Bergedorf. Beim TSG-Neujahrsempfang wurde nicht nur über die Zukunft des Sports diskutiert. Geschichte einer Sportlerin berührt.
Neele Ludwig hatte bereits eine erfolgreiche Sportkarriere hinter sich, als 2019 ein Unfall ihrem Leben eine dramatische Wende gab. Sie kann heute ihren rechten Arm nicht mehr bewegen und trägt eine Beinprothese. „Doch nur acht Monate nach dem Unfall habe ich einen Ironman gefinisht“, sagt die 32-Jährige stolz, die beim Neujahrsempfang der TSG Bergedorf am Freitagabend zur „TSG-Sportlerin des Jahres“ gekürt wurde.
Die ehemalige Leistungsschwimmerin ist heute eine der besten Para-Triathletinnen der Welt, war 2022 Vierte der Weltcup-Serie und dreifache deutsche Meisterin. Sie ist ein Paradebeispiel dafür, wie man sich aus einer persönlichen Krise herausarbeitet, und was hätte passender sein können für einen Abend, der nach einem Jahr der gesellschaftlichen Verwerfungen unter dem Motto stand: „TSG Bergedorf – verlässlicher Partner in der Krise“.
TSG-Chef wünscht sich Kunstrasen für Hockeyspieler
Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg mit seinen dramatischen Folgen für die Energieversorgung, sie haben den Großverein mächtig durchgeschüttelt. Das ist auch an dem 1. Vorsitzenden Boris Schmidt nicht spurlos vorübergegangen, der dieses Mal sehr viel weniger angriffslustig wirkte als bei früheren Veranstaltungen dieser Art, als die prominenten Gäste aus Politik stets mit einem umfangreichen Wunschzettel nach neuen Investitionen nach Hause gingen. Schmidt ist klar, dass es in der Politik nun andere Prioritäten gibt als den Sport. Einen Vorstoß wagte er dennoch. „Wir brauchen einen Kunstrasen für unsere Hockeyabteilung“, mahnte der TSG-Chef. „Sonst wird es bald kein Hockey in Bergedorf mehr geben.“
Eine Ersatzanlage auf der Marienburg für den bestehenden Hockey-Naturrasen am Schulenbrooksweg und eine Umwandlung des dortigen Geländes in Wohnbebauung – all das war 2020 eigentlich schon beschlossene Sache. Dann kam die Pandemie. Nun liegt das Projekt auf Eis. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) ließ Schmidt dann auch freundlich, aber bestimmt abblitzen. „In den Planungen der Stadt ist jeder Quadratmeter bespielt. Wir brauchen Wohnungen“, entgegnete Dressel. Nur wenn das Projekt zu dem Erreichen dieses Ziels beitrage, könne es Realität werden.
Hamburg investiert eine Milliarde Euro in den vergangenen zehn Jahren in Sportanlagen
Ebenfalls zum Neujahrsempfang eingeladen war Michaela Röhrbein, die als Vorstandsmitglied beim Deutschen Olympischen Sportbund für die Sportentwicklung zuständig ist. Sie brachte eine bundesweite Perspektive in die von Moderator Clemens Löcke geleitete Diskussion ein. Bei 31 Milliarden Euro läge in Deutschland der Sanierungsstau bei Sportanlagen. Rund 400 Millionen Euro stellt der Bund für 2023 bereit. Etwa eine Milliarde Euro, führte Dressel aus, habe Hamburg in den vergangenen zehn Jahren in seine Sportanlagen investiert. Das Problem sei daher in anderen Regionen Deutschlands deutlich größer als in der relativ reichen Hansestadt. „Es gibt nichts Besseres für die Integration als Sport“, hob Dressel hervor. „Da begegnen sich auch mal Leute aus Neuwiedenthal und aus Bergedorf.“
Auch Röhrbein bemühte sich, der Dauerkrise einen positiven Ausblick zu verleihen. Das Engagement in den Vereinen und die schnelle Hilfe des Staates für den Sport bei den gestiegenen Energiepreisen stimmten sie positiv. „Unsere Struktur trägt“, resümierte Röhrbein. „Wir können unheimlich stolz sein auf das, was wir haben: eine starke Zivilgesellschaft.“
Mika Sosna zum „Sportler des Jahres“ gewählt
Eine solche Gesellschaft braucht natürlich Vorbilder, und wer könnte dafür besser geeignet sein als erfolgreiche Sportler? So war die Wahl der Sportler des Jahres wieder Teil des Neujahrsempfangs. Neben der Para-Triathletin Neele Ludwig, die in diesem Jahr bei den Welt- und Europameisterschaften an den Start gehen will, wurde erwartungsgemäß Diskuswurf-Ausnahmetalent Mika Sosna von den TSG-Mitgliedern zum „Sportler des Jahres“ gewählt. Der 19-Jährige weilt momentan im Trainingslager in Kienbaum (bei Berlin), konnte daher nicht persönlich vor Ort sein, wandte sich aber per Videobotschaft an die Gäste des Empfangs.
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Auch Sosna ist ein Beispiel dafür, wie man sich aus einer Krise herauskämpft. Bei seinem Weltrekordwurf im Sommer 2022 verletzte er sich, drohte dann gehandicapt bei den deutschen Meisterschaften die Qualifikation für die Weltmeisterschaft zu verpassen. Doch Sosna siegte mit dem letzten Wurf und wurde anschließend Vize-Weltmeister. Ähnlich dramatisch war es bei den Hamburg Black Swans.
Die American Footballer lagen im entscheidenden Spiel um den Aufstieg in die Regionalliga bis 40 Sekunden vor Schluss zurück, dann flog doch noch ein letzter Pass in die Endzone, und der Triumph war perfekt. Nun wurden sie zur „Mannschaft des Jahres“ der TSG Bergedorf gewählt. „Das bedeutet uns viel, so wertgeschätzt zu werden“, sagte Finn Abel, der die Ehrung gemeinsam mit seinen Teamkollegen Till Nowaczyk und Tobias Barwikowski entgegennahm.