Hamburg. Das 866-Millionen-Konzerthaus ist für manchen zum Wohnzimmer geworden. Insider-Tipps zur Elbphilharmonie – und persönliche Gedanken.

In den vergangenen Wochen war insbesondere der Große Saal der Elbphilharmonie für Zehntausende, die dort noch nie waren, das größte denkbare Aha-Erlebnis dieser Stadt, seit Jahrzehnten. Als Bau-Chronist, Buchautor und ­Musikkritiker – der nicht ­immer zum Spaß kommt, ihn aber ­genau deswegen möglichst oft haben möchte – sieht, hört, erlebt man dieses Gebäude nach gut anderthalb Jahrzehnten journalistischer Erschließungs- und Erklärungs-Arbeit grundsätzlich anders. Dann ist es eine faszinierende Kreuzung aus Arbeitsplatz und sehr persönlichem Sehnsuchtsort, weil so vieles neu zu ­erleben ist, das so lang auf sich warten ließ.

Dazu kommt, als profane Begleiterscheinung der momentan fast täglichen Musik-Begegnungen: Nie mehr auf der Nordseite vom Kaispeicher A zu den Baucontainern ­gehen, um sich Gummistiefel und Bauhelm abzuholen. Nie mehr den Spott von Kollegen ertragen, die Festspiel-Pausen in Bayreuth oder Salzburg gern mit der ­Begrüßungsfrage verzierten, bei der wievielten Eröffnungsvertagung dieser Skandalbau „bei euch da oben“ denn wohl gerade sei.

Eine neue Referenzgröße für die Geschmacksknospen

Jeder Abend im Neubau – die letzten Wochen sind wie im Flug vergangen - ist wie der lehrreich genüssliche Aufenthalt vor einer frisch zusammengestöpselten HiFi-Anlage, mit der man am liebsten jede einzelne CD der Sammlung probefahren möchte, nur, weil es jetzt ja endlich geht. Diese Live-Anlage hier hat ­allerdings, alles in allem, 866 Millionen Euro gekostet, und sie wird seit Wochen von Neugierigen, von Musikhungrigen belagert, als ob Klassik-Konzerte hier vorher Mangelware gewesen wären. In wenigen Tagen dürfte der einmillionste Plaza-Besucher vermeldet werden.

Die Elbphilharmonie ist eine neue, enorm spannende Heimat für professionelle Ohren, die bewerten, abwägen, gut, mittel oder entbehrlich finden sollen. Eine neue Referenzgröße für die Geschmacksknospen, die in dieser Stadt jahrzehntelang vor allem durch den ­Laeiszhallen-Klang geeicht wurden, aber auch durch Konzerte im Dämmerdunkel der Fabrik, in Hallen bei lauten Bands, beglückt durch Kammermusik in kleineren Sälen.

Seit dem 11. Januar – streng vertrauliche Vorab-Proben­besuche nicht mitgerechnet - ist ganz anderes, sich noch sehr neu anfühlendes Hören angesagt. Block A und Block B beispielsweise, direkt vor der Bühne, sind zwar nah dran, ansonsten aber nicht das Allergelbste vom Ei – zumindest, wenn man auch darauf verzichten kann, sich ein 120er-Orchester aus ­wenigen Metern Entfernung ­anzusehen und frontal beschallt zu werden.

Und wenn man lieber nicht in einer scheinbar endlosen Menschenmenge in den Rest-Abend zuckeln möchte. Sondern lieber raus aus dem Saal, bevor die 2072 anderen Konzertgäste zeitgleich zu den zwei Garderoben und dann auf die eine Rolltreppe wollen. Vom Mittelgebirge der 15. Etage aus geht das viel eleganter. Und überhaupt: Je höher der Platz, desto interessanter das Klangerlebnis.

Video: Kent Nagano über die Elbphilharmonie

Dieser Erfahrungsvorsprung in Sachen Akustik ist noch nicht allzu groß, was die Sache mit dem Bewerten nicht ­immer einfach macht, aber immer lehrreich. Doch jetzt, endlich, ist Showtime. Und die letzten 300 Meter vor der Tube, während es abends noch dunkel ist, sind die schönsten. Auf dem Weg zur Mahatma-Gandhi-Brücke ziehen einen die in Pastellfarben leuchtenden Foyers an wie das Licht die Motte. Die Tube-Fahrt ist mittlerweile fast schon Alltag, während die staunende Mehrheit auf den Stufen ­sofort die Handys für das erste von etlichen Erinnerungsfotos zückt.

Seit Mitte Januar gibt es ständig Neues auf die Ohren

Im Rausch der ersten Eröffnungsabende war für gar nichts Zeit außer Akkordarbeit: spätabendliches Aktualisieren der Kritik, die es in die Ausgabe des nächsten ­Tages schaffen muss, mit dem MacBook auf dem Schoß auf einer der Foyertreppen. Von einer Saal-Premiere zur nächsten. Smoking und Schnittchen, ein mehrtägiges Branchentreffen mit Journalisten und Intendanten. Alle, alle hörten zu, wie Bundespräsident Gauck es beim Staatsakt forderte.

Pressestimmen zur Elbphilharmonie-Eröffnung

Süddeutsche Zeitung Online

Wer beim Festakt zur Eröffnung die Neuerfindung der klassischen Musik erwartet hat, bekommt ein gutes deutsches Stadtorchester zu hören. Stets ist der Klang kompakt und direkt, selbst in leisesten Passagen, während die Lautstärke nach oben gedeckelt wirkt. Die Streicher entwickeln kaum Schmelz, ihr Klang hat etwas Faseriges, die Tiefe wirkt verschattet. Bei Mendelssohn und Brahms wird nach und nach deutlich, dass dieses Defizit nicht der Saalakustik anzulasten ist, sondern Hengelbrock und seinen Musikern. Selbst die beste Akustik kann aus einem Durchschnittsensemble nie und nimmer die Wiener Philharmoniker machen.

Die Zeit Online

Der musikalische Hausherr Thomas Hengelbrock dirigiert das NDR Elbphilharmonie Orchester, und man merkt es sofort: ein glasklarer Klang von erstaunlicher dynamischer Bandbreite, überdeutlich in den Akzenten, voll und weich im Tutti. Man hört, dass es gut ist, und man hört alles.

Deutschlandfunk, Jochen Hubmacher

Dieser Saal hat viele gute Aspekte, er ist sehr transparent, er ist, ich würde fast sagen, fast schon gnadenlos ehrlich in seiner Akustik, also da lässt sich keine Unsauberkeit kaschieren. Das hat man auch gestern gemerkt: Da war nicht immer alles perfekt. Also diese Akustik verzeiht keine Mittelmäßigkeit bei der Interpretation. Für meinen Geschmack ist sie insgesamt etwas zu trocken.

Rheinische Post Online

Angesichts der im Elbsand verhungerten sportlichen Ambitionen der Hansestadt darf man die Elbphilharmonie als das kulturelle Olympiastadion Hamburgs bezeichnen. Auch hier gilt freilich die Devise: Je besser ein Orchester ist, desto besser klingt es. Und mittelmäßige Orchester werden gnadenlos entlarvt. Man hört alles, auch jeden Fehler.

Die Welt Online

Auch das Praetorius Ensemble, schräg gegenüber halboben platziert, versuppt wie in einer halligen Kirche. Beim Orchester aber, da knallt und kracht es nur: Henri Dutilleuxs Mystère de l’Instant mümmelt sich noch diskret wispernd weg, Bernd Alois Zimmermanns bruitistische Photoptosis schneidet allerdings als metaphysisch greller Lichteinfall auch klanglich förmlich die Luft durch. Ebenso die Verbeugung vor dem für Hamburgs Musikgeschichte der Moderne so wichtigen Rolf Liebermann: Furioso, knackig ins Klavier mitgedroschen von Ya-ou Xie. Und erst das swingende Finale aus Olivier Messiaens Turangalîla-Sinfonie: alles einheitslaut, breiig. Jedenfalls hinter den Hörnern. Man hört keinen Raum mehr. Nur ein am Anschlag lärmendes Orchester auf einem zu klein anmutenden Podium.

"Rhein-Neckar-Zeitung" (Heidelberg)

Rein äußerlich ein Juwel. Auch die Akustik soll ganz wunderbar sein. Doch ob der Rausch von Klang und gigantischer Skulptur reichen wird, die Deutschen mit Großbauprojekten zu versöhnen? Eher nicht. So bitter und falsch es klingen mag: Wer Großprojekte wie die Elbphilharmonie verwirklichen will, muss das Ausmaß seines Vorhabens von Anfang an schönlügen. In Hamburg jedenfalls hat sich die Millionen-Flunkerei gelohnt. Was Stuttgart erst noch beweisen muss. Und Berlin? Schweigen wir.

Leipziger Volkszeitung

789 Millionen Euro haben Steuerzahler in dieses Kunstwerk gepumpt, eine unvorstellbar große Summe. Und wäre sie absehbar gewesen, als der Architekt Alexander Gérard die Idee hatte, auf diesem Kaispeicher müsse Hamburgs neuer Konzertsaal stehen - er wäre nie entstanden. Denn natürlich konnte und kann auch das so reiche wie verschuldete Hamburg sich diese Elbphilharmonie nicht leisten. Doch unabhängig davon, dass bei besserer Planung das Ergebnis wohl für weniger Geld zu haben gewesen wäre, ist es gut, dass sie nun fertig ist und eingeweiht. Denn hier entstand etwas, das als Kristallisationspunkt taugt für die kulturelle Identifikation, derer wir so dringend bedürfen in Zeiten, in denen uns unser Gemeinwesen um die Ohren zu fliegen droht.

Hannoversche Allgemeine Zeitung

Die diffus positive Stimmung, die sich derzeit von der Elbphilharmonie auszubreiten scheint, hat sogar schon einen Namen: „Hamburg-Gefühl“ sagt Kent Nagano, der kalifornische Chefdirigent an der Oper der Hansestadt, zu der nicht vollständig zu begreifenden Begeisterung. Die Eröffnung des Gebäudes wird derweil zu einem Großereignis, das alle sonstigen kulturellen Ereignisse weit überstrahlt. Und das nicht nur in diesen Tagen: Die Elbphilharmonie wird weiterstrahlen, auch wenn die Scheinwerferlichter der Eröffnungsfeier ausgeschaltet sind. Dass sie allen Widrigkeiten zum Trotz jetzt tatsächlich mit Musikleben erfüllt wird, dass wir uns auch einfach mal über etwas freuen können, ist Symbol und Beleg für das Große, das eine demokratische Gesellschaft erreichen kann. Das ist die eigentliche gute Nachricht des Hamburg-Gefühls.

Neue Osnabrücker Zeitung

Kostenexplosion und Bauverzögerung haben die Elbphilharmonie zum Menetekel gemacht. Wollte eine Kommune in den vergangenen Jahren neue öffentliche Bauten in Angriff nehmen, reihte sich das Konzerthaus mit dem Berliner Flughafen und Stuttgart 21 in eine Argumentationskette ein, die gegen jedes Vorhaben funktionierte. Deshalb wird man über alle fatalen Fehler sprechen müssen. Trotzdem darf sich Hamburg jetzt freuen. Denn die Elbphilharmonie setzt Maßstäbe: architektonisch und was die Güte und Funktionalität eines Konzerthauses angeht. Sie definiert die Vorstellung einer „Kultur für alle“ neu. Der Konzertsaal hebt Hierarchien auf, weil es zwar für jeden erschwingliche, aber keine billigen Plätze gibt. Das Konzerthaus soll und darf kein Tempel der Hochkultur für Eingeweihte sein.

Badische Neueste Nachrichten (Karlsruhe)

Ohne Risiko, hohe Investitionsbereitschaft und die dazugehörigen finanziellen Mittel ist das Exzellente selten zu haben. Und ist es nicht ein Anlass, als Bürgerin oder Bürger stolz zu sein, dass in einer Demokratie gelungen ist, was man lange nur der Kirche, Königen oder Fürsten zutraute: einen architektonischen Markstein zu setzen, den auch noch spätere Generationen bewundern? Die Debatte um die entfesselte Kostensteigerung sollte man dennoch nicht einfach ignorieren. Immer wieder kommt es vor, dass ein Vorhaben der Allgemeinheit mit einer akzeptablen Kalkulation präsentiert wird, um später die Steuerzahler mit dicken Mehrbelastungen zu konfrontieren. Da muss man nicht einmal die Elbphilharmonie ins Visier nehmen - es genügt ein Blick auf die Karlsruher U-Strab mit ihren inzwischen fast peinlichen Korrekturen im Zeit- und Kostenplan. So kann vor Schönrederei nur gewarnt werden. Nicht immer lösen sich die Konflikte wie bei dem Hamburger Neubau am Ende in Wohlgefallen auf. Eher zerstört Beschönigung das Vertrauen in die Politik. Insofern ist „Elphi“ auch eine Warnung.

Nordwest-Zeitung (Oldenburg)

Und die lächerlichen Baukosten von fast 800 Millionen Euro? Die jahrelangen Verzögerungen? Der Streit um die Baufehler? Fast alles scheint vergessen, jeder will nur noch orakeln, wie wichtig der Klotz am Hafen wird. Was war Hamburg vorher? Provinz! Die Elbphilharmonie ist ein weiteres Exempel dafür, dass Geld offenbar bei öffentlichen Bauvorhaben keine Rolle spielt. Man will etwas, also macht man es auch. Koste es, was es wolle. Egal ob Autobahn, Tiefbahnhof oder Konzerthalle. Könnte man nur die Beseitigung von Armut mit dem gleichen Enthusiasmus angehen, der Menschheit wäre wahrlich geholfen.

Tagesanzeiger Online (Schweiz)

"Im Konzert hat sich jetzt gezeigt, dass die Rechnung aufging: Warm und direkt, voll und dennoch transparent tönen große Besetzungen hier; der Klang ist physischer, weniger steril als in anderen modernen Sälen, noch in den höchsten Rängen spürt man die Vibrationen der Bässe. Und wirklich verblüfft hörte man jede Nuance in Giulio Caccinis berühmtem «Amarilli, mia bella», das der Countertenor Philippe Jaroussky mit Harfenbegleitung mitten im Publikum sang: Dass so leise Klänge einen Saal mit 2100 Plätzen zu füllen vermögen, ist tatsächlich schon fast ein akustisches Wunder. Dass dabei keinerlei Hafengeräusche von aussen hereindringen, ebenfalls." 

TAZ Online (Berlin)

"Und wenn der Akustiker den großen Saal so nachjustiert, dass man lautes Orchester auf allen Plätzen angenehm hört, das Husten ferner Mit-Zuschauer aber nicht: Dann wäre das Glück perfekt. Ist damit alles vergessen, was an Bauskandalen und Kostensteigerungen durch die Welt ging? Nein, ist es nicht. Und man kann nach wie vor finden, dass Hamburg einen neuen Konzertsaal brauchte, das schon. Aber nicht in dieser glamourösen Hülle aus Luxuswohnungen und -hotel, die den Saal einst querfinanzieren sollten und von denen inzwischen einen Großteil die Stadt bezahlt."

Der Spiegel

„Der große Gesamt-Wumms, die Überwältigung durch Klang und Kraft (auch im Leisen) blieb aus. (...) Der Saal klingt voll besetzt anders als leer. Nämlich schlechter.“

The New York Times

„Wenn man von der kreativen Begeisterung der Eröffnungsveranstaltungen ausgeht, ist das Konzerthaus auf dem Weg, eine Musikkultur zu installieren, die so optimistisch und beeindruckend wie das Gebäude selbst ist.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Dieser Saal, so wunderschön er auch auf den ersten Sinn wirkt, mit seinen steil stufenförmig angeordneten Weinberghängen und den zehntausend verschiedenen, pittoresk multistrukturierten Wandpaneelen – den zweiten Sinn enttäuscht er. Dieser Saal klingt gnadenlos überakustisch. Dass Yasuhisa Toyota, der das Hördesign schon so vieler guter Konzertsäle entwarf, eine Schwäche hat für leichte Überakustik: klar, hell, durchsichtig, ist bekannt. Aber so eine brutal durchkalkulierte Studioakustik ist ihm noch nie unterlaufen. Und ein Studio ist kein Konzertsaal. Und Musik besteht nicht nur aus einzelnen Tönen."

Weser Kurier (Bremen)

"Neben all der Freude über die atemberaubende Architektur und die beeindruckende Akustik ist auch klar: Perfekter Klang auf allen Plätzen wurde versprochen, aber es gibt ihn nicht. (...) Vielleicht kann es ihn hundertprozentig auch gar nicht geben. Die Elphi ist ein schöner Ort mit großzügigen Foyers, in denen Konzertbesucher sich gerne aufhalten und nicht nur geduldet sind. Und zwar alle: Es wurde auch an ausreichend Platz für Rollstühle in den Aufzügen gedacht. Ob das Haus tatsächlich einen der besten Konzertsäle der Welt beherbergt, wird man sehen (und hören). Denn das liegt nicht daran, ob große Töne gespuckt, sondern ob sie gespielt werden."

Badische Neueste Nachrichten (Karlsruhe)

"Ohne Risiko, hohe Investitionsbereitschaft und die dazugehörigen finanziellen Mittel ist das Exzellente selten zu haben. Und ist es nicht ein Anlass, als Bürgerin oder Bürger stolz zu sein, dass in einer Demokratie gelungen ist, was man lange nur der Kirche, Königen oder Fürsten zutraute: einen architektonischen Markstein zu setzen, den auch noch spätere Generationen bewundern?Die Debatte um die entfesselte Kostensteigerung sollte man dennoch nicht einfach ignorieren. Immer wieder kommt es vor, dass ein Vorhaben der Allgemeinheit mit einer akzeptablen Kalkulation präsentiert wird, um später die Steuerzahler mit dicken Mehrbelastungen zu konfrontieren. Da muss man nicht einmal die Elbphilharmonie ins Visier nehmen - es genügt ein Blick auf die Karlsruher U-Strab mit ihren inzwischen fast peinlichen Korrekturen im Zeit- und Kostenplan.So kann vor Schönrederei nur gewarnt werden. Nicht immer lösen sich die Konflikte wie bei dem Hamburger Neubau am Ende in Wohlgefallen auf. Eher zerstört Beschönigung das Vertrauen in die Politik. Insofern ist "Elphi" auch eine Warnung."

Stuttgarter Nachrichten

"Auch in Stuttgart wird zurzeit, angestoßen durch die Suche nach einer Interimsspielstätte für die sanierungsbedürftige Oper, über eine Alternative zur überlasteten Liederhalle nachgedacht. Aber Visionäre und Träumer scheinen in Schwaben ebenso rar zu sein wie norddeutsche Sturköpfe, und den Kessel regiert, mentalitätsbedingt und befördert durch die Proteste gegen Stuttgart 21, die Angst vor allzu viel Größe. Dabei müssen es ja nicht gleich 800 Millionen Euro sein - wie das neue Bochumer Konzerthaus beweist. Und die Stadt würde an Strahlkraft derart zulegen, dass zumindest Teile des Geldes ins Stadtsäckel zurückfließen."

Allgemeine Zeitung Mainz

"Kein Stammtisch, der nicht in Wallung gerät bei den Themen öffentliche Hand und Geldverschwendung. Prachtbauten, nein danke: Bis tief hinein in die politische Nomenklatur lassen sich Befürworter für eine flächendeckende Ausstattung der Republik mit Kindertagesstätten sehr viel einfacher finden als für den Neubau von Museen, Theatern oder gar Konzertsälen.Wie schön daher, dass die Budgets von Bund, Ländern und Städten gelegentlich trotzdem für repräsentative Bauten zum Einsatz kommen. Wie schön aber vor allem, dass jetzt die Elbphilharmonie nach einer Zitterpartie sondergleichen - einer architektonischen, einer finanziellen und einer politischen - stolz und unverwechselbar im Hamburger Hafen aufragt. Um nicht missverstanden zu werden: Die Kostenexplosion von ursprünglich 77 Millionen Euro Zuschussbedarf auf das Zehnfache ist wahrlich kein Heldenstreich. Unentschlossenheit, willkürliche Umplanungen, punktuell wohl auch Unfähigkeiten haben dazu beigetragen, dass immer teurer wurde, was von Beginn an schon nicht preiswert veranschlagt war.Aber zu guter Letzt ist den Hamburgern etwas zugewachsen, was das Zeug zum weltweiten Touristenmagneten hat. Ob sich der Prachtbau je amortisieren wird, steht in den Sternen. Spielt auch keine Rolle. Allein die Tatsache, dass eine Stadt wie Hamburg es schafft, sich ein neues Wahrzeichen zu verpassen, ist eine Tat. Bislang musste dafür der Michel herhalten, eine Barockkirche mittlerer Güte - jetzt ist das ein einzigartiger Glasbau mit Wellenbrecher-Anmutung und spektakulär geschwungenem Dach. Man darf endlich wieder staunen. Die Baukosten werden darüber schnell vergessen sein."

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Der erste Klavierabend, der erste Jazz, das erste internationale Top-Orchester, die erste Kammermusik, der erste Wagner, der erste Mozart. Erst in den ersten Wochen danach ergaben sich Gelegenheiten, um sich auf alle Alltags-Eventualitäten einzurichten: Es gibt, für Notfälle, eine Steckdose für den Laptop neben dem „Carls“-Bistro-Tresen (wenn man nett fragt!); die Backstage-Cafeteria eignet sich für Interviews; Programmheft am besten gleich im 12. Stock mitnehmen. Alles gut zu wissen.

Seit Mitte Januar gibt es ständig Neues auf die Ohren, in einer Umgebung, die man als Bauplan und Baustelle bestens kannte, aber eben noch nicht als Begegnungsstätte, in der sich die Menschen fast ungläubig anstrahlen, weil sie hier sein können. Leuchtende Kinderaugen, überraschte Teenager, anerkennendes Raunen, staunende Touristen, und das tollste, weil ­gemischteste Publikum haben die einstündigen NDR-„Konzerte für Hamburg“. In der Laeiszhalle ließ sich am Besucheraufkommen mühelos erkennen, welchen Wochentag und welche Veranstalter-Reihe wir gerade hatten. In der Elbphilharmonie ist das so nicht mehr möglich. Das Haus ist für alle, sehr viele, die man vorher so nicht sah, ­haben die Einladung angenommen.

Tonbandgerät in der Elbphilharmonie

Die Abendtermine des ersten Elbphilharmonie-Monats boten zwar riesige musikalische Abwechslung, das Rundum-Erhören des Großen Saals ­jedoch ist noch lange nicht abgeschlossen, denn die Presseplätze wurden bislang vor allem vor und leicht oberhalb der Bühne eingeteilt. Die ganz steilen Blick- und Hörperspektiven in der 16. Etage fehlen also noch. Vielleicht klappt es irgendwann sogar, in einem der wenigen extrabreiten „love seats“ zu landen.

Nicht nur der Arbeitsbereich hat sich mit dem 11. Januar verändert, der Rest der Stadt offenbar auch. Ob am Nebentisch beim Mittagessen, in der Bahn, im Café: Es scheint für sehr viele nur ein Gesprächsthema zu geben: Karten. Wer hat wie viele oder auch nicht, wie schwer war das, wann gibt‘s die nächsten? Kollegen möchten zwischen Tür und Kaffeepause mal eben die ­Besonderheiten von Schostakowitschs späten Sinfonien erklärt bekommen, oder froh berichten, wie ihnen das Pärt-Konzert gefiel.

Genau das war der Plan. Andere zählen die Stunden, bis sie das nächste Mal, endlich, den Großen Saal betreten dürfen und ein für sie komplett neues Gefühl genießen können: angekommen, willkommen zurück. Hier spielt die ­Musik, für jeden. Und, ganz ehrlich: Ich könnte auch schon wieder.

Neues Magazin zur Elbphilharmonie

Elbphilharmonie – alles, was Sie wissen müssen: Das Hamburger Abendblatt bringt am Freitag ein eigenes, 84 Seiten starkes Magazin im hochwertigen Zeitschriftendruck zum neuen Konzerthaus und Wahrzeichen der Hansestadt heraus. Das Magazin ist mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren für 8 Euro in der Abendblatt-Geschäftsstelle und im gut sortierten Zeitschriftenhandel erhältlich. Abonnenten erhalten das Magazin übrigens für 6 Euro in der Geschäftsstelle.

Das neue Magazin zur Elbphilharmonie vom Hamburger Abendblatt
Das neue Magazin zur Elbphilharmonie vom Hamburger Abendblatt © HA

Die Abendblatt-Redaktion präsentiert die schönsten Bilder der Elbphilharmonie und die interessantesten Geschichten zum Konzerthaus. Auf 20 Seiten bietet das neue Magazin einen großen Service: Wie komme ich hin? Wo kann ich parken? Wo bekomme ich Karten? Wo kann ich rund um die Elbphilharmonie essen, trinken oder auch übernachten? Darüber hinaus gibt die Redaktion Tipps und erklärt, was man als Klassikneuling hören sollte.

Hamburger Abendblatt – Elbphilharmonie: 8 Euro im gut sortierten Zeitschriftenhandel, im Infoshop auf der Plaza der Elbphilharmonie, in der Abendblatt-Geschäftsstelle sowie im Onlineshop des Hamburger Abendblatts unter shop.abendblatt.de Abendblatt-Abonnenten erhalten das Magazin in der Geschäftsstelle am Großen Burstah 18–32 und im Onlineshop zum Vorteilspreis von 6 Euro. ­Auch als E-Paper wird das Maagzin verfügbar sein.