Neuallermöhe. Eine Studentin aus dem 8000 Kilometer entfernten Trinidad feiert in Neuallermöhe Weihnachten – deutlich anders als zu Hause.
Ihre Heimat ist fast 8000 Kilometer entfernt. Dort wiegen sich Palmen an weißen Stränden im Wind, die Temperaturen liegen im Schnitt bei knapp über 30 Grad, und hinter der Hauptstraße beginnt der tropische Dschungel. Varuna Deopersad stammt aus dem Inselstaat Trinidad und Tobago vor der Küste Venezuelas. Im September ist die 32-Jährige in das Studierendenwohnheim am Sophie-Schoop-Weg in Neuallermöhe gezogen. An der Hamburger Uni studiert sie im Masterstudiengang „Integrated Climate System Sciences“. Weihnachten wird sie hier verbringen, fern von Palmen, Stränden – und ihrer Familie.
„Ich hoffe aber, dass es auch so eine schöne Zeit wird. Immerhin ist meine Mitbewohnerin da und feiert mit mir“, erzählt die junge Frau auf Englisch, der offiziellen Amtssprache für die fast 1,4 Millionen Einwohner der Inseln. Varuna Deopersad ist übrigens eine „Trinidadian“: Ihre Heimatstadt Fyzabad liegt auf dem südwestlichen Zipfel der Insel Trinidad.
Weihnachten in der Fremde: Festhalten an Traditionen
Für das Fest ist es der 32-Jährigen wichtig, wenigstens an ein paar Traditionen ihrer Heimat festzuhalten. Und obwohl Varuna Deopersads Familie sich zum Hinduismus bekennt, sind die „Weihnachtsrituale“ gar nicht mal so anders als in vielen deutschen Familien. „In Trinidad und Tobago feiern – bis auf die Muslime und die Zeugen Jehovas – fast alle Weihnachten als ein Familienfest“, berichtet Varuna Deopersad, die selbst Atheistin ist. Das liege wahrscheinlich auch an der kolonialen Vergangenheit. Einst waren die Inseln ein Zentrum des Sklavenhandels, ab 1797 gehörte erst Trinidad zu Großbritannien und ab 1814 auch Tobago. Fast 60 Prozent der Bevölkerung sind heute Christen.
„Wir haben immer einen geschmückten Plastiktannenbaum im Wohnzimmer. Für unser Zimmer hier in Neuallermöhe wollen wir auch noch einen kaufen – aber einen echten“, sagt Varuna Deopersad, deren Studiengang sich mit allen Themen rund um den Klimawandel befasst. Bei ihr zu Hause gebe es immer eine Riesenauswahl an verschiedenen Gerichten, die sie über die Festtage verspeisen würden. „Meine Mutter kocht immer eine italienische Gemüselasagne und manchmal unser Nationalgericht ,Callaloo’. Das ist ein Eintopfgericht mit Blattgemüse.“ Ebenfalls auf den Tisch komme unter anderem das traditionelle Reisgericht „Pelau“ mit karamellisiertem Huhn, Kokosmilch, Zucker und Gemüse oder ein karibischer Makkaronikuchen, eine Art Auflauf mit Nudeln und Käse.
Als Weihnachtstage gelten in Trinidad und Tobago nur der 24. und der 25. Dezember
„Wir feiern meist ein bisschen im kleinen Kreis, nur meine Eltern, meine Schwester und ich. Um Weihnachten herum sind wir auch oft bei anderen Teilen der Familie eingeladen, dann kommen wir manchmal schon auf 20 Leute“, erzählt Varuna Deopersad. Die Geschenke werden morgens am 25. Dezember übergeben, genau wie in Großbritannien und Amerika. Als Weihnachtstage gelten in Trinidad und Tobago nur der 24. und der 25. Dezember. Am 26. wird, wie in Großbritannien, der Nationalfeiertag „Boxing Day“ gefeiert („Einpack-Tag“). Woher der Name kommt, ist umstritten. Eine Theorie besagt, dass früher die Hausangestellten an diesem Tag ihre Geschenke in Boxen bekam, weil es für sie der erste Arbeitstag nach Weihnachten war.
Für das Weihnachtsfest in Neuallermöhe wirkt der Plan allerdings noch nicht ganz ausgereift: „Ich würde gern etwas mit Käse essen, das mich an die Lasagne zu Hause erinnert. Dazu gibt es vielleicht Gemüse und fertige Fischstäbchen“, sagt Varuna Deopersad. Ihre chinesische Mitbewohnerin Binxiao Ran möchte einen Apfelkuchen aus der Tiefkühltruhe beisteuern.
Orangen essen – das könnte für Reichtum sorgen
Zum Jahreswechsel hatten die beiden Frauen sich eigentlich vorgenommen, das große Feuerwerk an der Alster zu bestaunen. Was sie nun stattdessen machen wollen, wissen sie noch nicht. „Wir feiern Silvester in China immer erst zwischen Ende Januar und Ende Februar“, sagt Binxiao Ran. Denn das chinesische Neujahr wird jedes Jahr neu nach dem Mondkalender berechnet. „Ich war schon seit 2019 nicht mehr in meinem Heimatland, aber normalerweise essen wir zum Beispiel Reiskuchen und Orangen“, berichtet die 24-jährige Masterstudentin. Die Legende besage, dass die Früchte einen im kommenden Jahr reich machen sollen.