Hamburg. Reinhard Meyer, Schleswig-Holsteins Ex-Wirtschaftsminister, über sein neues Leben nach der Wahlpleite.
Er ist Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern, ehemaliger Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein sowie Chef des Deutschen Tourismusverbandes und offensichtlich bodenständig unterwegs. Denn zum Termin auf dem Blankeneser Ponton Op’n Bulln kommt Reinhard Meyer angeradelt.
Gut, nun hat es der 59-Jährige auch nicht weit. Seit 2003 lebt er mit seiner langjährigen Lebensgefährtin in einer Wohnung nahe der Bahnhofstraße. Erst zur Miete, mittlerweile gehört sie dem Paar. Doch unter der Woche hat Meyer, der zwischen Hamburg und Schwerin pendelt, zahlreiche Termine. In diesem Fall war er zuvor in Hamburg bei einer Veranstaltung, direkt im Anschluss geht es zum Ponton. Bei aller Eile genießt der Sozialdemokrat den Abstecher mit dem Rad. Hier in seinem Heimat-„Dorf“ kann er abtauchen und sich entspannen.
Kaum jemand erkennt ihn
Das ist wohl das einzige Gute, das SPD-Mann Meyer der Niederlage seiner Partei bei der schleswig-holsteinischen Landtagswahl 2017 heute abgewinnen kann. Seit er nicht mehr Wirtschafts- und Verkehrsminister in Schleswig-Holstein ist, würden ihn die wenigsten erkennen, sagt er. „Eine Sonderbehandlung erfahre ich nicht“, so Meyer. Das ist dem Minister, der sich einst bewusst und als Einziger seiner Kollegen für das unbeliebte PI-Kennzeichen an seinem Dienstwagen aussprach, auch ganz recht so.
Nach nur einer Amtsperiode war für Meyer 2017 mit dem Wahlsieg der CDU und der anschließenden „Jamaika“-Koalition Schluss. Lange hatte es damals so ausgesehen, als wenn die SPD ihre Mehrheit und die damit verbundenen Posten behalten würde. Die Wende kam auf den letzten Metern des Wahlkampfes und erwischte so manchen Genossen eiskalt.
Nach der verlorenen Wahl brauchte Meyer Zeit
„Wir haben als SPD selbst verschuldet die Wahl verloren“, bilanziert Meyer. „Es war eine Chance, die vergeben worden ist. Das tut am meisten weh.“ Meyer hatte noch viele Projekte, die er weiterverfolgen und vollenden wollte. Besonders die Ausgestaltung der Idee Metropolregion lag ihm am Herzen. „Es passiert zu wenig, da muss mehr gestaltet werden“, sagt der Sozialdemokrat. Aber auch die Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg hätte er gern im Sinne eines gemeinsamen norddeutschen Bewusstseins vorangetrieben.
„Hamburg gibt zu wenig und profitiert mehr von der norddeutschen Zusammenarbeit“, kritisiert Meyer. Er wünscht sich einen größeren Gemeinschaftssinn zum Beispiel bei der Ansiedlung von Unternehmen: Gemeinsam Firmen nach Norddeutschland locken, mit Verwaltungssitz in Hamburg und Produktionsstätte in Schleswig-Holstein, das wäre aus seiner Sicht doch für alle Seiten sehr gewinnbringend. Nach der Landtagswahl 2017 brauchte Meyer erst einmal Zeit, um das überraschende Ergebnis zu verdauen.
Chef der Schweriner Staatskanzlei
Sechs Wochen fuhren er und seine Frau in die USA. Anschließend stürzte sich Meyer in seine ehrenamtliche Tätigkeit als Präsident des Deutschen Tourismusverbandes. „Vorher hätte ich keine Zeit gehabt, beispielsweise zum Deutschen Campingtag nach Bad Windsheim zu fahren. Das war auch eine schöne Erfahrung“, so Meyer.
Ende 22. Januar 2018 übernahm er den Job als Chef der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Es war eine Rückkehr nach Schwerin, wo er schon von 2006 bis 2012 bis zu seinem Ruf nach Kiel die Staatskanzlei geleitet hatte. Ein Rückschritt? Meyer schüttelt den Kopf. „Ich war fünfeinhalb Jahre nicht da. Dinge haben sich verändert, und es gab einiges Neues“, so der Hamburger. Trotzdem vermisse er Schleswig-Holstein auch ein wenig. Er mochte die Menschen, die ihm viel Sympathie entgegengebracht hätten. Doch in seinem jetzigen Job könne er viel befördern und bewegen, vielleicht sogar mehr als zuvor.
Eine Hochzeit planen? Das wäre „super unromantisch“
Das Pendeln zwischen Schwerin und Hamburg stört ihn nicht. Blankenese, wo schon die Familie seiner Frau lebte, scheint dem langjährigen Eimsbüttler Heimat geworden zu sein. „Am meisten genieße ich es, samstags über den Markt zu schlendern“, sagt er. Das könne dann schon einmal eineinhalb Stunden dauern. Nach Blankenese hatte es ihn und seine Frau – mit der er seit 28 Jahren „in wilder Ehe“ zusammenlebt, weil die beiden es „super unromantisch“ finden, eine Hochzeit zu organisieren, und auch den Aufwand etwas scheuen – eher zufällig verschlagen.
Eine Freundin zog es in die Schweiz. „Ihre Blankeneser Mietwohnung wurde frei und war vergleichsweise günstig“, erinnert sich Meyer. Und seine Frau, die in der Hamburger Verwaltung arbeitet, war froh, dass sie die schöne, aber doch sehr kleine 48 Quadratmeter große alte Studentenbude in Eimsbüttel dafür dann endlich aufgeben konnten.
Die beiden sind mittlerweile schon so sehr zu Blankenesern geworden, dass sie die monatelange hitzige Debatte um den neuen Marktplatz genau mitverfolgt haben, sich schlauerweise aber ganz diplomatisch heraushalten. Ihre Meinung dazu wollen sie, anders als sonst, lieber nicht äußern.