Hamburg. Auch wenn wir unsere Stadt noch so gut kennen, alles können wir nicht wissen. Ein neues Hamburg-Buch gibt ganz besondere Tipps.
Wer sucht sie nicht – die unterhaltsame Begleitung, mit der man unbekannte Orte erkunden und Wissenswertes darüber erfahren kann. Der neue Reiseführer „Verborgenes Hamburg“ könnte da eine gute Empfehlung sein. Verfasst wurde das Werk von den Hamburgern Rike Wolf und Holmer Stahncke, die beide als Autoren und Fotografen arbeiten.
In ihrem Buch lenken sie die Aufmerksamkeit auf viele Details, an denen wir achtlos vorbeigehen. Zu jedem gibt es Anreisetipps mit Bus und Bahn. Das Abendblatt stellt eine Auswahl aus dem Bezirk Eimsbüttel vor.
Harvestehude: Skulptur „Ätherwelle“ vor dem NDR erinnert an Heinrich Hertz
Der Hamburger Bildhauer Friedrich Wield machte während seines mehrjährigen Aufenthalts in Paris einen so guten Eindruck auf seinen Lehrmeister Auguste Rodin, dass dieser ihm eine handschriftliche Empfehlung ausstellte. In dieser forderte er die Heimatstadt Wields auf, den Künstler zu unterstützen.
Daraufhin erteilte der Senat ihm 1931 den Auftrag, ein Denkmal zu Ehren des Physikers Heinrich Hertz zu schaffen. 1933 vollendete Wield sein Modell der Ätherwelle. Das Figurenpaar Aither und Gaia konnte noch in Bronze gegossen werden, bevor die Nazis die Fertigstellung des Kunstwerks stoppten. Wield bekam weder Geld dafür noch jemals weitere Aufträge.
Die Ätherwelle, Rothenbaumchaussee 122 (vor Haus 20 des NDR), Harvestehude. ÖPNV: Bus 109 bis Sophienterrasse
Rotherbaum: Jahrmillionen alte Skelette im Centrum für Naturkunde an der Uni
Das geologisch-paläontologische Museum zeigt auf drei Etagen Jahrmillionen alte Ausstellungsstücke. Die gesamte Entwicklung der Erde und des Lebens auf unserem Planeten während der vergangenen dreieinhalb Milliarden Jahre wird erläutert – und auch, wie die Erde von heute durch die Verschiebung der Kontinentalplatten, Vulkanausbrüche und das Erdmagnetfeld entstanden ist.
Weltweit bekannt ist das Museum mit dem zungenbrecherischen Namen für seine Ammonitensammlung. Im unteren Stockwerk der Dauerausstellung kann man diese ausgestorbenen Tintenfische, die an Schneckenhäuser erinnern, betrachten.
Museum der Natur, Martin-Luther-King-Platz 3, Rotherbaum. Geöffnet montags bis freitags 9 bis 18 Uhr, sonnabends nur in der Vorlesungszeit. ÖPNV: Busse 4 und 5 bis Grindelhof.
Grindelviertel: Grundrisse der Synagoge auf ehemaligem Uni-Parkplatz
Bis 1939 stand mitten im Grindelviertel die größte Synagoge Norddeutschlands mit Platz für 1100 Gläubige. Errichtet worden war sie 1905 auf einem Grundstück der jüdischen Gemeinde am Bornplatz. Die Synagoge war nicht nur als jüdisches Gotteshaus gedacht: Der imposante, frei stehende Bau sollte auch die gelungene Integration jüdischen Lebens in Hamburg ausdrücken.
Während der Pogrome am 9. November 1938 wurde die Synagoge verwüstet. Ein halbes Jahr später zwang die NSDAP die jüdische Gemeinde dazu, die Synagoge abzureißen und das Baugrundstück per Zwangsenteignung der Stadt Hamburg zu überlassen. 50 Jahre nach der Zerstörung wurde der Platz, der lange als Parkplatz der Universität genutzt wurde, zu einem Gedenkort umgestaltet.
Joseph-Carlebach-Platz/Allende Platz, Rotherbaum. ÖPNV: Busse 4 und 5 bis Grindelhof.
Niendorf: Tief im Wald verborgene Villa Mutzenbecher war schon Drehort für „Tatort“
Der ehemalige „Tatort“-Drehort im Niendorfer Gehege ist schwer zu finden: Der einzige Wegweiser zur Villa Mutzenbecher hängt mehr als drei Meter hoch und ist leicht zu übersehen. Die Villa ließ Hermann Mutzenbecher, der Gründer der Hamburg-Mannheimer Versicherung, vor dem Ersten Weltkrieg als Landhaus für die Sommerfrische errichten.
Später ging es kontinuierlich bergab mit dem schmucken Gebäude. Der letzte Mieter, Marc Schlesinger, zog 1987 ein und verhinderte 30 Jahre lang den endgültigen Verfall. 2017 beschloss die Stadt, die Villa mithilfe des Denkmalschutzamts zu sanieren. Heute nutzt der Verein Werte Erleben e.V. sie als Veranstaltungszentrum.
Villa Mutzenbecher, Bondenwald 110a, Niendorf. ÖPNV: U2, Bus 5, 23, 24, 191 und 391 bis Niendorf Markt.
Museum am Rothenbaum: Bibliothek beherbergt Reiseberichte aus dem 16. Jahrhundert
In den dunkel getäfelten Räumen der Bibliothek des Museums am Rothenbaum (MARKK) ist seit der Eröffnung 1912 alles so gut wie unverändert. Hier findet man alte Abhandlungen über Zauberpflanzen, Giftkunde und Okkultismus, japanische Schriften und Bücher auf Ivrith (modernes Hebräisch), Pashto und Farsi (beides persisch).
Auch Reiseberichte aus mehreren Jahrhunderten gibt es, die rituelle Gesänge schildern oder Darstellungen religiöser Statuen, Amulette oder Musikinstrumente zeigen. Die ältesten Berichte stammen aus dem 16. Jahrhundert. Die 1850 angelegte Sammlung umfasst mehr als 90.000 Bücher.
Museum am Rothenbaum (MARKK), Rothenbaumchaussee 64, Rotherbaum. Geöffnet: Donnerstag bis Sonntag, 13 bis 18 Uhr. Bibliotheksführung jeden ersten Donnerstag im Monat, Anmeldung erforderlich unter bibliothek@markk-hamburg.de oder (040) 428 879 601. ÖPNV: U1 bis Hallerstraße.