Hamburg. Radikaler Umbruch beim SV Nettelnburg/Allermöhe: Neben zwei Neuzugängen rücken 16 Spieler aus der A-Jugend beim Fußball-Verein auf.
Dass ihm da womöglich ein richtig guter Spieler zugelaufen ist, konnte Daniel Andrade zunächst nicht erahnen. „Ich habe ehrlicher Weise gedacht: Was ist das denn für ein Blinder?“, erzählt der Coach des SV Nettelnburg/Allermöhe über das erste Probetraining von John Moses beim Fußball-Bezirksligisten. Der aus Nigeria stammende Offensivspieler war nach der russischen Invasion in der Ukraine, wo er studiert hatte, nach Hamburg geflüchtet und suchte nun einen Verein.
Da war der 24-Jährige beim SVNA eigentlich an der richtigen Adresse. Schließlich hatten den Club nach dem Abstieg nahezu alle Stammkräfte verlassen. Zudem hatte auch sein Landsmann Daniel Eze, der ebenfalls die Flucht aus der Ukraine ergriffen hatte, kurz zuvor beim Team vom Katendeich eine neue sportliche Heimat gefunden. Aber würde Moses Nettelnburg wirklich weiterhelfen können?
Nigerianer haben in ihrer afrikanischen Heimat „semiprofessionell“ gespielt
Andrade zweifelte wie gesagt zunächst an seinen fußballerischen Qualitäten. Ein paar Wochen später hat der Trainer seine Meinung über den flinken und technisch versierten Angreifer aber grundlegend revidiert. „Ich bin von ihm angetan“, sagt der 42-Jährige.
Moses und Eze, der seine Stärken ebenfalls in der Offensive hat, könnten für den in der Vorsaison in vielen Partien harmlosen SVNA zu einem wichtigen Faktor beim Neuaufbau werden. Denn sie sind die einzigen beiden externen Zugänge und haben nach eigenen Aussagen in ihrer afrikanischen Heimat „semiprofessionell“ Fußball gespielt, wie Andrade berichtet.
Saisonziel: „So früh wir möglich den Klassenerhalt schaffen“
Neben den beiden Nigerianern gibt es 16 weitere neue Spieler beim Bezirksligisten, die eigentlich aber schon alteingesessen sind. Denn sie stammen aus der eigenen A-Jugend und spielen größtenteils bereits seit zehn Jahren für die Nettelnburger. „Das ist die Basis, auf der wir etwas aufbauen wollen. Ich halte das für sinnvoll und nachhaltig“, erklärt Ligamanager Jan Arp. Andrade pflichtet ihm bei: „Nach Jahren der Flickschusterei ist das die einzig richtige Herangehensweise.“
Dieser Umstand war dem Coach wichtig. Er und sein Co-Trainer Daniel Grosse hatten ihren Verbleib von der sportlichen Perspektive abhängig gemacht. Die Idee, den Neuaufbau größtenteils mit eigenen A-Jugendlichen zu bestreiten, stieß auf ihre Zustimmung, obwohl dieser radikale Umbruch natürlich Risiken birgt. „Wir werden Leistungsschwankungen unterworfen sein. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir uns in den meisten Spielen ordentlich präsentieren werden“, so Andrade. Sein Ziel: „So früh wie möglich den Klassenerhalt schaffen.“
Vorwärts-Wacker Billstedt ist auf John Moses aufmerksam geworden
Eze und Moses, die laut Arp „auf einmal auf dem Platz standen“, sollen bei diesem Unterfangen mithelfen. Letzterem genügten 45 Minuten im Testspiel am 5. Juli gegen den TSV Neuland (4:0), um bereits einen anderen Verein auf sich aufmerksam zu machen.
Ein Beobachter von Vorwärts-Wacker erkundigte sich zur Halbzeit nach dem Mann mit der Trikotnummer neun, der nicht nur für die 1:0-Pausenführung gesorgt hatte, sondern auch auffälligster Akteur auf dem Platz war. Nur gut, dass Arp kurz darauf dafür sorgte, dass der 24-Jährige, der gegen Neuland als Gastspieler mitwirkte, in den SVNA eintrat.