Hamburg. Warum es nicht einfach ist, die Fassaden von alten Gebäuden zu erhalten – und wo es dennoch klappen kann. Eine „Hamburger Lösung“.

Wenn denkmalgeschützte Gebäude in Hamburg völlig umgebaut werden müssen, bleibt in der Regel die alte Fassade stehen. „Hamburger Lösung“, so bezeichnen Planer diesen Denkmalschutz, der in jüngster Zeit oft zu beobachten ist. Doch auch bei einer markanten alten Villa am Alsterufer bleibt jetzt die Fassade als Hülle – obwohl das Haus nicht unter Denkmalschutz steht. „Eigentlich hätten wir das abreißen können“, sagt Projektentwickler Florentin Schön, der das markante, um 1870 gebaute Gebäude derzeit völlig umbauen lässt. Sieben großzügige Eigentumswohnungen mit Blick auf die Alster sollen aus einer Kombination von Alt und Neu hier entstehen.

160 bis 350 Quadratmeter groß werden die Einheiten und zu dort „marktüblichen Preisen“ verkauft, wie Schön sagt. Und marktüblich sind hier die höchsten Preise, die so in Hamburg erzielt werden können: deutlich mehr als 10.000 Euro kann man in dieser Lage üblicherweise für den Quadratmeter zahlen. Aber das ist wohl auch genau der Grund, warum die Bauherren hier das alte Villenbild an der Alster erhalten können – ohne, dass Denkmalschutz sie dazu verpflichtet. Während an anderen Stellen der Stadt immer wieder viele vertraute Gebäude aus dem Stadtbild verschwinden.

Wie bei einer Wurzelbehandlung wurde das Innere komplett entfernt

Florentin Schön (l.) und Architekt Hartwig Duensing
Florentin Schön (l.) und Architekt Hartwig Duensing © Axel Tiedemann | Axel Tiedemann

Aber es geht auch anders, sagt Architekt Hartwig Duensing, der auf den Umbau historischer Gebäude spezialisiert ist und auch das Projekt am Harvestehuder Weg geplant hat. Hinter der Fassade, die von dicken Holzstützen gehalten wird, stehen Bauherr und Architekt in der Baustelle. Wie bei einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt wurde hier das Innere komplett entfernt, um neuen Grund zu bekommen. Die neuen Zwischenwände werden aber mit althergebrachten Kalksandsteinen gemauert, die Risse besser verhindern. Im Keller sind noch die originalen Gewölbe vorhanden. Die künftigen Geschossdecken bleiben in der Originalhöhe. Und die hintere Fassade ist Teil des Treppenhauses, die Neu- und Altbau verbindet. Ein Altbau, der „im Dialog“ zum Neuen stehe, wie der Architekt sagt.

Abriss und Neubau wäre technisch einfach und damit weitaus günstiger gewesen, sagt Projektentwickler Schön, ohne die Investitionskosten zu nennen. Teuer ist aber nicht nur der Aufwand zum Fassadenerhalt. Bei einem solchen Umbau gelten dann plötzlich auch die gesetzlichen Anforderungen, die an einen Neubau gestellt werden: Brandschutz, Energieverbrauch, etliche technische DIN-Normen. Bei der Villa reichte beispielsweise plötzlich der Platz nicht mehr für das Anstellen von Feuerwehrleitern – obwohl sich äußerlich nichts geändert hatte. Man musste daher zusätzliche Fluchttreppen einbauen. Und das macht das Bemühen um den Erhalt des alten Bildes noch teuerer als es ohnehin schon wäre, sagen Architekt und Bauherr.

Hier in Alsterlage könne sich so ein behutsames Umbauprojekt rechnen, in vielen anderen Lagen aber nicht. Und wenn man auch dort wenigstens die alten Fassaden erhalten möchte, um das vertraute Stadtbild zu belassen, dann müsste der Staat auch bei den Vorschriften mehr Entgegenkommen zeigen. „Da muss man einfach mehr Augenmaß zeigen“, sagt Architekt Hartwig Duensing.

Was sich für einen Investor dann offensichtlich nicht nur in Euro und Cent rechnet: „Es ist einfach ein gutes Gefühl, etwas mit Seele bauen zu können“, sagt Bauherr Schön.