Moorfleet. Der Vierländer verabschiedet sich heute (31. Mai) von der Spitze der Landwirtschaftskammer Hamburg. Seine Nachfolgerin tritt morgen an.

Hans-Peter Pohl ist – neben dem ehrenamtlichen Präsidenten – das Gesicht der Landwirtschaftskammer Hamburg. Der 65-Jährige ist seit 34 Jahren Geschäftsführer der landwirtschaftlichen Selbstverwaltung, einem wichtigen Berater, Kontrolleur und Ansprechpartner der grünen Branche. Mittlerweile arbeite er oft mit der zweiten Generation der Betriebsinhaber, „während die dritte bereits im Betrieb tätig ist“.

Am heutigen Montag hat Pohl seinen letzten Arbeitstag, dann verabschiedet er sich in den Ruhestand. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die Situation der Gartenbau- und Landwirtschaftsbetriebe sehr verändert. Dadurch veränderte sich auch das Aufgabenfeld der Kammer.

Ohne Ehrenamtliche wäre Arbeit nicht zu leisten

Coronabedingt wird der Vierländer heute in einem kleinen Kreis von Andreas Kröger (Präsident) und Insa Harms (Vizepräsidentin) verabschiedet. Kröger und Harms sind erst der dritte Präsident und Vizepräsident der Kammer, mit denen Pohl in seiner langen Amtszeit zusammengearbeitet hat. Ohne das Engagement der Ehrenamtlichen sei die Arbeit nicht zu leisten, betont der 65-Jährige.

Als er vor 34 Jahren seinen Posten beim Rechtsvorgänger der Kammer, dem Hauptausschuss für Landwirtschaft und Gartenbau, antrat, war Pohl einer von vier Mitarbeitern. Heute sind es 21 in Voll- und Teilzeit. „Das ist ein kleiner Laden im Vergleich etwa zur niedersächsischen Landwirtschaftskammer mit rund 2000 Mitarbeitern.“

Dass sich der Personalstamm am Brennerhof verfünffacht hat, liege auch an verschiedenen neuen Aufgaben, die die Kammer im Laufe der Jahre übernommen hat. So wurde 2009 die Hamburgische Gartenbauversuchsanstalt integriert, übernimmt die Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts zunehmend auch staatliche Aufgaben. Seit dem vergangenen Jahr überwacht sie auch die Einhaltung der Düngevorschriften in den Betrieben. „In diesem Bereich sind Beratung und Kontrolle streng voneinander getrennt.“ Außerdem ist die Landwirtschaftskammer an dem bundesweiten Tierwohlprojekt „FoKuS TUN“ beteiligt.

Von 124 Vorstandssitzungen nicht eine verpasst

Pohl ist auch zuständig für den Haushalt und die Personalführung der Kammer, betreut Gremien und Ausschüsse. Von 124 Vorstandssitzungen seit seinem Start 1987 habe er nicht eine verpasst. Die enge Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung beanspruche ebenfalls viel Zeit. Als Geschäftsführer eines „kleinen Ladens“ kümmere sich Hans-Peter Pohl auch um Verwaltungsarbeit, habe er „Verantwortung für viele wichtige kleinere Bereiche wie etwa die Arbeitssicherheit“.

Die Mitarbeiter der Kammer passen auf, dass die Ausbildung in den Mitgliedsbetrieben korrekt verläuft, schalten sich bei Problemen ein und helfen dem Azubi, falls notwendig, einen neuen Betriebe zu finden. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsverband Gartenbau Norddeutschland motiviert die Kammer wiederum Betriebe zum Ausbilden und vermittelt Azubis. „Da geht es vor allem um den Gemüse- und Zierpflanzenbau“, sagt Pohl. Der Garten- und Landschaftsbau habe weniger Nachwuchssorgen.

Als Pohl anfing, hatte der Hauptausschuss für Landwirtschaft und Gartenbau seinen Sitz auf dem Hamburger Großmarkt. 1992 zog er mit einem Teil seiner Kollegen in das Haus des Gartenbaus am Brennerhof in Moorfleet. Seit 2013 ist die Kammer im benachbarten Kompetenz- und Beratungszentrum beheimatet.

„Die geregelte Nachfolge ist für mich das beste Abschiedsgeschenk“

Pohl ist stolz darauf, sagen zu können, dass fast alle Betriebe, die sich bis heute am Markt behaupten können, seit Jahrzehnten regelmäßig von den Experten der Kammer beraten lassen. „Wir sind ein Baustein ihres Erfolgs.“

„Die geregelte Nachfolge ist für mich das beste Abschiedsgeschenk“, sagt der Noch-Geschäftsführer. In seine Fußstapfen tritt von Dienstag an Nadine Eckhoff. Die Juristin wechselt vom Bauernverband Niedersachsen an den Brennerhof. Dort war die Volljuristin, die selbst auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufwuchs, zehn Jahre lang Geschäftsführerin der Kreisstelle Zeven. „Dort betreute sie rund 1200 Mitgliedsbetriebe“, weiß Pohl. Bereits in den vergangenen fünf Monaten arbeitete sie an einem Tag in der Woche im Kompetenzzentrum: Pohl arbeitete die 46-Jährige in die verschiedenen Themenfelder ein. „Sie wird über lange Zeit neue Akzente setzen können, ist aber alt genug, um fundierte Berufserfahrung einzubringen“, sagt Pohl.

Der Diplom-Agraringenieur, arbeitete nach seinem Studium in Bonn in einem Saatzuchtunternehmen in Bad Schwartau. Ehefrau Claudia, mit der er zwei erwachsene Kinder hat und in Kirchwerder lebt, lernte er an der Uni kennen. Die 64-Jährige folgt ihrem Mann im August in den Ruhestand. „Dann wollen wir verreisen.“ Am liebsten machen die Pohls Wanderurlaub.

Die Entwicklung der grünen Branche:

In Hamburg, wie auch anderswo in Deutschland, hat sich die Struktur von Gartenbau und Landwirtschaft gravierend geändert. Aktuell gibt es 625 Betriebe, davon gut die Hälfte in den Vier- und Marschlanden. Ein Drittel der Betriebe sind Bauernhöfe, die anderen werden von Gärtnern betrieben. In Hamburg, vor allem im Alten Land, gibt es etwa 100 Obstbauern und 15 Baumschulen, berichtet Hans-Peter Pohl.

Vor 34 Jahren, als Pohl als Geschäftsführer antrat, gab es in Hamburg noch 2200 Betriebe, die der grünen Branche zugerechnet worden sind. Rund 1300 von ihnen waren in den Vier- und Marschlanden beheimatet. „Das hat sich – ähnlich dem Einzelhandel – stark konzentriert“, sagt der 65-Jährige. Die noch existierenden Betriebe haben sich stetig vergrößert, Flächen der früheren Mitbewerber aufgekauft.