Hamburg. Seit Jahren galt am Garstedter Weg eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Diese wurde jetzt aufgehoben. Das sagen Anwohner und Polizei.

Ganz plötzlich sind die Schilder vom Straßenrand verschwunden. Die Tempo-30-Strecke am Garstedter Weg wurde quasi über Nacht aufgehoben. Das empört viele Anwohner in Hamburg-Niendorf, während andere sich freuen. Grund für diese Veränderung ist der Einzug von Obdachlosen in die Gebäude am Garstedter Weg 79-85, wo bis zum Winter ein Altenheim betrieben wurde.

Die Diskussion wird emotional geführt: „Sind die noch ganz sauber im Kopf?“, sagt ein Anwohner zur Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung. Ein anderer meint: „Ich finde das persönlich enttäuschend, und es macht mich wütend.“

Hamburg-Niendorf: Für Tempo-30-Strecken gibt es klare Vorgaben

Einige Eltern finden, nun sei der Elternrat der Grundschule Burgunderweg gefragt, die direkt dort liegt. Sie seien mit dem Vorgehen überhaupt nicht einverstanden, denn viele Kinder müssten den stark befahrenen Garstedter Weg kreuzen.

„Die 30er-Strecke war im Jahr 2020 geprüft und angeordnet worden, weil es dort das Alten- und Pflegeheim gab“, sagt Matthias Fick, Leiter Prävention und Verkehr im Polizeikommissariat (PK) 24 in Niendorf auf Anfrage. Für Tempo 30 gebe es klare rechtliche Vorgaben.

Verkehr Hamburg: Vor Kitas, Schulen und Pflegeheimen wird Geschwindigkeit reduziert

Tatsächlich kann seit einer Änderung der Straßenverkehrsordnung von 2016 ein solches Tempolimit von den Kommunen vor Kitas, Schulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern angeordnet werden. In Hamburg wurden seither viele Bereiche mit einer reduzierten Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde eingerichtet – und zwar auch auf größeren Straßen und nicht nur in Wohngebieten.

Die Schilder der Tempo-30-Strecke vor der Obdachloseneinrichtung am Garstedter Weg in Hamburg-Niendorf wurden in den vergangenen Tagen abgebaut.
Die Schilder der Tempo-30-Strecke vor der Obdachloseneinrichtung am Garstedter Weg in Hamburg-Niendorf wurden in den vergangenen Tagen abgebaut. © privat | Privat

Doch Matthias Fick sagt, das neue Pflegeheim entspreche nicht mehr den Vorgaben. Dabei sei die 30er-Strecke gut gewesen. „Wir wissen, dass dort viele zur Schule und zur Kita gehen.“ Allerdings sind deren Eingänge am Burgunderweg und nicht am Garstedter Weg, auch wenn die Grundstücke an die größere Straße angrenzen.

Hamburg-Niendorf: Anwohner wollten Tempo 30 am Garstedter Weg abschaffen

Gleich nach der Ankündigung, dass aus dem Altenheim eine Obdachlosenunterkunft wird, seien beim PK 24 mehrere Anrufe von Bürgern eingegangen, die nach der Abschaffung der 30er-Begrenzung gefragt hätten, sagt der Polizeibeamte. „Wir haben daraufhin bei der Sozialbehörde angefragt. Und die Prüfung hat ergeben, dass die neue Einrichtung den Status nicht erfüllt. Es gibt keine Möglichkeit, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf freiwilliger Basis fortzuführen.“

Und weil an der Kreuzung Garstedter Weg/Burgunderweg, die mit einer Ampel geregelt wird, auch keine besondere Gefahr vorliege, entfalle auch diese Begründung für eine Verlängerung. „Der Abschnitt ist kein Unfallschwerpunkt“, versichert Fick.

Verkehr Hamburg: CDU kritisiert Kommunikation – „es wird keiner mitgenommen“

Silke Seif, CDU-Bürgerschaftsabgeordnete und familienpolitische Sprecherin der CDU, sagt dazu: „Als Mutter bedauere ich diese Entscheidung, aber es gibt keine Rechtsgrundlage mehr für Tempo 30.“ Dass es vorab keine Mitteilung gegeben habe und kein Thema im Regionalausschuss war, ärgert Seif. „Das ist wieder das alte Thema: Es wird keiner mitgenommen, die Menschen werden wieder vor vollendete Tatsachen gestellt.“

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Auch der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Marc Schemmel hätte sich etwas anderes gewünscht. „Die SPD hatte sich ja seinerzeit für die Einrichtung der Tempo-30-Strecke eingesetzt, natürlich auch mit Blick auf Schulen und Kitas. Mir erschließt sich aber – ohne alle Verwaltungsvorschriften zu kennen – nicht, warum Tempo 30 vor einem Altenheim eingerichtet werden kann, aber gegebenenfalls nicht vor einer Unterbringung für pflegebedürftige Wohnungslose.“

Nach Angaben von Fördern & Wohnen leben in der neu geschaffenen Einrichtung pflegebedürftige Menschen zwischen Mitte 30 und Mitte 70 Jahren.