die gesamte Ausgestaltung des Bereichs Behringstraße so komplex, dass dafür eine eigene Rahmenplanung erstellt werden muss. Das hängt auch damit zusammen, dass das unmittelbar neben der A 7 liegende Altonaer Krankenhaus, wie berichtet, neu gebaut wird. Auch sonst wird es in den angrenzenden Stadtteilen rege Bautätigkeit geben – unter anderem beim Volkspark in Bahrenfeld, in Othmarschen am Trübnerweg und am Othmarscher Kirchenweg. Insgesamt entstehen mehr als 2500 Wohneinheiten. Das Geld, das mit dem Verkauf der sogenannten Entwicklungsflächen erwirtschaftet wird, fließt indirekt auch in die Finanzierung des Hamburgs Anteils am Autobahndeckel.

Weitere Infos gibt es im Internet unter: http://www.hamburg.de/Fernstraßen/a7-deckel/planungsstand