Hamburg. Am zweiten Verhandlungstag fällt noch kein Urteil um Auseinandersetzung mit einem Polizisten nach einem Verkehrsunfall.
Der Prozess gegen Ingo Werth vor dem Bergedorfer Amtsgericht ging am Freitag weiter: Der Lohbrügger muss sich dort wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten. Er hatte eigentlich nur als Ersthelfer bei einem Autounfall auf dem Curslacker Deich 372 am späten Abend des 24. Mai 2019 helfen wollen, wurde aber von einem Polizisten mehrfach ins Gesicht geschlagen und in Handschellen abgeführt.
Werth hatte sich geweigert, sich nach Aufforderung der Beamte vom Fahrzeug zu entfernen. Dort hatte er gekniet und den Oberkörper des schwer verletzten Fahrers, der hinterm Steuer eingeklemmt war und dessen Körper aus der Tür hing, stabilisiert. Werth wollte die Stabilisation der Halswirbelsäule nicht aufgeben, warten bis die Rettungskräfte vor Ort sind.
Ersthelfer versuchte, den Polizisten wegzudrücken
Aus Sicht der Polizei soll der Ersthelfer nach einem Polizisten geschlagen haben. Er habe versucht, ihn wegzudrücken, um dem Verletzten weiter zu helfen. Deshalb wurde Werth, der als Kapitän für Hilfsorganisationen an der Rettung von Geflüchteten beteiligt gewesen war, „zu Boden gebracht“.
Eine Akte zu dem Vorfall konnte Richter Dr. Sebastian Gößling von der Polizei nicht bekommen. Sie wurde möglicherweise bereits gelöscht. Die Kollegin des Polizisten, der die Auseinandersetzung mit Werth hatte, wurde als Zeugin ausgiebig befragt. Sie sprach von einer „dynamischen Lage“ und bezeichnete Werth als „Einzelkämpfer“, der sich gegen eine Gruppe rumänischer Beifahrer behaupten musste, die den Verletzten aus dem Auto ziehen wollten.
Polizistin berichtet von „kleineren Beleidigungen“
Werth habe nach Aussage der Polizistin „Handbewegungen in Richtung Gesicht meines Kollegen“ gemacht und „kleinere Beleidigungen“ ausgesprochen. Zuvor habe ihr Kollege versucht, den 61-Jährigen vom Auto wegzuschieben. Ihr Kollege habe den Ersthelfer im Verlauf des „Tumults“ innerhalb kurzer Zeit zweimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Dann sei Werth auf den Bauch gedreht und seine Beine fixiert worden.
Die Polizisten haben die Rettungsmaßnahmen eigentlich übernehmen wollen, sagte die Beamtin aus. Dazu kam es jedoch nicht, da sie mit dem Widerstand Werths beschäftigt gewesen seien. Zuvor, am Auto, habe Werth den Eindruck gemacht, dass er als Ersthelfer wisse, was er tue, betonte die Polizistin.
Unklar bleibt, welchen Plan die Polizisten hatten
Warum die Polizei ihn nicht habe gewähren lassen und dazwischenging, was der Plan der Beamten war, konnte die Frau nicht so recht erklären. „Warum haben Sie sich nicht neben Herrn Werth gekniet und ausgetauscht?“, fragte der Richter.
„Es war ja keine Reanimation. Der Verletzte wäre auch nicht aus dem Auto gefallen“, sagte die Polizistin. Die Polizei übernehme grundsätzlich Erste Hilfe, „aber hier gab es nichts zu tun“.
Angeklagter kritisiert die Polizisten als „übereifrig“
Sie hätten den Verletzten eigentlich „vorsichtig in den Sitz zurückdrücken müssen“, sagte die Polizistin. Statt dessen habe sie ihrem Kollegen geholfen, Werth unter Kontrolle zu bringen.
„Der Polizist war übereifrig und überfordert. Er hat den Verletzten extrem gefährdet. Ich hätte mir gewünscht, dass er mich nach dem Zustand des Verletzten befragt“, sagt Werth. Der Prozess wird am 19. Februar, 10.30 Uhr, fortgesetzt.