Hamburg. Halbaffen wurden gewogen, Echsen gemessen und Haifisch-Eier durchleuchtet. 14.300 Tiere und Tierchen mussten gezählt werden.
Es waren wieder turbulente Stunden: Im Tropen-Aquarium des Tierparks Hagenbeck wurde am Dienstagvormittag die alljährliche Inventur vollzogen. Mehr als 14.300 Tiere und Tierchen tummeln sich in der mehr als 8000 Quadratmeter großen Erlebniswelt. Wer sich hoch oben in den Bäumen oder gut getarnt unter großen Blättern versteckte, entging der peniblen „Volkszählung“ zum Jahresende. Alle anderen jedoch wurden von den Tierpflegern gefunden, gezählt, manche auch vermessen und gewogen. Zum ersten Mal gehörte auch ein medizinischer Check zu der Aktion.
Für die Dornschwanzagamen war es die erste Inventur im Tierpark
Während eine Tierpflegerin im Taucheranzug im Feuerfischbecken die Korallen mit einer Zahnbürste abschrubbte und dabei die Wassertiere zählte, wurden in der Biotop-Anlage für afrikanische Echsen die Riesengürtelschweife erfasst. Fünf dieser kleinen Drachen leben bei Hagenbeck; zwei hatten sich allerdings in ihrem Gehege versteckt, sodass nur drei Tiere gewogen und vermessen werden konnten. Auch wenn ihr Name anderes vermuten lässt, sind die etwa acht Jahre alten Tiere alle nur etwa 30 Zentimeter groß und wiegen zwischen 260 und 280 Gramm. Charakteristisch ist ihr dreieckiger Kopf, der abgeflachte Körper und der mit Stacheln besetzte Schwanz, der die Fliegengewichte dann doch zu kleinen Ungeheuern macht. Tierpflegerin Astrid Köhler trug lieber Schutzhandschuhe bei dieser Arbeit. „Bei Gefahr schlagen die Gürtelschweife mit ihren Stachelschwänzen um sich“, sagte sie und lachte.
Die Dornschwanzagame aus dem Oman hingegen haben einen weniger gefährlichen und auffällig runden Schwanz. Doch auch dieser hat eine wichtige Funktion. Mit ihm verschließen die Echsen auf der Flucht den Zugang zu den Erdlöchern, in denen sie sich verstecken. Eine weitere überlebenswichtige Eigenschaft ist, dass sie ihre Körpertemperatur durch eine Veränderung ihrer Färbung regulieren können. Anders als bei Hagenbeck kann es in ihrer Heimat, der Wüste, nämlich bis zu 50 Grad heiß werden. „Die Dornschwanzagame sind typische Mädchenechsen“, so Guido Westhoff, Leiter des Tropen-Aquariums. „Die Pflegerinnen rufen bei ihrem Anblick immer: ,Oh, wie süß!‘“ Für die drei Dornschwanzagamen, die im Tierpark leben, war es die erste Inventur. Sie sind erst drei Monate alt und niedliche acht Zentimeter groß, können ihre Größe aber noch vervierfachen.
Schlangen und Nilkrokodile mussten nicht auf die Waage
Itondy, der jüngste Nachwuchs bei den Kattas (schwarz-weiße Halbaffen aus der Familie der Lemuren), ist mittlerweile schon zehn Monate alt. Sein Gewicht hat er in den vergangenen drei Monaten verdoppelt: von 682 auf 1355 Gramm. „Der Kleine ist munter und bringt ordentlich Leben in die Katta-Gruppe“, freute sich Katta-Pfleger Jörg Walter. Itondys Artgenossen, die im Tropen-Aquarium frei herumtollen dürfen, waren von Guido Westhoff bei der letzten Inventur als zu pummelig eingestuft worden. „Nach einer strikten Abnehmkur haben es alle Kattas geschafft, ihr Gewicht um 150 bis 300 Gramm zu reduzieren“, stellte Jörg Walter fest. Katta-Chefin Koboldi etwa hat 200 Gramm abgenommen. Sie wiegt jetzt 2765 Gramm abzüglich der Möhrenscheibe, an der sie beim Wiegen versonnen kaut.
Im Großen Hai-Atoll tauchten unterdessen Tierpfleger Marian Merckens und Annika Höffner nach den Eiern des Zebrahai-Pärchens Harry und Sally. Noch im Wasser untersuchten sie mit einer speziellen Taschenlampe, ob die handtellergroßen braunen Eier einen Dotter haben und befruchtet sind oder nicht. „Leider hat sich herausgestellt, dass keines der Eier befruchtet war“, so die Tierpark-Mitarbeiter. Etwa 30 bis 50 Eier legt ein Zebrahaiweibchen pro Jahr. Warum die meisten bei Hagenbeck unbefruchtet sind, ist unklar. Ihre Eihäute werden getrocknet und der tierparkeigenen Zooschule zur Verfügung gestellt.
Und wie wiegt man ein Nilkrokodil? „Gar nicht“, sagte Westhoff. „Zu gefährlich. Bei denen sehen wir auch so, ob es ihnen gut geht.“ Nicht nur die 250 bis 350 Kilo schweren Krokos wurden in Ruhe gelassen. Auch die Schlangen wurden nur einer Sichtprüfung unterzogen. Der Netzpython Marlies machte es den Zählern leicht. Lässig und in voller Länge lag die Riesenschlange auf einem Ast. „Etwa sechseinhalb Meter und 80 Kilo“, schätzte Guido Westhoff. „Wenn wir die jetzt messen wollten, müsste pro Meter ein Mann mit anfassen, sonst wäre das zu gefährlich.“