Hamburg. Gäste bewirten, feiern organisieren: Im Hufnerhaus der Timmanns ist Trubel normal. Doch dann kam Corona und die Ruhe.

Tatiana (37) und Stefan Timmann (40) haben mit ihrem Haus Anna Elbe, einem denkmalgeschützten Hufnerhaus, ein bewegtes Jahr hinter sich. Derzeit können sie aufgrund des Corona-Lockdowns keine Zimmer an Touristen vermieten, im Saal mit seinen 50 Sitzplätzen keine Feiern ausrichten und das Café nicht öffnen. So viel zwangsverordnete Ruhe ist für das Ehepaar eine neue Erfahrung, denn vergangenes Jahr, in der ersten richtigen Saison am Altengammer Hauptdeich 82, waren die Timmans am Rotieren. Damals gab es im Haus Anna Elbe Dutzende Feiern.

Ende 2017 zog das Paar mit seinen drei Kindern (10, 8, 5) in das alte Bauernhaus ein, "obwohl hier damals noch eine Baustelle war", sagt Tatiana Timmann. Im darauffolgenden Sommer waren die Arbeiten beendet, wurde die erste Hochzeit im Saal ausgerichtet. Seitdem bestand das Leben der Eheleute zu einem wesentlichen Teil aus Putzen, Backen, Waschen sowie dem Bewirten der Gäste bei Feiern und – vom Frühjahr 2019 an – im Café, das sonntags ebenfalls im Saal eingerichtet worden war. Hinzu kam die Büroarbeit, etwa das Schreiben von Rechnungen und Einkaufslisten.

Im ersten Lockdown gab es "Kaffee und Kuchen to go"

Der Cafébetrieb lief gut an, wurde in diesem Jahr auf die Sonnabende ausgeweitet. Im ersten Lockdown im Frühjahr gab es "Kaffee und Kuchen to go", jetzt nicht mehr. "Das hat sich kaum gelohnt", sagt Stefan Timman.

"Wenn das Café geöffnet ist, stoppen viele Radfahrer hier, Touristen aus Hamburg und Umgebung", sagt Stefan Timmann. "Einige Radfahrer waren auf Tour von Denkmal zu Denkmal und haben auch hier gestoppt." Auch die vier Appartements, von denen jedes mit einer kleinen Sauna ausgestattet ist, die vier Waldhütten und zwei Baumzelte – insgesamt 36 Schlafplätze – seien sehr gut ausgelastet gewesen.

Letztere befinden sich zwei Meter über dem Boden, sind mit schweren Spanngurten in den Bäumen verankert. "Oft wurden die Schlafplätze auch von den Gästen der großen Feiern gemietet", sagt Tatiana Timmann. Allein die Bettwäsche hielt sie tagelang in Trab. "Inzwischen geben wir sie in eine Wäscherei."

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"Wir haben nächtelang durchgearbeitet", sagt die 37-Jährige. Manche Feiern endeten erst um 6 Uhr morgens. "Danach haben wir den Saal geputzt, bis um 9 Uhr die nächsten Gäste erschienen, um für ihre Feier zu dekorieren. Danach waren wir todmüde für unsere Kinder im Einsatz."

Um alles auf die Reihe zu kriegen, arbeiten die Timmanns - außerhalb von Lockdowns - nach einem strikten Wochenplan. Für die gastronomischen Angebote steuern sie einmal die Woche den Großhandel an. Stefan Timmann: "Wir sind zu klein und zu abgelegen, um beliefert zu werden. Aufgrund unserer Lage ist es auch schwierig, Aushilfen zu bekommen."

Stefan Timmann: "2019 waren wir sehr gut gebucht"

"2019 waren wir sehr gut gebucht, haben aber noch fast alle Arbeiten selbst erledigt, unterstützt lediglich von Aushilfen bei den Feiern", sagt Stefan Timmann. Im Sommer seien eigentlich permanent Gäste im Haus gewesen, etwa Brautpaare, die nach einer geeigneten Location schauen. "Wir hatten kaum noch ein Privatleben", sagt die 37-Jährige. Zehn Tage lang arbeiteten Fotografen und Models im Auftrag einer Modefirma auf dem Grundstück und in der näheren Umgebung. Das urige Haus diente für die Aufnahmen als Kulisse.

Am 13. März wurde die letzte Hochzeit gefeiert, "dann kam der erste Lockdown und wir hatten im Frühjahr 61 Tage lang geschlossen. Jetzt, im zweiten Lockdown, sind es bereits mehr als 50m Tage. Nur die Appartement-Vermietung läuft weiter - an Geschäftsreisende. "Aber das ist sehr überschaubar", sagt der Hausherr. Das Paar ärgert sich, dass die Ferienwohnungen nun nicht vermietet werden können, "dabei sind sie autark", betont Tatiana Timmann.

Für sie und ihren Mann habe es auch keinen "Lockdown light" gegeben: "Wir waren auch für dieses Jahr gut gebucht, mussten viele Übernachtungen und Feiern canceln." Das habe das Familienunternehmen wirtschaftlich schwer getroffen. "Leider nimmt die Bürokratie keine Rücksicht auf Corona", sagt die 37-Jährige. "Das Finanzamt will pünktlich sein Geld haben, auch Versicherungen und Krankenkassenbeiträge müssen pünktlich bezahlt werden." Das Paar müsse auch seine Steuerberaterin bezahlen. "Wir gehen jeden Monat mit Lockdown tiefer ins Minus, doch die versprochenen Corona-Hilfszahlungen lassen auf sich warten."

Zwischen den Lockdowns gab es nur drei Feiern im Haus Anna Elbe

Zwischen den Lockdowns gab es nur drei Feiern im Haus Anna Elbe – gemäß den Corona-Abstands-und-Hygiene-Vorschriften. Stefan Timmann: "Eine Hochzeitsgesellschaft hat bei uns gegessen, ist dann zum Tanz in einem anderen Partyzelt auf die andere Elbseite gefahren, weil das in Niedersachsen erlaubt war, und zum Übernachten wieder zu uns gekommen." Zwischen den Lockdowns seien auch viele Schlafplätze vermietet worden, lief auch der Café-Betrieb gut, berichtet das Ehepaar. "Die Leute wollten raus aus ihren eigenen vier Wänden", sagt Tatiana Timmann.

Anfang Februar, kurz vor dem ersten Lockdown, stellten die Timmans eine Mitarbeiterin ein: In ihrer 50-Prozent-Stelle kümmert sie sich, wie die beiden Chefs, um alles. Die Juristin hilft auch bei rechtlichen Fragen, etwa wenn es um Stornierungen oder um den Status der Firma, eine GbR, geht. Nun ist die Mitarbeiterin in Kurzarbeit. "Ein großes Problem ist, dass wir nichts planen können", sagt Tatiana Timmann.

Ein Projekt soll trotz aller Planungsschwierigkeiten und finanzieller Engpässe trotzdem zum Jahresbeginn angegangen werden: Das Paar will eine kleine Scheune aus Holz bauen. "Wir brauchen dringend Lagerflächen", sagt Stefan Timmann. Sonst sei in den privaten Räumen zu viel Durchgangsverkehr, weil etwa Aushilfen Mobiliar und Material für die Saal-Feiern von Abstellflächen im Wohnbereich holen müssten. Nach zwei Jahren liege nun endlich eine Bewilligung für den Bauantrag vor. Stefan Timmann: "Für das Projekt nehmen wir einen Kredit auf, weil das für uns sehr wichtig ist." Bis zum Sommer soll die Scheune stehen, damit sich Gäste nach den Bauarbeiten ungestört im Garten aufhalten können.