Hamburg. Um das Haus zu retten, ließ das Denkmalschutzamt den Balkon und Säulen entfernen sowie Fenster vernageln.
Es ist ein Anblick, der Passanten und Vorbeifahrende traurig stimmen muss: Die markante Säulenvilla an der Elbchaussee 186 bietet noch immer ein Bild des totalen Verfalls. Mittlerweile sind dort die meisten Fenster mit Brettern vernagelt, überall bröckelt der Putz, der Garten ist verwildert. Schlimmer noch: Die schönen Minisäulen (Baluster) an dem weit ausladenden Balkon mussten kürzlich entfernt werden, dort sind inzwischen die unverputzten Ziegelsteine zu sehen.
Genau ein Jahr ist es her, dass das Hamburger Abendblatt erstmals auf den rapiden Verfall des unter Denkmalschutz stehenden Hauses von 1817 aufmerksam machte. Schon damals bot die Villa einen beklagenswerten Anblick, derzeit sieht sie sogar noch schlimmer aus.
Dabei hat das Denkmalschutzamt mittlerweile einiges aufgeboten, um das Haus zu sichern. Im vergangenen Herbst, unmittelbar nach Erscheinen des ersten Abendblatt-Artikels zum Zustand des Anwesens, hatte das Amt eine „Ersatzvornahme“ angeordnet, das heißt, dass es anstelle des eigentlich zuständigen Besitzers die Sicherung des Hauses in Angriff nahm. Die Mitarbeiter verschafften sich Zugang zum Haus, verschlossen die Fenster – zunächst nur in Souterrain und Erdgeschoss – mit Brettern und schützten das Haus notdürftig vor der Witterung.
In verschiedenen Arbeitsschritten wurden das einfache Flachdach und der Balkon im Sommer abgedichtet, zuletzt – vor wenigen Wochen – exponierte Teile der Balustrade abgebaut. Die Durchsetzung einer solchen Zwangsmaßnahme ist aufwendig, weil das Denkmalschutzamt nicht einfach auf ein Gebäude zugreifen darf, das ihm nicht gehört. Stattdessen muss es auf dem Rechtsweg erst belegen, dass für ein Denkmal mit besonderer denkmalpflegerischer Bedeutung bei Nichteinschreiten die Gefahr großer Schäden droht.
„Hauptdach wieder dauerhaft dicht"
„Das Hauptdach der Villa an der Elbchaussee 186 ist nun nach Abschluss der Sicherungsmaßnahmen wieder dauerhaft dicht, der Balkon im ersten Obergeschoss ebenfalls“, so Andreas Kellner, Leiter des Denkmalschutzamts, zum Abendblatt. Baluster und Deckenkassetten wurden abgebaut und eingelagert.
Das war höchste Zeit. Kellner berichtet: „Eine provisorische Abdichtung des Hauptdaches war nicht mehr möglich, da sowohl sämtliche Schichten der Dachbahnen als auch die darunter befindliche Unterkonstruktion bereits völlig durchnässt waren und erheblichen Schaden genommen hatten.“ Laut Kellner sei es mithilfe dieser Maßnahmen gelungen, das bedeutende Denk-mal „in letzter Sekunde zu retten“.
Klar ist aber auch, dass erst einmal nur die „akute Gefährdung des Denkmals“ abgewendet werden konnte, wie Kellner bestätigt. Das bedeutet, dass die prachtvolle Villa jetzt einigermaßen winterfest gemacht wurde, ihr Verfall aber auf lange Sicht weitergeht. Ein über Monate durchfeuchtetes, fast 200 Jahre altes Haus, das nicht laufend geheizt und gelüftet wird und bei dem nicht regelmäßig Ausbesserungsarbeiten an Rohren und Kabeln vorgenommen werden, wird binnen kurzer Zeit zum totalen Sanierungsfall.
Nach wie vor stehen Haus und Grundstück unter Zwangsvollstreckung zur Durchsetzung der Forderungen von Gläubigern. Das heißt: Der eigentliche Eigentümer, Ralf Rüdiger von Behren, kann zwar nicht darüber verfügen, ist aber dazu verpflichtet, „den Erhalt des Denkmals in seiner Gesamtheit zu gewährleisten“, wie es im Amtsdeutsch heißt.
Alle Arbeiten zur Sicherung der Villa wurden von Behren entsprechend in Rechnung gestellt, doch „seinerseits erfolgte bisher noch keine Rückmeldung“, heißt es aus dem Amt. Das ist nichts Ungewöhnliches. Der Baron lebt schon längere Zeit in Monaco und lässt nur gelegentlich von sich hören. Einen Gesprächstermin mit dem Abendblatt ließ er verstreichen, das Denkmalschutzamt ist nur „sehr sporadisch“ mit ihm in Kontakt, wie Sprecher Jörg Seifert sagt.
Entsprechend energisch will das Denkmalschutzamt auch künftig vorgehen. Fast klingt es wie eine Drohung an die Adresse des Eigners, wenn Andreas Kellner sagt: „Das Denkmalschutzamt wird die dichte Beobachtung des Objekts aufrechterhalten und gegebenenfalls auch weiterhin von den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Gebrauch machen.“
Oktober 2016: Paul Kolb, der über Jahrzehnte Villa und Grundstück im Auftrag des Barons gepflegt hat und schon längere Zeit in Mecklenburg-Vorpommern lebt, ist einmal wieder zu Besuch vor Ort. Der 82-Jährige hat Fotos aus der Glanzzeit des Anwesens mit dabei. Es zeigt die Villa vor rund 30 Jahren: gleißend hell steht sie hoch über der Elbe, picobello gepflegt und umgeben von einem ebensolchen Garten. „Ich hoffe, dass dieses Haus eines Tages wieder so aussieht wie auf den Fotos“, sagt Kolb.
Es ist ein Wunsch, den viele Hamburger mit dem alten Mann teilen.