Hamburg. Auf vielen Campingplätzen beginnt bald die Saison. Noch immer ist Outdoor-Urlaub beliebt. Aber freie Parzellen sind Mangelware.

Der Frühling steht vor der Tür – und auf den großen Campingplätzen am Hohendeicher See zieht wieder Leben ein. Die Parzellenpächter machen ihre Grundstücke flott und räumen ihre Wohnwagen und Vorzelte auf. Viele von ihnen werden einen Großteil der warmen Jahreszeit dort, in ihrem zweiten Zuhause, verbringen – wie Ole Seesemann.

Der 34-Jährige pendelt seit einem Jahr mit dem Bus zwischen seiner Wohnung in Hamburg-Hamm und Ochsenwerder, wo er einen rund 150 Quadratmeter großen Stellplatz in der Gemeinschaft Op de Wisch hat. „Ich habe lange nach einem Campingplatz oder einer Gartenlaube gesucht, wurde schließlich bei ebay-Kleinanzeigen fündig.“ Seinem Vorgänger kaufte er Wohnwagen und Vorzelt aus den 70er-Jahren ab. „Ich verbringe hier so viel Zeit wie möglich. Wenn das Wetter es zulässt, bin ich auch im Winter häufiger hier.“

Urlaub auf dem Campingplatz: Viel Besuch am Hohendeicher See

Der Single bekommt häufig Besuch von Freunden. Dann werde gegrillt, Karten gespielt, Bier getrunken, geangelt und im See gebadet. „Meine Freunde waren auch schon mit ihren Campingbussen hier. Genug Platz habe ich ja.“ Die Campinggemeinschaft ist ein eingeschworener Haufen, sagt Seesemann: „Gerade wir acht Parteien, die sich etwas abgelegen an einer Stichstraße befinden, sind eine gute Community. Wir sitzen oft zusammen und schnacken, haben sogar eine WhatsApp-Gruppe.“

Die Stürme im Februar bescherten Seesemann einen Riss in seinem Vorzelt. Die Naht hat er nun geflickt. Auch jede Menge Laub hat er bereits zusammengeharkt und gemeinsam mit den Nachbarn die Gehwege ausgebessert. Auf einem kleinen Hochbeet will der 34-Jährige Wilderdbeeren anpflanzen. „Die habe ich am Straßenrand gesammelt. Vergangenen Sommer habe ich eine gute Schüssel voll geerntet.“ Auch Stecklinge für Fleischtomaten will Seesemann bald in große Kübel pflanzen. Kirschen liefert ihm ein Baum hinter seinem Wohnwagen.

Dauercamping? Rund 600 Euro für eine eigene Parzelle

Mit einem E-Bike fährt Ole Seesemann in rund 30 Minuten zur Arbeit nach Moorfleet. „Das ist eine schöne Strecke, vorbei an der Tatenberger Schleuse.“ Der 34-Jährige arbeitet als Kommissionierer in einer großen Metalldreherei. An den Job sei der gelernte IT-Systemkaufmann über einen Camping-Nachbarn gekommen.

Warum Dauercamping? „Mir kommt es darauf an, meine Zeit nach Feierabend sinnvoller und möglichst draußen zu nutzen“, betont er. „Mit Fernsehen und Playstation habe ich bereits genug Zeit verplempert. “ Auf seinem Grundstück in Seenähe habe er schöne Aufgaben, sei es wie im Urlaub. Rund 600 Euro zahle er im Jahr für seinen Campingplatz – all inclusive, ausgenommen Strom.

Campingplatz am Hohendeicher See: Blitzblanker Platz der Eheleute Bürger

Ähnliche Kosten haben Marion (58) und Uwe Bürger (67), deren Parzelle sich einige Hundert Meter von Seesemanns entfernt befindet. Während der 34-jährige Single einen Männerhaushalt führt, in dem schon mal leere Bierflaschen und volle Aschenbecher zu finden sind und Aufräumen nicht übertrieben wird, wirkt bei dem Ehepaar aus Escheburg alles blitzblank. Ein Holzpavillon spendet Schatten. In einem festen Vorzelt sind Küche und Essbereich untergebracht.

Der Wohnwagen ist neu angeschafft, steht aber noch in Escheburg. „Im Winter haben wir ihn lieber zu Hause. Das ist sicherer.“ Im April soll er auf dem Platz abgestellt werden, dann starten die Bürgers in die Saison, mähen Rasen, putzen das Vorzelt, räumen auf.

„Wir gehören zu den ganz wenigen Campern, die mit ihrem Wohnwagen auch unterwegs sind“, sagt Marion Bürger. Vor Corona ging es – mit dem Vorgängermodell – nach Spanien, Österreich und Italien, inzwischen sei die Ostsee das favorisierte Reiseziel – neben Ochsenwerder.

Seit Kindertagen Camper am Hohendeicher See

Camping liegt dem Paar quasi im Blut. Marion Bürger und ihr Mann sind beide an den Wochenenden auf dem Campingplatz großgeworden, erzählt die 58-Jährige. Schon die Eltern der Eheleute hätten in Ochsenwerder Parzellen gehabt. Seit 1998 haben Marion Bürger und ihr Mann ihren eigenen Campingplatz, rund 100 Quadratmeter groß. Tochter Julia (25) kommt die Eltern oft dort besuchen. „Sie ist auch an einer Parzelle interessiert, aber leider ist hier stets alles ausgebucht.“ Die Nachfrage sei in der Pandemie noch gestiegen.

Das ist nicht nur bei den Campingplätzen am Hohendeicher See so. Im ganzen Norden, vor allem an den Küsten von Nord- und Ostsee sowie an den Seen, ist es noch immer sehr schwer, derzeit einen freien Dauerstellplatz zu bekommen. Viele Plätze führen zwar eine Warteliste, die aber häufig sehr lang ist. Wer Glück hat, findet ein Angebot über ein Anzeigenportal, muss dann aber meist sehr tief in die Tasche greifen.