Neuengamme. Die Hamburger Geschichtswerkstätten planen eine Ausstellung. Alte Fotos, Dokumente und Erinnerungen werden gesucht.

Zwangsarbeit gehörte in der Zeit zwischen 1940 und 1945 zum Alltag im Landgebiet. „Im Prinzip hatte jeder größere Bauernhof einen oder zwei Männer oder Frauen, die auf dem Hof halfen, beziehungsweise helfen mussten“, weiß Christian Römmer. Auch den Namen seines eigenen Urgroßvaters, der in Kirchwerder Gemüsebauer war, hat der Archivar der KZ-Gedenkstätte Neuengamme bei Recherchen in alten Dokumenten gefunden. Die Listen von Polizeiposten reihen die Höfe in den Vier- und Marschlanden auf, die Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg beschäftigten.

Bis vor zweieinhalb Jahren leitete Christian Römmer das Bergedorfer Geschichtskontor und engagiert sich noch heute im Vorstand der Geschichtswerkstatt. In einem Kooperationsprojekt mit allen Hamburger Geschichtswerkstätten soll nun eine Ausstellung zu Orten der NS-Zwangsarbeit in Hamburg ausgearbeitet werden. Insgesamt zwölf Einrichtungen werden ein Banner gestalten und dabei einen Schwerpunkt auf Orte und Betriebe im jeweiligen Stadtteil legen. „Ich habe mich entschieden, Informationen zur Zwangsarbeit in den Vier- und Marschlanden zusammenzustellen“, erklärt Christian Römmer.

Hamburger Geschichtswerkstätten suchen Dokumente zur NS-Zwangsarbeit

Um Informationen zu dem Thema zu erhalten, gebe es ein wenig Literatur, besagte Listen und Archive im Internet, berichtet Römmer. Einige Dokumente und Bilder hinterließen auch Überlebende, die 2001 und 2012 von der Stadt Hamburg bei einem Besuchsprogramm an die Elbe eingeladen wurden und dabei von ihrer Zeit als Zwangsarbeiter berichteten. „Zurück in der Heimat mussten sie zum Teil eine zweite Verfolgung erdulden, weil ihnen vorgeworfen wurde, sich nicht genug gewehrt zu haben, als Zwangsarbeiter beschäftigt zu werden“, erklärt Christian Römmer.

Neben Berichten ist auch die Fotografie eines Polen in Hamburg geblieben, der im Alter von etwa 14 Jahren in der Gartenbauversuchanstalt in Fünfhausen tätig war. Die Behandlung und Verpflegung der Zwangsarbeiter im Landgebiet soll meist besser als in den Betrieben in der Stadt gewesen sein, teilweise soll es ein fast freundschaftliches Verhältnis gegeben haben, berichtet Christian Römmer.

Bauern mussten an die Front, da musste Hilfe her auf dem Hof

Daher hofft er nun auf die Unterstützung der Vier- und Marschländer: „Ich bin mir sicher, dass es in den Fotoalben und auf den Dachböden in den Vier- und Marschlanden noch das eine oder andere Dokument aus dieser Zeit gibt. Vielleicht gibt es auch noch Zeitzeugen, die als Kind miterlebt haben, wie die Zwangsarbeiter auf ihrem Hof waren“, erklärt Christian Römmer. Teilweise sollen die Männer, die meist in der Feldarbeit eingesetzt waren und die Frauen, die sowohl auf dem Feld als auch im Haushalt arbeiten mussten, auch in Gasthäusern untergebracht gewesen sein und von dort morgens zum Dienst auf die Höfe ausgeschwärmt sein.

Bei seinen Recherchen gehe es keinesfalls darum, jemanden an den Pranger zu stellen. „Die Bauern mussten an die Front. Und um den Hof am Laufen zu halten, brauchte es Hilfe. Da war es ganz normal, zum Arbeitsamt zu gehen und eine Arbeitskraft aus dem Ausland zu bekommen“, erklärt Christian Römmer. Er sei daher an allen Informationen interessiert, die das Bild farbiger machen können, erklärt Christian Römmer.

Die inhaltlichen Recherchen zu der Ausstellung sollen in diesem Jahr abgeschlossen werden. Die Wanderausstellung soll im kommenden Frühjahr an verschiedenen Orten der Stadt zu sehen sein.

Kontakt zu Christian Römmer gibt es per E-Mail an christian.roemmer@gw-hamburg.de oder Mobiltelefon 0160/692 71 31.