Kirchwerder. Gregor Brysch ist der Neue im Pfarrteam in Vierlanden. Vor welchen Aufgaben er die Kirche in den kommenden Jahren sieht.

Berlin, Istanbul oder ein Gefängnis bei Göttingen: Gregor Brysch ist auf seinem Weg zum Pastor schon viel herumgekommen. Nun hat es den 36-Jährigen in die Vierlande verschlagen. „Und das hat mich ziemlich begeistert“, erinnert sich Gregor Brysch an den Moment, als ihm der Pfarrsprengel Kirche in Vierlanden als erstes Einsatzgebiet nach seinem Vikariat zugewiesen wurde.

Den Südosten der Stadt hatte er schon bei einigen Radtouren kennengelernt, zu denen er von seiner Wohnung in Rothenburgsort aus gestartet war. Dort hat er in den vergangenen zwei Jahren sein Vikariat in der Kirchengemeinde St. Thomas absolviert. „Ich freue mich schon auf das Frühjahr, wenn ich wieder häufiger mit dem Rad rausfahren kann“, sagt der 36-Jährige, der in Göttingen aufgewachsen ist.

Praktikum im Gefängnis war der Grund für das Theologiestudium

In der niedersächsischen Universitätsstadt hatte er bereits in einer kirchlichen Theatergruppe gespielt und einen „tollen Diakon“ gehabt, der ihn sehr geprägt habe, berichtet Brysch. Letztlich gab aber das Praktikum bei einem Gefängnispfarrer den finalen Anstoß zum Theologiestudium, das ihn in die deutsche Hauptstadt und in die Türkei führte. Der Pfarrer in der Justizvollzugsanstalt Rossdorf habe ihm schon an seinem ersten Tag des Praktikums verkündet, dass er dort am Ende einen Gottesdienst leiten werde.

Doch mit der Zeit habe er immer mehr „Muffensausen“ vor dieser Aufgabe bekommen, berichtet Gregor Brysch. Denn die Zuhörer „hinter Gittern“ seien doch sehr anspruchsvoll und würden direkt zurückmelden, wenn sie etwas nicht ansprechend finden, berichtet Gregor Brysch. Letztlich sei der Gottesdienst aber sehr gut gelaufen und hatte ihn darin bekräftigt, diesen beruflichen Weg einzuschlagen.

Nicht mehr jede Kirche wird einen Pastor haben

Den wird er nun in den Vierlanden weitergehen: Neben der Landschaft lernt er dort nun auch die Menschen immer besser kennen. Auf dem Land gebe es viel engere Beziehungen und auch eine stärkere kirchliche Tradition als in dem urban geprägten Rothenburgsort, erklärt Gregor Brysch. Damit einher gingen auch konkrete Vorstellungen, wie Kirche sein soll. „Das ist eine Herausforderung, aber macht mich auch sehr neugierig“, sagt der 36-Jährige. Neben Pastorin Doris Spinger, Pastor Alexander Braun und Pastor Nils Kiesbye ist Gregor Brysch nun ein fester Teil des Pfarrteams. Er unterstützt bei Amtshandlungen wie Beerdigungen und ist ebenso fest in den Gottesdienstplan eingebunden.

„Das kommende Jahr ist bereits komplett durchgeplant“, erklärt Doris Spinger. Auch an Weihnachten, um 17 Uhr in Kirchwerder und um 22.30 Uhr in Curslack wird Gregor Brysch dabei sein, ebenso am Freitagabend, 9. Dezember, im Gemeindehaus Neuengamme (Feldstegel 18). Dort gibt es von 19.30 Uhr an Snacks und Musik von Kirchenpopularmusiker Jan Keßler. Im lockeren Rahmen soll es Gelegenheit geben, miteinander ins Gespräch zu kommen. Das Thema ist dieses Mal ,Advent‘, erklärt Doris Spinger.

Neben einem gemeinsamen Gottesdienstmodell, in dem die Pastorin und die Pastoren rotieren und so nicht nur in ihrer ursprünglichen Heimatgemeinde, sondern in allen drei Kirchen predigen, verbindet die Gemeinden auch bereits ein gemeinsamer Konfirmandenunterricht. „Zukünftig wird nicht mehr jede Kirche ihren eigenen Pastorin oder Pastor haben“, erklärt Nils Kiesbye. Der Personalabbau wurde in Kirchwerder bereits spürbar, indem die zweite Pfarrstelle nach dem Weggang Gottfried Lungfiels vor mittlerweile drei Jahren nicht mehr nachbesetzt wurde. Um der Entwicklung zu begegnen, hat sich das Pfarrteam schon im Sommer 2019 auf den Weg gemacht und im Frühjahr 2021 offiziell den Pfarrsprengel „Kirche in Vierlanden“ gegründet.

Pfarrteam erkennt Anerkennung für geleistete Arbeit

„Es gibt noch viel zu tun, und das passiert nicht von allein“, sagt Nils Kiesbye. Denn auf dem Weg sollen die gut 8000 Gemeindemitglieder aus Kirchwerder, Neuengamme und Curslack unbedingt mitgenommen werden. Und dabei soll Gregor Brysch nicht nur eingebunden werden, sondern Impulse geben. „Wir freuen uns total über die junge Kraft, die uns mit Sicherheit noch mal einen Schub gibt“, sagt Doris Spinger. Dass die Nordkirche Gregor Brysch nun – wenn auch befristet für drei Jahre – ihrem Team zugesprochen hat, sieht das Vierländer Pfarrteam auch als Bestätigung ihrer bisher geleisteten Arbeit im Pfarrsprengel an. „Hier passiert etwas Interessantes, was Unterstützung verdient hat“, ist Nils Kiesbye überzeugt. Zuletzt hatte auch Pastor Michael Ostendorf die Vierlande bei Amtshandlungen unterstützt. Er wird allerdings nach dem plötzlichen Wechsel von Pastorin Dagmar Rosenberg in den Schuldienst in der Gemeinde Billwerder gebraucht.

Gregor Brysch erkennt nun den Auftrag, die Kirche in die Zukunft zu führen. „Wir müssen mit den Umbrüchen umgehen, die es auch ohne Corona und Krieg gegeben hätte“, sagt er und nennt mit dem Mitgliederschwund, mit Überalterung und schwindenden finanziellen Mitteln Beispiele. „Um eine lebendige Gemeinschaft zu bleiben, müssen wir den Menschen vermitteln, dass Kirche ein toller Ort ist“, sagt Gregor Brysch. Das sei ein Prozess, der wohl viel mehr auf 20 als auf zwei Jahre angelegt sei. Und: „Ich hoffe, dass es noch Leute gibt, die nachkommen, wenn ich mal in Rente gehe.“