Bergedorf. Die Hamburg Swans schlagen die Hannover Stampeders mit 34:9 und erreichen das Playoff-Finale gegen Kiel. Warum das schwer wird.

Das Playbook ist das Heiligtum eines jeden American-Football-Teams. Hier stehen die einzelnen Spielzüge drin, die ein Team sich vorgenommen hat. Es ist genau vermerkt, wann welcher Pass wohin fliegen soll, welche Laufwege die Spieler machen sollen und welche Gegenspieler sie dabei zu blocken haben, damit im Idealfall am Ende eines solchen Ablaufs ein Akteur frei durch ist, der mit dem Plastikei auf und davon läuft.

Diese Spielzüge müssen die Spieler in- und auswendig können, vor allem natürlich die Spielmacher (Quarterbacks), die jeden einzelnen Spielzug inszenieren. Falls man aber doch mal ein Detail vergessen hat, gibt es am Seitenrand ein Exemplar des Playbooks, in dem jeder Spieler bei Bedarf noch einmal nachschauen kann. Das Playbook der Hamburg Swans ist zur Pause des Playoff-Halbfinales gegen die Hannover Stampeders allerdings in keinem guten Zustand mehr. Völlig durchnässt liegt es auf einem Tisch. Die sintflutartigen Regenfälle während der ersten Hälfte haben die Seiten verklebt und aufquellen lassen. Was immer die American Footballer der TSG Bergedorf also in der zweiten Hälfte auf den Kunstrasen des „Swans Fiels“ am Ladenbeker Weg zaubern wollten, sie mussten es jetzt auswendig hinkriegen. Spicken ging nicht mehr!

Im Finale treffen die Swans auf die Kiel Baltic Hurricanes II

Es zeigt die Klasse der Hamburg Swans, dass sie sich auch von solchen Schwierigkeiten nicht irritieren lassen. Vor knapp 200 Zuschauern, die den widrigen Verhältnissen tapfer trotzten, setzten sie sich etwas zu hoch mit 34:9 (6:0, 7:3, 7:0, 14:6) durch. Im Playoff-Finale treffen die Bergedorfer nun am 15. Oktober zu Hause auf die Kiel Baltic Hurricanes II (15 Uhr, Ladenbeker Weg). Die gewannen im zweiten Halbfinale mit 7:2 bei den Osnabrück Tigers. Es war eine verrückte Partie. Bis zum Schlussviertel blieben die Kieler ohne Punkte, liefen die ganze Zeit über einem 0:2-Rückstand hinterher. Erst als fast schon alles verloren schien, erzielten die Gäste von der Ostsee dann aber doch noch den siegbringenden Touchdown.

Die Spieler der Swans bedanken sich nach der Partie beim Publikum.
Die Spieler der Swans bedanken sich nach der Partie beim Publikum. © Volker Koch | Volker Koch

In der regulären Saison haben die Hamburg Swans beide Partien gegen Kiel gewonnen, doch mit 7:0 und 21:20 waren beides extrem enge Matches, die leicht auch andersherum hätten ausgehen können. Hinzu kommt, dass die Saison in der 1. Liga, der German Football League, mittlerweile beendet ist. Dort hat die „Erste“ der Kieler knapp die Klasse gehalten. Im Playoff-Finale können die Kiel Baltic Hurricanes II nun sämtliche Spieler aus der ersten Mannschaft einsetzen, die unter 23 Jahre alt sind. Das könnte das Kräfteverhältnis gewaltig verschieben. Es wird also ein ganz schwerer Gang für die Hamburg Swans.

Dass die Bergedorfer jedoch für den Sprung in die Regionalliga gut gerüstet sind, bewiesen sie gegen Hannover. Die Stampeders sind eine robuste, unbequem zu spielende Mannschaft, die kaum etwas zulässt. Doch die Swans hielten geduldig dagegen und hatten schließlich das nötige Spielglück. Hannovers Jan Heitmüller bekam unmittelbar vor der eigenen Endzone ein viel zu hoch angesetztes Zuspiel, konnte den Ball nicht kontrollieren und ließ ihn fallen. Swans-Quarterback Frederik Mußler ließ sich nicht zweimal bitten und trug den Ball zum 6:0 in die Endzone. Im zweiten Viertel legte Mußler mit einem wunderschönen Touchdown-Pass auf Jannik Prehm nach. Dieses Mal saß auch der Extrapunkt – 13:0. „Jetzt ist langsam schon Hann-over“, frohlockte unser Fotograf Volker Koch.

Niklas Kahrau trägt das Ei über den halben Platz

Da hatte er sich nicht zu früh gefreut, denn obwohl die Gäste zur Pause noch per Fieldgoal auf 3:13 verkürzten, war es in der Tat „over“ für Hannover. In der zweiten Hälfte dominierten die Bergedorfer nach Belieben. Nilas Kahrau trug einen Kickoff-Return 50 Yards weit und ließ die Verteidiger der Gäste dabei wie Slalomstangen stehen. Erneut Prehm sowie Kahrau und Till Nowaczyk mit einem 30-Yards-Lauf nach Traumpass von Mußler sorgten für die weiteren Touchdowns und schraubten das Ergebnis auf 34:9. Das Finale kann kommen! Nur das Playbook müssen sie bis dahin noch einmal neu ausdrucken.