Hamburg. Tanja Marfo ist „Plus-Size-Model“. Caro Matzko war früher magersüchtig. Nun haben die beiden Frauen gemeinsam ein Buch herausgebracht.
Dunkler Puder kann vom Doppelkinn ablenken. „Und die Kinnleiste lässt sich gut schattieren“, weiß Tanja Marfo. Die 41-Jährige gibt derzeit Make-up-Workshops , natürlich online. „Denn Modenschauen gibt es ja gerade nicht“, sagt die Unternehmerin, die als „Plus-Size-Model“ über den Laufsteg geht, den Blog „Kurvenrausch“ betreibt und über ihren Online-Shop selbst designte Brautkleider und eine Nagellack-Kollektion vertreibt.
Bevor die Fremdsprachen-Assistentin und Maskenbildnerin ihr starkes Selbstbewusstsein fand, gab es jedoch viele Tage mit Knäckebrot und Äpfeln. Und leider noch mehr Tage mit Eis und Schokolade. „In meiner schwersten Zeit wog ich 240 Kilogramm, jetzt sind es gute 160“, sagt Marfo, die ihr Wohlfühlgewicht so gern zweistellig sehen würde. „Aber ich gehe nur einmal im Monat auf die Waage, schließlich will ich davon nicht meine Laune abhängig machen.“
Moderatorin und „Plus-Size-Model“ bringen gemeinsames Buch heraus
Dass sie meist gut gelaunt und lustig ist, erfuhr auch Carolin (Caro) Matzko, als die TV-Moderatorin vom Bayerischen Rundfunk bei ihr in der Maske saß. Die beiden freundeten sich schnell an – und fanden ein gemeinsames Thema: das Gewicht. Denn Matzko, heute ebenfalls 41, war als junges Mädchen magersüchtig. Während die eine also gemobbt wurde, weil sie einen „Hintern wie ein Brauereipferd“ hatte, musste die andere sich „flachbrüstige Witze“ anhören und auf Anraten ihres Vaters, einem Arzt, eine Therapie gegen Essstörung machen, mit vielen Medikamenten.
Gemeinsam bringen sie nun am 21. Dezember ihr dialogstarkes Buch auf den Markt, das den Titel „Size egal“ trägt. Die Unterzeile lautet „Dein Selbstbewusstsein kann nicht groß genug sein“. (Bastei Lübbe Verlag, 16.90 Euro, das E-Book kostet 12,99 Euro).
Beim Schreiben des Buches zwölf Kilo abgenommen
Die Sache mit dem Selbstbewusstsein hatte Tanja Marfo aber noch nicht drauf, als sie mit 13 Jahren ihre erste Diät machte, während sie ausgelacht wurde, sich zugleich „eigentlich nur ein bisschen mopsig“ fand. „Aber Caro und mir wurde immer eingetrichtert, dass wir nicht gut genug waren. Dass Mädchen brav, leise und artig sein müssen und eben auch schön. Sonst bekommt man später keinen Partner und keinen Erfolg im Job.“ Dieses Gefühl der Wertlosigkeit festigte sich in trostlosen Glaubenssätzen wie: Man müsse sich doch mal zusammenreißen!
Ein bisschen Spiritualität, der Sporttrainer und die Ernährungsberaterin haben schließlich geholfen – und natürlich das Buch: „Das habe ich mir von der Seele geschrieben und dabei zwölf Kilo abgenommen“, freut sich Tanja Marfo, die mit ihrer Kleidergröße 56 längst nicht mehr so arg hadert: „Adipositas ist nun mal eine Krankheit. Aber jeder Mensch hat auch eine Eigenverantwortung.“ Das gelte natürlich genauso für die Mager-Modells, die bloß am Wattebausch lutschen, der in Orangensaft getränkt ist.
Blog „Kurvenrausch“ ist auch ein bisschen Eigentherapie
Klar sei ihr Blog „Kurvenrausch“ auch ein bisschen Eigentherapie: Aber „ich will zugleich anderen Übergewichtigen ein Vorbild sein und meinen plus-size-sistern raten, nicht auf die schlanke Zeit zu warten, sondern sich jetzt zu mögen“. Und das gehe eben auch über den Modestyle und über Make-up, was mehr sei „als eine Oberflächenbemalung“, betont die Mutter eines 17-Jährigen: „Ich möchte mich schön machen und positiv auffallen. Denn als dicke Frau kann man ja in der Masse nicht untergehen“.