Curslack/Dassendorf. Torschüsse, Wutausbrüche: In den ersten Trainingseinheiten ging es hoch her. Was die Trainer ihre Mannschaften üben ließen.
Wer noch zu seligen HSV-Zeiten mit „Flanke Kaltz, Kopfball Hrubesch, Tor!“ aufgewachsen ist, muss umlernen. Denn das Erste, was der neue Trainer Sven Schneppel seinen Oberliga-Fußballern vom SV Curslack-Neuengamme beim Trainingsauftakt am Gramkowweg wegnimmt, sind die Außenbahnen, von denen aus es sich vortrefflich flanken ließe. Mit Hütchen lässt er ein neues Spielfeld in Form einer auf eine Spitze gestellten Raute markieren. Nun gibt es für den Ball nur noch eine Richtung: ins Zentrum, wo sich alles ballt. So werden die Spieler gezwungen, sich auf engstem Raum am Ball zu behaupten.
Oberliga-Fußball: Das Denken des SVCN soll nach vorn gerichtet sein
„Diese Spielform ist gar nichts Neues“, lächelt Schneppel. „Ich kann meinen Verteidigern sagen: ,Spielt keine Querpässe’ oder ich gebe das durch das Spielfeld vor.“ Einen aber kann das nicht stoppen. Curslacks Manni Kaltz heißt Moritz Kühn. Der stürmt weiter munter die rechte Seite rauf und runter und knallt zur Krönung den Ball wuchtig ins gegnerische Tor. Für den Reporter ist damit klar: Der muss künftig von Anfang an spielen! Schneppel registriert es mit Genugtuung, doch wirklich wichtig ist ihm etwas anderes. „Wir wollen uns bestimmte Dinge erarbeiten, zum Beispiel, welche Haltung wir haben, wenn wir mal den Ball verlieren.“
Das ganze Denken des Teams, das ist klar zu erkennen, soll nach vorne gerichtet sein. Vorwärts mit dem Ball, nicht quer. Nach 75 Minuten beendet der 49-Jährige zufrieden die erste von vier Trainingseinheiten in dieser Woche. „Ich bin beim SVCN sehr warmherzig aufgenommen worden“, schwärmt Schneppel, der nur fünf Kilometer vom Platz entfernt wohnt. „Das ist keine Selbstverständlichkeit, das habe ich auch schon anders erlebt.“
In Dassendorf geht es gleich im ersten Training hoch her
Zeitgleich legte am Montagabend auch Oberliga-Meister TuS Dassendorf los. Coach Jean-Pierre Richter ließ es ruhig angehen und nur einige Spielformen üben. Trotzdem waren seine Schützlinge sofort mit sehr viel Elan dabei.
So herrschte Mittelfeldakteur Sven Möller kurz vor dem Ende der Einheit sogar seinen besten Freund Henrik Dettmann lautstark an, nachdem dieser seiner Ansicht nach den Ball nicht schnell genug abgespielt hatte. „Wofür brauchst du so lange?“, schimpfte Möller, der sich gar nicht beruhigen konnte. „Ein bisschen ruhiger“, forderte ihn Richter auf.
„Erfolg beginnt da, wo die Komfortzone aufhört“
Der Trainer dürfte den Wutausbruch allerdings auch zufrieden zur Kenntnis genommen haben, zeugte er doch von großer Motivation und einer Gier, zu jeder Zeit immer das Optimum abrufen zu wollen. Und exakt dieser Erfolgshunger war der TuS in der abgelaufenen Serie trotz der letztlich souverän gewonnenen Meisterschaft etwas abhanden gekommen.
„Man sagt ja, Erfolg beginnt dort, wo die Komfortzone aufhört. Und wir waren da zu sehr drin. Wir müssen da raus“, fordert Sportchef Jan Schönteich. „Das beginnt bei allen. Bei mir und Alex (Ligamanager Alexander Knull, die Red.), den Trainern und der Mannschaft. Wir müssen alle zulegen. Und das werden wir auch.“
Nicht nur das Achtelfinal-Aus im Pokal gegen den späteren Regionalliga-Absteiger Altona 93 warf einen Schatten über die abgelaufene Spielzeit. Die Art und Weise, wie Dassendorf nach dem Jahreswechsel auftrat, missfiel den Verantwortlichen. „Wir haben den Titel und sollten eigentlich zufrieden sein, sind es aber nicht. Der Rückrundenverlauf war echt bescheiden. Wir müssen sehen, dass wir wieder mehr den Dassendorf-Style pflegen und besseren Fußball spielen“, fordert Schönteich.
Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Saison scheinen gegeben. Im früheren Schweizer Erstliga-Profi Jordan Brown (von Eintracht Norderstedt) sowie Oliver Doege (SVCN) wurden zwei sehr erfahrene Spieler verpflichtet. Zudem ersetzt Keeper Sebastian Kalk (Bramfelder SV) den zu Altona 93 abgewanderten Julian Barkmann. Und in Linus Feldpausch ist erstmals seit vielen Jahren ein Fußballer aus dem eigenen Zweite-Herren-Team in den Oberliga-Kader aufgerückt. „Er hat sich das wirklich verdient, hat ja schon oft mittrainiert bei uns und ist da nicht abgefallen“, lobt Schönteich den Youngster.
Fußball-Oberliga 2022/23:
Die Fußball-Oberliga wird in der Saison 2022/23 wieder in einer Staffel mit 18 Teams gespielt. Sie wurde somit gegenüber der Vorsaison um eine Mannschaft reduziert. Der erste Spieltag wird am letzten Juli-Wochenende sein:
TuS Dassendorf, SV Curslack-Neuengamme, Altona 93 (Absteiger aus Regionalliga), Concordia (Aufstieg in Regionalliga verpasst), TSV Buchholz 08, HEBC, Niendorfer TSV, USC Paloma, SV Rugenbergen, TSV Sasel, SC Victoria, Hamburger SV III, FC Süderelbe, Union Tornesch, TuS Osdorf, TuRa Harksheide (Aufsteiger Landesliga 1), FC Türkiye (Aufsteiger Landesliga 2), Eimsbütteler TV (Aufsteiger Landesliga 3)