Hamburg. Die Polizei ist jetzt verstärkt präsent und verteilt Knöllchen. Viele Anwohner ärgern sich über das Vorgehen der Beamten.

An warmen Wochenenden strömen die Menschen in Scharen in das Naturschutzgebiet Boberger Niederung, dann schieben sich Blechlawinen über den Billwerder Billdeich und die Boberger Furt, wo die Zugänge zu dem Naherholungsgebiet liegen. Die Straßen sind zugeparkt, zahlreiche Fahrzeuge stehen im Halteverbot. Am vergangenen Sonntagnachmittag verteilte die Polizei, die das Gebiet nun verstärkt im Blick hat, dort 60 Knöllchen. Die Anwohner sind genervt – aus verschiedenen Gründen.

Chaos wird noch viel größer, wenn Oberbillwerder erst einmal steht

Die Politik will der Menschenmassen, die sich in Corona-Zeiten in Bergedorfs Naherholungsgebieten und an den Badeseen drängen, Herr werden und hat ein Verkehrskonzept auf den Weg gebracht, dass von der Verwaltung noch ausgearbeitet wird. Die Polizei wird aber bereits jetzt tätig, wenn der Ausflugsverkehr bei schönem Wetter zunimmt. „Die Boberger Niederung ist einer der Bergedorfer Hotspots“, sagt Axel Kleeberg, Chef der Bergedorfer Verkehrspolizei. Er berichtet von „massivsten Beschwerden durch Anwohner“, die sich über Falschparker aufregen.

Dirk Carstensen, der nahe der Kirche St. Nikolai am Billwerder Billdeich lebt, gehört nicht zu den Beschwerdeführern, wenngleich ihn der erhöhte Lärmpegel, „auch verursacht durch den Suchverkehr“, ebenfalls nervt. „Vor allem in der Mittagszeit und am frühen Abend ist hier an den Wochenenden viel los.“

Im Spätsommer wurden weitere Halteverbote eingerichtet

Carstensen äußert aber Verständnis: „Wo sollen die Menschen sich denn sonst erholen?“ Es wäre natürlich gut, den massiven Autoverkehr zu reduzieren, betont er: „Ich würde mir wünschen, dass die Menschen verstärkt mit dem Fahrrad oder mit dem Bus ins Naturschutzgebiet fahren. Zumal auch die Autos heute größer und breiter sind als noch vor einigen Jahren. Die Zahl der SUV ist ja deutlich gestiegen.“ Nahe seinem Haus ist eine der Hauptzuwegungen ins Naherholungsgebiet. Dort gibt es die Bushaltestelle „Billwerder Kirche“. Angesteuert wird sie von der Linie 330, die aus Billstedt und vom S-Bahnhof Mittlerer Landweg kommt.

Carstensen tun die Bus- und Autofahrer leid, die den Gegenverkehr abwarten müssen, um irgendwann an den in langen Schlangen geparkten Pkw vorbeizukommen. Im Spätsommer des vergangenen Jahres waren an mehreren Stellen auf dem Billwerder Billdeich weitere Halteverbote eingerichtet worden, damit vor allem Busse, aber auch Rettungswagen, überhaupt noch schnell genug durchkommen.

Immer wieder wilde Partys und Zelte in den Boberger Dünen

Ärgern kann sich Carstensen vor allem über Menschen, die sich nicht an die Regeln im Naturschutzgebiet halten, etwa ihren Müll hinterlassen. Immer wieder seien Partys gefeiert und Zelte in den Dünen aufgebaut worden. Der Ranger, der auf die Einhaltung der Regeln achtet, habe während der Pandemie besonders viel zu tun. Carstensen: „Am See brummt es gewaltig. Die Besuchermassen haben über die Jahre stark zugenommen.“

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Er sei gespannt, wie sich das Besucher- und Verkehrsaufkommen noch entwickle: „Vielleicht ist das jetzt nur die kleine Simulation von Oberbillwerder. Wenn der neue Stadtteil erst steht, wird hier wohl noch mehr los sein.“

Andere Anwohner ärgern sich aus weiteren Gründen: Hans-Heinrich Busse meldete sich bei unserer Zeitung, weil nun auch die Anwohner häufiger Knöllchen hinter den Scheibenwischern ihrer Autos fänden. „Jahrelang war dies in unserem Abschnitt, von Haus Nummer 296 bis zum Kreisel zum Mittleren Landweg, nicht der Fall.“

Nicht mal das Befahren unbefestigter Seitenstreifen ist erlaubt

Natürlich könne die Polizei nicht nur die Autos von Touristen aufschreiben und die der Anwohner ignorieren, entgegnet Axel Kleeberg. Busse findet die Verwarnung für Anwohner, die ihre Fahrzeuge „zwischen den Bäumen in ,Parkbuchten’ abstellen, um den Verkehr nicht zu behindern“ besonders ärgerlich.

Innerhalb geschlossener Ortschaften ist nur das Parken auf der Fahrbahn erlaubt, klärt Kleeberg auf. Vorausgesetzt, die Restfahrbahnbreite beträgt mindestens drei Meter. „Der Außenspiegel muss dabei mitgedacht werden“, sagt Kleeberg. Auf dem Billwerder Billdeich ist die Fahrbahn meist breit genug – zumindest, wenn dort schmale Pkw abgestellt werden. Dort, wo Halteverbotschilder stehen, tritt diese Regelung außer Kraft.

Auf Seitenstreifen, also etwa auch zwischen Bäumen am Fahrbahnrand, darf nur geparkt werden, wenn Schilder diese Flächen ausdrücklich als Parkplätze ausweisen. Parken auf unbefestigten Flächen schade ihrem Zustand, die Sanierung koste viel Geld. „Schon das reine Befahren nicht befestigter Seitenstreifen ist verboten“, sagt Kleeberg. Sie gehörten nicht zur Straße.