Hamburg. Triste Zeiten: Die Gambrinen dürfen kein Osterfeuer entzünden, die Pfeifenbrüder müssen ihre 100-Jahr-Feier verschieben.
Erneut dürfen in Hamburg aufgrund der Corona-Pandemie keine öffentlichen Osterfeuer abgebrannt werden. Auch das große Feuer an der Elbe in Kirchwerder vom Unterhaltungsclub Gambrinus kann es zum zweiten Mal in Folge nicht geben.
Das Gambrinus-Feuer zählt zu den größten in Hamburg, lockt alljährlich Tausende Besucher ins Deichvorland. Der Junggesellenverein wird auf die Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken erneut verzichten müssen. Das trifft ihn hart. Schließlich ist er vom Fortbestand des großen Feuers abhängig.
Ostern sind unter strengen Auflagen nur private Feuer erlaubt
Während die Osterfeuer verboten werden, „bleibt lediglich das Entzünden privater Feuer auf privatem Grund unter Berücksichtigung der zu Ostern geltenden Kontaktregelungen gemäß der Hamburgischen Eindämmungsverordnung“, teilt Jon Mendrala mit, Sprecher der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke.
1962 haben die Gambrinen ihr erstes Osterfeuer angezündet. Gegründet wurde der Unterhaltungsclub 1885 von fünf jungen Männern, allesamt unverheiratet. Sie benannten ihren Club nach dem sagenhaften flandrischen König und Patron der Bierbrauer. Die Gambrinen haben sich dem Frohsinn, der Gemütlichkeit und dem Genuss des Gerstensaftes verschrieben.
Jeder Junggeselle ab 16 Jahren ist willkommen
Im Laufe ihrer langen Geschichte haben sie vieles erlebt: In den 1930er-Jahren mussten sich die Gambrinen aus politischen Gründen in einen Schießclub umbenennen, um weiter bestehen zu können. Nach dem Krieg war alles wieder beim Alten: Die Junggesellen amüsierten sich etwa bei feucht-fröhlichen Ausfahrten mit dem Seebäderdampfer„Rosenberg“.
Willkommen ist bei den Gambrinen jeder Junggeselle ab 16 Jahren. Neben dem Unterhaltungsclub gibt es weitere ungewöhnliche Vereine auf dem Lande. Auch sie leiden unter der Pandemie.
Neundorfer Korken-Club muss sich ein neues Vereinslokal suchen
Der Neudorfer Korken-Club (NKC) muss sich womöglich nach einem neuen Vereinslokal umsehen: Gastronom Otto Garbs (83), selbst Mitglied des 45 Jahre alten Clubs, wird seinen Gasthof Neudorf am Dorfer Bogen möglicherweise nie wieder öffnen – „aus gesundheitlichen Gründen“, wie er erklärt. In dem Lokal wurde der Club 1976 gegründet. „Wir müssen sehen, wie es nach Corona weitergeht“, sagt Harald Glitscher. Der 76-Jährige wohnt beim Gasthof Neudorf um die Ecke, ist seit Mitte der 1980er-Jahre Mitglied und steht seit sieben Jahren an der Spitze des Clubs mit den humorvollen und durstigen Mitgliedern.
Der Korken-Club soll auf jeden Fall weiter existieren, betont Glitscher. „Notfalls müssen wir uns ein neues Vereinslokal suchen. Viel Auswahl gibt es hier allerdings nicht.“ Die 17 Mitglieder leben vor allem in Ochsenwerder, zwei kommen aus Kirchwerder. Noch kurz vor Beginn der Pandemie seien einige jüngere Männer, „Anfang 30“, in den Club eingetreten. Die Mitgliedschaft ist den Herren der Schöpfung, „die gern mal dummes Zeug reden“, vorbehalten, betont Glitscher mit einem Augenzwinkern. Sie treffen sich – normalerweise – an jedem ersten Freitag des Monats. „Doch wir haben jetzt große Pause“, sagt der Vorsitzende nüchtern.
Vergnügungsverein muss Feier zum 100-jährigen-Bestehen verschieben
Die 51 aktiven Mitglieder des Vergnügungsvereins Frohe Stunde von 1921 in Kirchwerder leiden besonders unter den coronabedingten Einschränkungen: Sie wollten in diesem Jahr eigentlich das 100-jährige Bestehen ihres Vereins feiern. „Wir hatten schon vor Beginn der Corona-Krise mit der Planung begonnen“, sagt der Vorsitzende Werner Albers (74). Natürlich seien die Mitglieder des Vergnügungsvereins „schwer enttäuscht“. Nun liege „alles auf Eis“, denn gefeiert werden soll, „sobald es wieder möglich ist“.
Neben dem Vereinslokal De Krauler Kroog am Kraueler Hauptdeich 65 soll dann ein Festzelt aufgestellt werden. „Schließlich wollen wir mit vielen Gästen feiern, mit Abordnungen befreundeter Vereine“, sagt Albers. Doch derzeit seien nicht einmal Vorstandsversammlungen möglich. „Das Vereinsleben ruht. Unsere Mitglieder warten ungeduldig darauf, dass es weitergeht.“ Normalerweise würden die Herren – meist in Begleitung ihrer Frauen – Ausflüge unternehmen und sich zum Essen treffen.
Pfeifenclub Gemütlichkeit leidet unter der Pandemie
Der Vorsitzende des Pfeifenclubs Gemütlichkeit in Neuengamme freut sich darüber, dass die 178 Mitglieder, darunter viele passive, dem Club treu bleiben. „Wer drinnen ist, bleibt drin“, sagt Heiner Borstelmann. Die Mitgliedsgebühr betrage allerdings auch nur 20 Euro im Jahr.
Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick
- Corona in Hamburg – die aktuelle Lage
- Die Corona-Lage für ganz Deutschland im Newsblog
- Interaktive Corona-Karte – von China bis Hamburg
- Überblick zum Fortschritt der Impfungen in Deutschland
- Interaktiver Klinik-Monitor: Wo noch Intensivbetten frei sind
- Abonnieren Sie hier kostenlos den täglichen Corona-Newsletter
- So wird in Deutschland gegen Corona geimpft
Wie treu die Mitglieder sind, bewies jahrzehntelang auch Piepenbroder Heinz Kellinghusen, der im Februar im Alter von 102 Jahren leider verstarb. Er war das – an Lebensjahren gemessen – ältestes Mitglied, zudem 55 Jahre lang dabei. Dabei trat er erst spät in den Club ein: „Andere Kameraden waren fast 70 Jahre bei uns“, sagt Borstelmann.
Alle Aktivitäten der Pfeifenclub-Mitglieder fallen derzeit flach – Radtouren, Grillfeste, Abende. Normalerweise treffen sich rund 20 Aktive monatlich in Kücken’s Gasthof, um ihre Fertigkeit im Pfeife-langsam-Rauchen zu verbessern. In dem Gasthaus am Neuengammer Hinterdeich 54 wurde der Club 1892 gegründet. Einige Piepenbröder und -schwestern treten bei Wettbewerben an – oft mit Erfolg. So errang Annegret Kowald 2019 den Titel Deutsche Meisterin. „Die meisten Mitglieder sind allerdings strikte Nichtraucher und greifen auch bei unseren Zusammenkünften nicht zur Pfeife“, sagt Borstelmann.