Hamburg. Früher wurde hier das Zäpfchen erfunden, heute dient das Gebäude als Ort für rauschende Partys. Bei welchen Feiern es nie Stress gibt.

Alte Industriegebäude eignen sich hervorragend zum Feiern. Das hat auch der Techno-Fan Alexander Schlüter erkannt, als ihn sein Vater vor über 20 Jahren nach seinen Zukunftsplänen befragte. Denn mit dem Edelfettwerk im Hamburger Stadtteil Eidelstedt gab es solche Gebäude im Familienbesitz. Seit 2003 wird nicht mehr produziert, stattdessen werden hier Partys gefeiert.

Nach einem kräftigen Dämpfer während der Corona-Pandemie geht es in diesem Frühjahr wieder in die Vollen. Allein 30 Abibälle finden ab Ende Juni statt.

Hamburg: Abiball bis Fetisch-Party – was das Edelfettwerk jetzt plant

Zu diesem besonderen Anlass kommen dann auch Mütter und Väter, Großmütter und Großväter in den angesagten Club, wo ansonsten Techno-Fans ebenso feiern wie Fetisch-Anhänger. Ballkleid und Smoking statt Lack und Leder lautet dann ein paar Wochen lang das Motto.

Die Geschichte der Fabrik an der Schnackenburgallee begann schon 1942, als Schlüters Großvater das Werk gründete und sich auf pharmazeutische Salben spezialisierte. „Hier wurden auch die Zäpfchen erfunden, die bei 37 Grad schmolzen und als Patent eingetragen“, sagt sein Enkel und klingt ein wenig stolz. Bis Ende der 1990er-Jahre wurde hier noch produziert.

Dann überzeugte Alexander Schlüter, der in Hamburg Betriebswirtschaft studiert hat und ein Faible für Techno hat, seinen Vater von einer neuen Geschäftsidee. Und so nahm vor 20 Jahren das Edelfettwerk als Feierlocation seinen Betrieb auf und machte sich schnell einen Namen.

Edelfettwerk wurde 2003 eröffnet und feiert 20. Geburtstag

Ganz am Anfang habe er aber auch Lehrgeld bezahlt, sagt der 52-Jährige: „Eröffne niemals einen Club in den Sommermonaten.“ Denn damals sei es in Hamburg mit den Beach Clubs losgegangen und in den heißen Wochen des Jahres 2003 seien die Gäste nicht so zahlreich wie erwartet ins Edelfettwerk gekommen.

Er schwenkte dann schnell um: von einem reinen Techno-Club auf die Nutzung als Veranstaltungslocation. „Firmenveranstaltungen sind ein sichereres Geschäft als das mit Techno-Jüngern“, sagt Schlüter.

In der großen Halle des Edelfettwerks in Hamburg-Eidelstedt können zwischen 300 und 1300 Menschen feiern. Wände und Tresen lassen sich verschieben.
In der großen Halle des Edelfettwerks in Hamburg-Eidelstedt können zwischen 300 und 1300 Menschen feiern. Wände und Tresen lassen sich verschieben. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Edelfettwerk: Betreiber stellt Gebäude als Location zur Verfügung

Üblicherweise organisiert Schlüter die Partys nicht selbst, sondern stellt die Räume für Veranstalter zur Verfügung. Agenturen wie beispielsweise Abi-Connection organisieren die Abibälle, andere Veranstalter die Clubnächte.

Die große Halle kann durch Raumteiler und einen verschiebbaren Tresen in der Größe den jeweiligen Veranstaltungen angepasst werden, maximal haben nach Angaben des Betreibers 1300 Menschen in dem größten Raum des Areals Platz.

Hamburg-Eidelstedt: Alte Fabrik wurde bereits fünfmal vergrößert

Schlüter hat über die Jahre viel umgebaut und immer wieder erweitert. „Wir haben schon fünfmal vergrößert.“ Die alte Baracke auf dem Gelände ist inzwischen abgerissen und hat Platz gemacht für ein neues Bürogebäude und einen Beach Club.

Im Ex-Labor der Fabrik befindet sich der sogenannte First Floor, in dem es anders als im restlichen Club auch Tageslicht gibt und schon etliche Hochzeiten gefeiert wurden. Und bei großen Firmenveranstaltungen mit gesetztem Essen werde hier serviert, sagt der Hausherr.

Während der Corona-Pandemie plante Alexander Schlüter die Bühne – für Open-Air-Konzerte im Edelfettwerk.
Während der Corona-Pandemie plante Alexander Schlüter die Bühne – für Open-Air-Konzerte im Edelfettwerk. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Edelfettwerk: Überall auf dem Gelände hat Schlüter Bambus gepflanzt

Weil Hamburg während der Pandemie Outdoor-Aktivitäten förderte, hat auch Schlüter aufgerüstet. „Es gibt ein großes Zelt über dem Beach Club und eine Bühne auf dem Backyard, auf dem im Sommer viele Live-Konzerte und Open-Air-Partys durchgeführt werden.“

Dafür hat er Parkplätze geopfert, aber wer hier feiert, ist ohnehin oft danach nicht mehr fahrtüchtig. Überall auf dem Gelände wächst Bambus, „jeder Einzelne von mir gepflanzt“, sagt Schlüter.

Der markante Schriftzug weist Besuchern den Weg in die Party- und Eventlocation Edelfettwerk in Eidelstedt.
Der markante Schriftzug weist Besuchern den Weg in die Party- und Eventlocation Edelfettwerk in Eidelstedt. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Weil das Edelfettwerk mitten im Industriegebiet liegt, sei der Lärmschutz kein Thema. An einer Seite rauscht die Bahn vorbei, vorn an der Straße der Verkehr der Schnackenburgallee. Nur ein Nachbarn habe sich bisher beschwert, sagt Schlüter. Aber weil dieser da gar nicht legal wohnen darf, habe sich das mit den Beschwerden schnell wieder erledigt.

Partylocation in Hamburg sucht noch Personal

Wie überall in der Gastronomie sucht auch das Edelfettwerk noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das bestehende Team unterstützen. Viele Minijobber hatten während der Corona-Zeit aufgehört. „Die fehlen uns immer noch. Wir sind immer noch auf der Suche – beispielsweise nach Nightleadern, also der Gastroleitung in der Nacht.“

Eine Nacht könne lang werden und er selbst habe das lang genug gemacht, sagt der zweifache Familienvater, der in den Elbvororten lebt. Techno-Partys dauern ihm zufolge gern mal bis in den Vormittag oder in den Mittag des nächsten Tages hinein.

Tanz in den Mai: Am Sonntag wird der 20. Geburtstag gefeiert

Am kommenden Sonntag gibt es im Edelfettwerk einen ganz speziellen Tanz in den Mai. Der Club feiert seinen 20. Geburtstag mit DJ Hell – Beginn ist um 15 Uhr bis 6 Uhr früh am 1. Mai.

Fetisch-Jünger sollten sich den 2. September notieren. „Wir verwandeln das Edelfettwerk in eine dunkelbunte Welt der Phantasie, Lust und Extravaganz“, heißt es in der Party-Ankündigung.

Edelfettwerk-Betreiber lobt Techno-Szene und Fetisch-Anhänger

Alexander Schlüter mag diese Szene, wie er sagt. Die Techno-Szene sei sehr liberal und bei Fetisch-Partys seien nur nette Leute, „da gibt es nie Stress“. Er selber führe ein bürgerliches Leben, „sonst würde man es nicht durchhalten“.

Der Hausherr erzählt gern die Geschichte von einer Wahlparty der Hamburger CDU, als das LKA sich vorab mit Spürhunden ankündigte. In der Nacht davor habe es eine Electro-Party im Edelfettwerk gegeben, bei der erfahrungsgemäß nicht nur legale Substanzen konsumiert wurden. „Glücklicherweise waren die Hunde nur auf Kampfmittel abgerichtet“, sagt Schlüter.