Hamburg. Zu dem Thema forscht das Projekt Reconect. Erste Erfolge gab es beim Binnenhochwasser im Februar, die jetzt vorgestellt wurden.

Als das Projekt Reconect im September 2018 in Hamburg gestartet wurde, da hatte wohl niemand damit gerechnet, dass Modell-Berechnungen des Projekts dreieinhalb Jahre später dazu beitragen würden, eine Katastrophe zu verhindern: Denn als im Februar dieses Jahres Teile von Bergedorf und den Vier- und Marschlanden im Binnenhochwasser beinahe untergingen, wurde das Tatenberger Siel anders gesteuert, als es die Bedienungsrichtlinien vorsehen.

Es wurde nicht nur der Wasserstand in der Dove-Elbe vor dem Hochwasserereignis abgesenkt, sondern es wurden auch die Entwässerungsdauer verlängert und die Abflussleistung des Tatenberger Deichsiels erhöht, indem über drei Durchlässe – und nicht nur über zwei – Wasser aus der Dove-Elbe in die Stromelbe fließen konnte.

EU fördert das Projekt mit insgesamt 13,5 Millionen Euro

Ein 2D-Modell des Reconect-Teams hatte zuvor gezeigt, dass die Kombination dieser Maßnahmen eine merkliche Entlastung bringen würde. „Die Realität hat bestätigt, dass das Modell Wirkung zeigt. Dadurch wurde Schlimmeres verhindert“, ist Dieter Ackermann vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) überzeugt. Er erläuterte am Montagabend im Kulturheim am Mittleren Landweg, wie das Deichsiel ohne bauliche Veränderungen und nur durch eine optimierte Steuerung zu einem vorausschauenden Hochwasser-Management beitragen kann.

Ins „Kuller“ hatte das Reconect-Team, darunter Vertreter von der Umweltbehörde (Bukea), LSBG und TU Hamburg-Harburg um Projektleiter Christian Ebel (Bukea), interessierte Vier- und Marschländer geladen, um sie in einem Workshop über das Projekt zu informieren und zu beteiligen. Gut 40 Interessierte folgten der Einladung.

Statt technischer Lösungen mehr naturbasierte

Das EU-geförderte Projekt wurde ins Leben gerufen, um Extremwettersituationen zu begegnen. Denn die nehmen tendenziell in ihrer Häufigkeit zu. Diesen Gefahren mit immer mehr technischen Lösungen wie Schleusen, Deichen oder Wehren zu begegnen, könne aber nicht allein die Lösung sein. Stattdessen sollen Wege gefunden werden, um hydrometeorologische Risiken wie Hochwasser, Sturmfluten und Dürren durch naturnahe Lösungen zu mindern.

Dazu zählen Rückhaltebecken ebenso wie eine naturnahe Gewässerentwicklung. Mehr als 35 Partner aus Europa, aber auch Malaysia oder Taiwan, beteiligen sich an dem Projekt. Das Gesamtbudget liegt bei 13,5 Millionen Euro, die EU-Förderung für Hamburg bei knapp 1,7 Millionen Euro.

Wasserstandssteuerung soll optimiert werden

Die Vier- und Marschlande sind für Hamburg das Projektgebiet. Im Fall von starken Niederschlägen sei das Gebiet potenziell einer erheblichen Hochwassergefährdung ausgesetzt. Neben einer komplexen und manuellen Steuerung der wasserwirtschaftlichen Anlagen wie dem Tatenberger Siel untersucht Reconect ebenfalls die Möglichkeit, die Wasserstandssteuerung innerhalb des Grabensystems zu optimieren, um auch bei Trockenperioden Mindestwasserstände gewährleisten zu können.

Übergeordnetes Ziel des Projekts ist es, naturbasierte Lösungen zu finden, um den Wasserstand im Gebiet und des Grabensystems zu verstetigen.

Projekt läuft bis August 2024

Das Projekt läuft noch weitere zwei Jahre bis Ende August 2024. Es wird begleitet von einer sozialwissenschaftlichen Untersuchung, die in Dänemark entwickelt wurde. Dabei soll die Meinung der Vier- und Marschländer zum Thema Hochwasser- und Gewässerschutz abgefragt werden.

Voraussichtlich ab Ende Juli oder Anfang August sollen Fragebögen in 1500 Postkästen im Landgebiet verteilt werden. Zudem soll es auch die Möglichkeit geben, die Fragen online zu beantworten (https://www.survey-xact.dk/LinkCollector?key=63S7G1SESN CP). Im September oder Oktober will das Projekt erneut Interessierte einladen und den Fortgang des Projekts vorstellen, kündigte Christian Ebel an.