Kirchwerder. Die Firmengründer Herbert und Elke Scheel wollen nun ihren Ruhestand genießen. Nachfolger Falk Lorenz hat alle Mitarbeiter übernommen.
Den Sprung ins kalte Wasser wagte Herbert Scheel im Mai 1982. Damals machte sich der Vierländer mit einer Mini-Werkstatt im Nebengebäude seines Wohnhauses am Norderquerweg 71 selbstständig. Zuvor war der Elektromeister bei einer Bergedorfer Firma angestellt, bis diese den Betrieb einstellte. Nun, nach 39 Jahren, zieht sich Herbert Scheel in den wohlverdienten Ruhestand zurück – zumindest fast. Dem neuen Inhaber der Firma Scheel Elektrotechnik, seinem früheren Mitarbeiter Falk Lorenz (37), steht der 70-Jährige als Berater zur Seite.
Herbert Scheel wird seine neugewonnene Freizeit gemeinsam mit seiner Frau Elke genießen, die ebenfalls aus der Firma ausscheidet. Sie hatte ihren Mann seit der ersten Stunde im Betrieb unterstützt, besuchte einst die Abendschule, um im Büro arbeiten zu können. „Einer musste ja die Rechnungen schreiben“, sagt sie und lacht.
Lange vergeblich nach einem Nachfolger gesucht
Die Tochter des Ehepaares ist weiterhin als Betriebswirtin in der Firma beschäftigt. Neue Chefin wollte die 44-Jährige nicht werden. Deshalb hatte das Ehepaar Scheel lange vergeblich nach einem Betriebsnachfolger gesucht. „Wir hatten im Laufe der vergangenen zehn Jahre mehrere Mitarbeiter im Blick, aber keinen gefunden, den wir tatsächlich für geeignet hielten – bis jetzt“, sagt Herbert Scheel.
Schließlich sei es ihnen bei dem Verkauf des Handwerksbetriebs nicht nur um das Geld gegangen, betont Elke Scheel: „Die Firma ist unser Lebenswerk. Wir wollen sie in guten Händen wissen.“ Das Paar nehme die Verantwortung gegenüber den Kunden und den fünf Mitarbeitern schließlich sehr ernst.
Vor allem in den vergangenen zehn Jahren hätten sich die Umsätze des Unternehmens sehr gut entwickelt, berichtet Herbert Scheel. Dies liege vor allem an einer bestimmten Computersoftware, die er vor zehn Jahren erstmals einsetzte, einem „prozessorientierten Handwerkerprogramm“. Scheel: „Dieses Programm organisiert den gesamten Arbeitsprozess und ermöglicht eine exakte Kostenübersicht.“ Vor dieser systematischen Vorgehensweise habe der Elektromeister den Betrieb „eher aus dem Bauch heraus“ organisiert. Deshalb sei die Zeit, als Scheel mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigte, nicht die Zeit mit den stärksten Umsätzen gewesen. Anders formuliert: „Heute werden mit weniger Mitarbeitern höhere Umsätze generiert.“
Mehr als 40 Lehrlinge ausgebildet
Herbert Scheel beendete seine Lehre 1969. Fünf Jahre später heiratete er seine Frau Elke. 1984, zwei Jahre nach der Firmengründung, stellte er den ersten Lehrling ein. „Im Laufe der Jahrzehnte haben wir mehr als 40 Lehrlinge ausgebildet.“ Fast alle von ihnen hätten die Gesellenprüfung bestanden, einige wurden als Mitarbeiter angestellt. „Wir haben zu einigen der ehemaligen Auszubildenden noch heute freundschaftliche Kontakte“, sagt Elke Scheel. Ihr Mann hat sich auch außerhalb seiner Firma engagiert: Herbert Scheel war neun Jahre im Vorstand der Bergedorfer Wirtschaftsvereinigung WSB, als Bezirksmeister der Elektriker für den Hamburger Osten zuständig und Mitglied des Tarifausschusses des Norddeutschen Fachverbandes für Elektrotechnik.
Herbert Scheel und seine Mitarbeiter haben „alles gemacht, was ein Elektriker leistet“. Ein Schwerpunkt war Technik im Gartenbau. In zahlreichen Gewächshäusern bauten die Elektriker Steuerungsanlagen für automatische Belüftung, Düngung und Bewässerung ein – auch im Ausland. „Durch Kontakte zu Gewächshausherstellern hat die Firma auch Kunden in Dänemark und der Schweiz“, sagt Herbert Scheel. Auch in der Hamburger Kunsthalle war sein Können gefragt: „Dort haben wir Mess- und Regeltechnik zur Klimatisierung der wertvollen Bilder installiert.“
Kurzerhand eigene Waschmaschine an Kundin verliehen
Das Ehepaar Scheel hat bei der Arbeit einige kuriose Situationen erlebt: „Einmal kam ich nach Hause und stellte fest, dass meine Waschmaschine weg ist“, sagt Elke Scheel. Ihr Mann hatte sie kurzerhand einer Kundin geliehen, weil die dringend die Wäsche für ihre vier Kinder machen musste und deren Maschine den Geist aufgegeben hatte, erzählt Elke Scheel und lacht.
Langeweile dürfte bei den Scheels nicht aufkommen: Das Paar, das eine Tochter und einen Enkelsohn (10) hat, will nun mehr Zeit mit der Familie verbringen. Außerdem wollen die Eheleute das In- und Ausland bereisen, sobald die Pandemie unter Kontrolle ist. Geplant sind auch Segeltörns mit „Katharina“, dem Zehn-Meter-Schiff der Scheels, das in der Flensburger Förde liegt. Das Paar freut sich auch darauf, wieder Konzerte besuchen zu können. „Wir hören viele verschiedene Musikstile“, sagt Elke Scheel. Im „Gourmetclub“ soll wieder gemeinsam mit Freunden gekocht werden.
Büro, Werkstatt und Lager bleiben am Norderquerweg und auch der Firmenname ändert sich nicht. Falk Lorenz hat die Räume für zehn Jahre vom Ehepaar Scheel gepachtet.