Ochsenwerder. Einst beförderte sie Seeleute im Hamburger Hafen. 14 Jahre wurde sie nicht bewegt. Dann erfüllte sich Frank Turau (67) einen Traum.
An den Wochenenden fährt Frank Turau (67) gern zum Hafen Oortkaten und wirft den alten Dieselmotor an. Er stammt aus dem Jahre 1956 und ist so alt wie das Schiff, das er antreibt, die „Ivjonne“. Die ehemalige Hadag-Fähre ist Turaus ganzer Stolz. Mehr als sechs Jahre brauchte er, um sie wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Nun ist der Pensionär aus Moorfleet oft mit Freunden damit unterwegs.
Gebaut wurde das knapp 18 Meter lange Stahlschiff als „Wolfgang Borchert“ im Auftrag der Hadag auf der Werft Pohl & Jozwiak in Harburg. Die Barkasse beförderte früher Seeleute, deren Schiffe im Hamburger Hafen lagen, berichtet der stolze Eigner. „Es handelte sich um die kleinste Hadag-Fähre.“ Zwei baugleichen Schwesterschiffe gebe es ebenfalls noch: „Auch sie sind in Privatbesitz.“ Nach dem Entstehen der kleinen Serie des Typs 00 habe die Hadag immer größere Fähren bauen lassen.
1956 gebaute „Wolfgang Borchert“ war kleinste Hadag-Fähre
Als Turau die Barkasse 2014 erwarb hatte sie bereits den Namen „Ivjonne“, berichtet der Moorfleeter. Er kaufte das Schiff von einem Bekannten, der keine Zeit fand, um es flottzumachen. Als Frank Turau die ehemalige Fähre übernahm, lag sie in der Werft SSB Spezialschiffbau am Hafen Oortkaten – wie schon zur Zeit des Vor-Vorbesitzers. Das Schiff sei 14 Jahre lang nicht bewegt worden.
„Es war in Vergessenheit geraten und stiefmütterlich behandelt worden. Keiner wollte die ehemalige Fähre haben“, sagt der 67-Jährige und fügt hinzu: „Eigentlich bin ich aus Mitleid zu dem Schiff gekommen.“
Mit nicht wenig Geld für Fachleute und viel Eigenleistung brachte Turau seinen neuen Liebling wieder in Schuss. „Die Maschine habe ich selbst instand gesetzt“, sagt er. Erst nachdem er den Motor ein halbes Jahr lang bearbeitet hatte – etwa Rost entfernt, den Abgaskühler und Leitungen erneuert, Öl gewechselt und den Tank gereinigt –, habe er ihn erstmals angeschmissen.
Viele Motorteile mussten repariert oder sogar nachgebaut werden
„Ersatzteile waren schwer zu finden. Vieles musste ich reparieren oder sogar nachbauen.“ Der 80 PS starke MAN-Diesel sei dasselbe Modell, das auch deutsche U-Boote im Zweiten Weltkrieg antrieb, weiß der Pensionär. Das Schiff bringt es damit auf maximal zehn Knoten (18,5 Kilometer pro Stunde).
Turau besitzt ein Patent (Führerschein), das ihn zum Fahren des Schiffes auf Flüssen berechtigt. Über eine Seezulassung verfügt er nicht. Sein Schiff hat einen Tiefgang von 1,65 Metern. Die Stromelbe hinter Boizenburg lässt sich damit nicht befahren, dort ist der Fluss keine zwei Meter tief, sagt der Skipper.
Unter heutigem Namen „Ivjonne“ über Deutschlands Flüsse und Kanäle
Deshalb steuert der 67-Jährige seine „Ivjonne“ gern über den Elbe-Seiten-Kanal, der bis Wolfsburg führt, und an den der Mittellandkanal anschließt. „Über ihn kommt man bis Duisburg.“ Über den ebenfalls anschließenden Havelkanal kommen Schiffe bis an die Oder. „Bis Duisburg bin ich schon gefahren“, sagt Turau, der unter Deck seines Liebhaberstücks eine Kabine mit zwei Schlafplätzen hat.
Meist beschränkt sich der Freizeit-Kapitän aber auf Touren durch den Hamburger Hafen. „Dann habe ich zehn, zwölf Freunde an Bord, wird an Bord gefrühstückt und gegrillt.“ Seine Tagestouren sind im Freundeskreis sehr beliebt. In acht Stunden fährt die „Ivjonne“ dann die Süderelbe hinunter bis zur Lotsenstation in Höhe Blankenese. Dort wird gedreht, geht es über die Norderelbe zurück nach Ochsenwerder.
Die „Ivjonne“ liegt im Hafen Oortkaten, immer ist etwas an Bord zu tun
„Mehrere Hundert Euro im Monat“ lässt sich der Moorfleeter sein Hobby kosten. Das Geld geht unter anderem für Diesel, Liegegebühren und Versicherungskosten drauf. „Gut 2000 Liter Diesel im Jahr werden verfahren.“ Dabei macht er die Tanks – das Schiff hat Platz für zwei mal 2500 Liter – nie voll.
Auch wenn das Schiff vertäut am Steg im Hafen Oortkaten liegt, verbringt Turau viel Zeit darauf: „Es gibt schließlich immer etwas zu tun. Als nächstes muss ich beispielsweise die Fensterrahmen von Rost befreien und die Thermostatventile im Motorbereich erneuern.“ Solche Arbeiten erledigt er gern selbst, berichtet der Senior, der nie einen technischen Beruf erlernt hat. „Ich bin technisch interessiert, bastle gern.“
Als junger Mann ist Frank Turau drei Jahre zur See gefahren
Turau, der sich zu seinem früheren Berufsleben bedeckt hält, war schon immer von Schifffahrt fasziniert, hat stets ein „Faible für Seefahrt“ gehabt: „Als junger Mann bin ich drei Jahre zur See gefahren.“ Sein Patent zum Schiffsführer machte er auf dem Rhein in Basel (Schweiz). „Es gilt auch hier, in der gesamten Europäischen Union.“ Nach zwei Semestern Nautikstudium sei er aber „beruflich umgestiegen“. Er liebe aber nach wie vor die Elbe und die Binnenschifffahrt, betont der geborene Lüneburger.