Hamburg. Der Nachlass des Künstlers Hans Förster wird seit Jahrzehnten im Altonaer Museum gehütet. Eine Spurensuche vor Ort.

Er gehört zu den großen Unbekannten in der Hamburger Künstlerszene – und das zu Unrecht, wie sich jetzt zeigt. Denn der Grafiker, Maler und Schriftsteller Hans Förster (1885 bis 1966) hinterließ zum einen ein sehr abwechslungsreiches Werk, das quasi für jeden Geschmack etwas bietet. Zum anderen verewigte Förster mit seinen Bildern viele Ecken Hamburgs, die heute längst verschwunden und nur noch in seinen Arbeiten oder auf alten Fotos erhalten sind. Vor allem Försters liebevolle Zeichnungen von Hamburgs Altstadt und dem Raum Bergedorf haben dazu beigetragen, dass der Künstler zumindest in Fachkreisen und bei einigen Fans noch nicht vergessen ist. Immerhin wurde 1979 ein Weg in Allermöhe nach ihm benannt.

Mehr als 5000 künstlerische Objekte

Försters umfangreicher Nachlass schlummert seit Jahren im Altonaer Museum, wo ihn die Mitarbeiterin Dr. Verena Fink betreut. Mehr als 5000 künstlerische Objekte lagern im Haus, vor allem mit Tusche, Feder und Bleistift gefertigte Zeichnungen und Holzdrucke aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Fink hat das Werk jetzt neu gesichtet und dabei eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Auch mit den Elbvororten hat sich Hans Förster künstlerisch beschäftigt – und zwar viel gründlicher als bislang bekannt war. Und: Förster, der viele Bücher veröffentlichte, hatte sogar eines über die Elbvororte vorbereitet. Wie Verena Fink nachweist, hatte er 1938 ein Manuskript mit 78 Federzeichnungen bei einem Verlag eingereicht, in dem unter anderem Motive von Övelgönne, Blankenese und Rissen gezeigt werden sollten.

Zeichnungen selbst sind verschollen

Auch der Titel stand schon fest: „Spaziergänge am Elbufer in Wort und Bild“. Erstaunlich: Obwohl das 128 Seiten starke Werk bereits aufwendig angekündigt wurde („Dieser mit Liebe und Sorgfalt ausgestattete Band wird Ihnen viele in verborgenen Ecken erhalten gebliebenen Motive ... zeigen“), kam das Buch aus unbekannten Gründen nie zustande. Das Textmanuskript und eine mit Schreibmaschine getippte Liste der Bilder werden noch heute im Museum verwahrt. Die Zeichnungen selbst sind allerdings verschollen, Fink vermutet, dass sie beim Verlag verloren gegangen sein könnten.

Heimatverbunden und über Jahrzehnte enorm produktiv: der Maler und Grafiker Hans Förster bei der Arbeit
Heimatverbunden und über Jahrzehnte enorm produktiv: der Maler und Grafiker Hans Förster bei der Arbeit © Altonaer Museum/Michaela Hegenbarth | Altonaer Museum/Michaela Hegenbarth

Die erhalten gebliebene Liste macht neugierig – und stimmt auch wehmütig. Unter anderem sind dort Zeichnungen von Häusern am Othmarscher Kirchenweg, dem Nienstedtener Markt, der Flottbeker Mühle und dem Jenischpark erwähnt, aber es ist fraglich, dass sie jemals irgendwo auftauchen.

Eine Szene am Süllberg um 1920 Die schöne Federzeichnung trägt den Titel: „Land oder Wasser?“
Eine Szene am Süllberg um 1920 Die schöne Federzeichnung trägt den Titel: „Land oder Wasser?“ © Altonaer Museum/Michaela Hegenbarth | Altonaer Museum/Michaela Hegenbarth

Das Museum besitzt andere Elbvororte-Motive aus Försters Oeuvre, die (leider) verdeutlichen, welche Schätze da verloren sein könnten: der Süllberg, ein alter Feldstall bei Iserbrook, der Blankeneser Mühlenberg – gestochen scharf mit der Feder gezeichnet. Auch Hunderte von Bleistift-Skizzen sind erhalten, die unter anderem längst verschwundene Bauernhäuser in Rissen, Groß Flottbek oder Othmarschen zeigen.

Dieser Farbholzschnitt von 1905 zeigt laut Titel eine Blankeneserin in ihrer Tracht am Elbdeich
Dieser Farbholzschnitt von 1905 zeigt laut Titel eine Blankeneserin in ihrer Tracht am Elbdeich © Altonaer Museum/Michaela Hegenbarth | Altonaer Museum/Michaela Hegenbarth

Förster, der sich auch als Heimatforscher verstand, dokumentierte zusätzlich einzelne Stilelemente an Häusern und Trachten, beispielsweise in Blankenese. Förster, Sohn des noch bekannteren Christian Förster, galt als schwieriger Charakter und steckte ständig in großen Geldschwierigkeiten Offenbar zeichnete er mit hoher Geschwindigkeit und fast ununterbrochen. Mal wurde aus der Skizze eine Federzeichnung oder ein Aquarell, mal nicht. „Er war außerordentlich produktiv und gut vernetzt“, so Verena Fink, „trotz seines Eigenbrötlertums.“

Fink hat die Erträge ihrer jahrelangen Arbeit jetzt in einem Buch gebündelt – dem ersten Band zu Hans Förster überhaupt. Darin schreibt sie von Försters „tiefer Verbundenheit mit der Region und ihren Bewohnern“. Fink weiter: „Ihm war bewusst, dass das, was er zeichnerisch und mit Worten festhielt, einmal nicht mehr oder nur noch marginal vorhanden sein würde.“

Buch und Ausstellung machen deutlich: Hans Förster ist zu Unrecht vergessen. Mit seinen Werken kann er Betrachter immer noch begeistern – auch und gerade als Chronist der Elbvororte.

Noch bis zum Frühjahr 2018 zeigt das Altonaer Museum, Museumstraße 23, eine Ausstellung mit Arbeiten Hans Försters, darunter auch einige Elbvororte-Bilder. Die Ausstellung ist Dienstag bis Sonntag 10–17 Uhr geöffnet. Das Buch „Hans Förster. Hamburger Maler, Grafiker, Schriftsteller und rastloser Kunst­wanderer“ von Verena Fink bietet auf 95 Seiten zahlreiche Abbildungen zu Hans Försters Arbeiten. Es ist im Verlag der Kunst erschienen und kostet 19,95 Euro.